Noch zwei Runden müssen Roger Federer und Stan Wawrinka beim French Open überstehen, bis es im Viertelfinal zum Schweizer Duell kommen könnte. Dafür müssen die beiden Davis-Cup-Sieger aber morgen Freitag zunächst zwei Unbekannte aus dem Weg räumen. Und weil Federer und Wawrinka zugegeben haben, dass sie nicht allzu viel über die beiden wissen, helfen wir ihnen ein wenig auf die Sprünge ...
«Severin Lüthi und ich werden uns noch etwas informieren», sagt Roger Federer über seinen nächsten Gegner Damir Dzumhur. Obwohl er nichts vom 23-jährigen Bosnier weiss, gibt sich der French-Open-Sieger von 2009 siegessicher. «Das sollte eine gute Runde für mich werden, in der ich die Offensive suche und auch als Rückschläger zu vielen Chancen kommen sollte.»
Woher nimmt Federer diese Zuversicht? Dzumhur ist mit 1,75 Meter eher klein für einen Tennis-Profi. Die fehlende Reichweite macht die aktuelle Weltnummer 81 mit seiner Schnelligkeit weg. Dzumhur ist wieselflink und verfügt über beachtliche Grundschläge. Vor allem seine beidhändige Rückhand kann sich sehen lassen.
Das bewies er in den ersten beiden Runden sowohl gegen Michael Juschni, der nach zwei klaren Sätzen zugunsten des Bosniers aufgeben musste, als auch gegen Marcos Baghdatis, der in vier Sätzen den Kürzeren zog.
Der Einzug in die 3. Runde in Paris ist neben dem Abschneiden bei den Australian Open 2014 der grösste Erfolg in der ungewöhnlichen Karriere des Damir Dzumhur. Der Rechtshänder wird kurz nach dem Ausbruch des Bosnien-Kriegs 1992 in einem bereits zerstörten Spital in Sarajewo geboren. Nur wenige Meter daneben, in der Zetra-Olympiahalle von 1984, beginnt er fünf Jahre später seine Karriere.
In jungen Jahren versucht sich Dzumhur nicht nur im Tennis, er fährt auch Ski, spielt Fussball und spielt in zwei Filmen mit. 2006 hat er als 14-Jähriger einen Statistenrolle im Antikriegsfilm «Esmas Geheimnis – Grbavica», drei Jahrespäter spielt er im Bundeswehr-Drama «Mörderischer Frieden» den Sniper «Durcan».
Doch am meisten Talent beweist Dzumhur beim Tennis. 2010 wird er Junioren-Europameister, holt die Bronze-Medaille bei den Olympischen Jugend-Sommerspielen in Singapur und erreicht beim Junioren-Turnier von Wimbledon den Viertelfinal. Seit 2011 ist er Profi, die ganz grossen Erfolge blieben bisher zwar noch aus, vier Challenger- und zwölf Future-Titel können sich aber durchaus sehen lassen.
Der Mann mit dem ur-amerikanischen Namen sei einer der wenigen Spieler auf der Tour, mit denen er noch nie trainiert habe, sagte Stan Wawrinka im Hinblick auf sein Drittrunden-Duell mit Steve Johnson. «Ich werde ihn noch auf Videos analysieren müssen.» Von diesen sollte es genug geben. Bevor er 2012 Profi wurde, war Johnson nämlich der erfolgreichste College-Spieler aller Zeiten. Für die USC Trojans gewann er als Junior und Senior den NCAA-Einzeltitel, mit dem Team sogar vier Meisterschaften in Folge.
Der mittlerweile 25-Jährige ist eigentlich ein Hardplatz-Spezialist, spielt aber nun ausgerechnet beim French Open stark auf. Der 1,88 Meter grosse Rechtshänder besiegte in Runde erst überraschend Guillermo Garcia-Lopez (ATP 24) und dann auch Sergei Stachowski (ATP 54), der 2013 zum Federer-Töter in Wimbledon avancierte.
Gegen Stachowski ereignet sich im 12. Game des zweiten Satzes eine irrwitzige Szene. Ein Aufschlag des Ukrainers wird gut gegeben, doch Johnson sieht ihn deutlich im Aus. Er beordert den Stuhl-Schiedsrichter auf den Platz, der den Linienrichter aber nicht überstimmt. Johnson zuckt mit den Schultern und entschuldigt sich bei Stachowski: «Ich wollte dich nicht unterbrechen. Ich wollte nur wissen, warum dieser Ball gut gegeben wird.»
Stachowski, Ball im Aus, da gab es doch mal etwas. Genau! Vor zwei Jahren fotografierte der Aufschlagshüne in Paris gegen Richard Gasquet nach einem Ausruf einen Ballabdruck. Später wurde er mit einer Busse von 2000 Dollar belegt. Und darauf spielt Johnson nach der Partie an. Nachdem Stachowski zugegeben hat, dass der Ball wohl im Aus war, sagt Johnson: «Ich hätte mein Smartphone hervornehmen und den Abdruck fotografieren sollen.» Gelächter bei beiden ...
Gut lachen hat Johnson seit Anfang 2014. Zwischendurch hat sich der starke Aufschläger und Fan der Anaheim Ducks dank konstanten Leistungen und einigen Exploits in der Weltrangliste von Rang 120 auf 37 vorgearbeitet. Mittlerweile hat er wieder ein paar Positionen verloren, sein Selbstvertrauen wächst dennoch stetig. «Vor ein paar Jahren hätte ich mich noch wahnsinnig über den Einzug in die 3. Runde eine Majors gefreut. Jetzt bin ich damit nicht mehr zufrieden. Ich will auch gegen Wawrinka gewinnen. Aber er ist ein grossartiger Tennisspieler und nicht ohne Grund in den Top 10.»