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Schwere Gehirnerschütterung, aber keine Knochenbrüche – aber die Zukunft ist unsicher

Rückkehr wohl erst in mehreren Wochen

Schwere Gehirnerschütterung, aber keine Knochenbrüche – aber die Zukunft ist unsicher

Simon Ammann erlitt bei seinem Sturz in Bischofshofen (Ö) eine schwere Gehirnerschütterung sowie starke Prellungen im Gesicht, zog sich aber keine Knochenbrüche zu. Dies ergaben die Untersuchungen im Spital Schwarzach (Ö). 
07.01.2015, 17:4507.01.2015, 17:51
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Der 32-jährige Toggenburger bleibt noch einige Tage im Spital in Österreich. Danach wird er in die Schweiz reisen. Ammann benötigt primär Ruhe, um sich vollständig vom schweren Sturz zu erholen. Wie lange der vierfache Olympiasieger pausieren muss, ist derzeit nicht klar. Angaben wurden keine gemacht, es dürfte aber mehrere Wochen dauern. 

Ammann sei bereits wieder zu Spässen aufgelegt, er wirke aufgestellt, sagte Christian Stahl, der Mediensprecher von Swiss-Ski. Stahl, der zusammen mit dem für einige Zeit bewusstlosen Ammann in der Ambulanz nach Schwarzach gefahren war, sprach denn auch von einer Entwarnung. Ammann war am Dienstagabend beim Finale der Vierschanzentournee nach einem tollen Sprung auf 136 m kopfüber auf den eisigen Schnee geprallt und blutüberströmt im Auslauf liegen geblieben. 

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Simon Ammanns Sturz in Bischofshofen.GIF: SRF

Rückkehr «dürfte mehrere Wochen» dauern

Der Schweizer Sportarzt Patrik Noack, der auch dem Schweizer Olympia-Team in Sotschi angehört hat, wagt in Bezug auf Ammanns Rückkehr auf die Schanze aus medizinischer Optik keine Prognose. «Das wäre 'Finger in den Wind halten'. Aber es dürfte bestimmt mehrere Wochen dauern.» 

Gemäss Noack muss ein Sportler nach einer Gehirnerschütterung zunächst warten, bis er kein Kopfweh mehr hat, das Licht nicht mehr stört oder keine Schwindelgefühle mehr auftreten. Danach wird auf einem Velo locker gestrampelt. Treten keine Beschwerden auf, wird drei Tage pausiert. Danach folgen Einheiten im Krafttraining oder sonstige Belastungen ohne Schläge. Bleiben die Beschwerden wiederum aus, setzt der Sportler erneut drei Tage aus. Danach folgt sachte der Wiedereinstieg. «Die Erfahrung zeigt, dass jeder Sportler, der abkürzen will, letztlich länger braucht», betonte Noack. 

Die Erinnerungen an den Sturz 2002

Der Schweizer Teamleader muss nicht den ersten schweren Sturz verarbeiten. In bester Erinnerung ist der Salto mortale im Januar 2002 in Willingen. Exakt einen Monat vor dem Gewinn der ersten Goldmedaille an den Olympischen Spielen in Salt Lake City stürzte der Toggenburger im Trainingssprung bereits im Flug kopfüber und zog sich eine Gehirnerschütterung und eine Schulterprellung zu. 

Simon Ammanns schlimmer Sturz am 11. Januar 2002 in Willingen.
Simon Ammanns schlimmer Sturz am 11. Januar 2002 in Willingen.Bild: EPA DPA

Berni Schödler, der den Schweizer Hoffnungsträger damals trainiert hat, erinnert sich an Ammanns Rückkehr:«Mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spassen. Zuerst muss man warten, bis die Ärzte das Okay geben.» Danach habe Ammann von sich aus aufs Springen gedrängt. Man sei auf einer kleinen Schanze wieder eingestiegen. 

Analyse des Sturzes wichtig

Ein wichtiger Punkt im ganzen Prozess bildet auch die Analyse des Sturzes. «In Willingen war der Fall klar gewesen, Simon hatte übertrieben», sagte Schödler. Die Stürze von Ammann im Rahmen der diesjährigen Tournee betrachtet der Engadiner in einem anderen Licht. «In Oberstdorf im Neuschnee hat Simon zu viel riskiert. In Bischofshofen war auch etwas Pech dabei.» 

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Simon Ammanns Sturz in Oberstdorf: Zu viel riskiert im Neuschnee.Gif: SRf

Schödler sieht seine Equipe im Nachteil, weil in der Schweiz im Winter kaum Schanzen zur Verfügung stehen. «Wir sind verwöhnt von den Landungen auf der Matten-Unterlage. Da treten keine Unebenheiten auf, der Ski geht immer gerade aus.» Die Landung sei in den letzten Jahren mit dem gekrümmtem Bindungsstab nicht schwieriger geworden. «Wir beobachten im Training nicht mehr Stürze als früher. Mit dem Bindungsstab ist der Schuh auch hinten geführt, was früher nicht der Fall war.» 

Ist die Bindung schuld?

Der Schweizer Trainer Martin Künzle, der Ammann auf dem Turm abwinkt, teilt Schödlers Meinung nicht in allen Belangen. «Andere Nationen springen auch nicht mehr auf Schnee.» Aber die starre Verbindung mit dem Bindungsstab mache die Landung schwieriger, weil der Ski eine falsche Bewegung des Schuhs mitmache. «Simon reizte am Dienstagabend den Sprung voll aus und landete mit etwas zuviel Vorlage», sagte Künzle. 

Widersprüchliche Meinungen zum Einfluss des Bindungsstabs auf die Landung.
Widersprüchliche Meinungen zum Einfluss des Bindungsstabs auf die Landung.Bild: Jakob Gruber/freshfocus

Via die Nachrichten-Agentur «dpa» äusserte sich auch Deutschlands Trainer Werner Schuster zum Sturz. Der Österreicher hatte die Schweizer Mannschaft nach der Ära Schödler ein Jahr lang trainiert. «Simon hat jetzt schon ein paar Mal diese Landungsschwierigkeiten gezeigt. Das hat mit der Bindung und dem Umbau der Schuhe zu tun», analysierte Schuster. «Der Simon springt extremes Material. Das erschwert das Ganze, wenn man mal die Balance verliert.» 

Seiner Ansicht nach hatte Ammann die Situation in Bischofshofen im entscheidenden Moment falsch eingeschätzt. «Er wollte aufs Podium und den Sprung unbedingt stehen. Wenn er sich gleich hätte hinfallen lassen, wäre vielleicht nichts passiert. Doch er hat gedacht, er kriegt es noch in den Griff, und ist im denkbar schlechtesten Moment in den Radius hineingestürzt.» (si) 

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