Leandro Riedi (ATP 503) verlor das Qualifikantenduell gegen den Briten Oliver Tarvet 4:6, 4:6, 4:6. Damit liess der 23-jährige Zürcher in seinem ersten Grand-Slam-Turnier eine günstige Ausgangslage ungenutzt. Riedi hatte den einzigen Spieler zugelost bekommen, der noch schlechter klassiert ist als er. In der Weltrangliste ist der zwei Jahre jüngere Tarvet 230 Plätze hinter Riedi zu finden. Er durfte nur dank einer Wildcard zur Qualifikation antreten.
In jedem Satz schaffte Tarvet ein Break - zum 4:5 im ersten, zum 1:2 im zweiten und zum 3:4 im dritten. Recht überraschend zeigte der Student der Universität im kalifornischen San Diego auch angesichts des mit Abstand grössten Erfolgs seiner Karriere keinerlei Nervosität. Nun erhält der einzige Spieler im Feld, der als Nummer 733 noch schlechter klassiert ist als Riedi, die Chance auf den grossen Auftritt am Mittwoch gegen den Titelverteidiger Carlos Alcaraz. Er brauchte sogar für die Qualifikation eine Wildcard und bestreitet in Wimbledon sein erstes Turnier auf ATP-Niveau.
«Das war einfach zu gut von ihm», zollte Riedi seinem Gegner grossen Respekt. «Er war eine Gummiwand und hat mich dazu gezwungen, mehr zu riskieren und mein Spiel umzustellen», sagte er gegenüber SRF. Er habe nur einmal, zu Beginn des zweiten Satzes eine Phase gehabt, in der er nicht so gut gespielt habe. «Das war nicht schlecht von mir, und ich bin stolz auf mich, wie ich gespielt und bis zum Schluss gekämpft habe.»
Tatsächlich darf er nach schwierigen Monaten wieder positiv nach vorne blicken und stolz sein auf seinen Weg. Eben erst von einer komplizierten Knieoperation genesen, riss sich Riedi im Januar erneut im rechten Knie den Innenmeniskus. Nun erfüllte er sich mit der Qualifikation in Wimbledon einen kleinen Traum, der vom Auftritt auf einem der grossen Courts muss für den Juniorenfinalisten des French Open 2020 (noch?) warten.
Bedenklicher ist nach dem mit 29,7 Grad heissesten Eröffnungstag in der Langen Geschichte von Wimbledon ein anderer Fakt: Auch beim dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres gewann kein Schweizer Tennisprofi eine Runde.
The emotions of reaching a first Grand Slam main draw 🙏
— Wimbledon (@Wimbledon) June 26, 2025
Congratulations, Leandro Riedi 🇨🇭#Wimbledon pic.twitter.com/tGt52CSKpF
Auch Viktorija Golubic (WTA 82) hatte sich bei ihrem Lieblingsturnier mehr ausgerechnet. In Wimbledon hatte sie vor vier Jahren mit der Qualifikation für die Viertelfinals ihr bestes Grand-Slam-Resultat erreicht. Nun blieb die 32-jährige Zürcherin gegen die Amerikanerin Ann Li (WTA 65) mit 3:6, 6:4, 1:6 relativ chancenlos.
Li diktierte das Geschehen fast nach Belieben und bestimmte die Punkte. Sie schlug gut auf, erzeugte enorm viel Druck, beging aber auch viele Fehler. Am Ende reichte die Balance aber gegen eine Golubic, die etwas zu passiv agierte und nie ihren Rhythmus fand. Am Ende standen für Golubic nur fünf direkte Gewinnpunkte zubuche, bei 27 unerzwungenen Fehlern. Die Amerikaner leistete sich sogar 45 so genannte «unforced errors», schlug aber auch 34 Winner.
Li liess sich auch durch zum Teil haarsträubende Fehler und den Verlust des zweiten Satzes nicht aus dem Konzept bringen. Golubic versuchte mit ihrer Variation dagegen zu halten, was ihr aber viel zu wenig gelang. Nach knapp eindreiviertel Stunden war die Entscheidung für die einstige Juniorenfinalistin in Wimbledon gefallen.
Carlos Alcaraz und der «Oldie» Fabio Fognini (ATP 138) lieferten zum traditionellen Auftakt des Titelverteidigers auf dem Centre Court nicht ganz unerwartet eine grosse Show mit vielen spektakulären Ballwechseln. Allerdings musste Alcaraz, der mit 22 Jahren nun mehr Matches in Wimbledon gewonnen hat als der sechzehn Jahre ältere Italiener, viel härter kämpfen als ihm lieb war. Der ehemalige Top-Ten-Spieler Fognini spielte noch einmal sein ganzes Potenzial und brillantes Ballgefühl aus und musste sich erst nach fast viereinhalb Stunden geschlagen geben. Alcaraz gewann am Ende 7:5, 6:7, 7:5, 2:6, 6:1 und dürfte in der 2. Runde gegen den englischen Qualifikanten und Riedi-Bezwinger Oliver Tarvet (ATP 733) auf einen etwas ruhigeren Tag hoffen.
Die Weltranglistenerste bei den Frauen meisterte ihre erste Hürde auf dem Weg in ihren ersten Wimbledonfinal relativ problemlos. Aryna Sabalenka startete gegen die kanadische Qualifikantin Carson Branstine (WTA 194) gewohnt gnadenlos und führte nach wenigen Minuten 5:0. Danach tat sie sich zwar etwas schwerer, gewann am Ende aber klar 6:1, 7:5.
Der als Nummer 9 gesetzte Daniil Medwedew hatte in den letzten beiden Jahren jeweils im Halbfinal gegen den späteren Sieger Carlos Alcaraz verloren, nun war bereits in der 1. Runde gegen den Franzosen Benjamin Bonzi (ATP 64) in vier Sätzen Endstation. Medwedew war bereits am French Open in der 1. Runde gescheitert, am Australian Open in der zweiten. Die ehemalige Nummer 1 wird jetzt in der Weltrangliste mindestens auf Platz 14 abrutschen.
Brilliant Bonzi 🙌
— Wimbledon (@Wimbledon) June 30, 2025
Benjamin Bonzi defeats Daniil Medvedev 7-6 (2), 3-6, 7-6 (3), 6-2 to claim his second win against a top 10 player #Wimbledon pic.twitter.com/fs6UA3Ou7b
Mit Holger Rune scheiterte am mit 29,7 Grad heissesten Eröffnungstag der langen Wimbledon-Geschichte ein zweiter Top-Ten-Spieler. Die dänische Nummer 8 unterlag nach einer 2:0-Satzführung in gut dreieinhalb Stunden dem chilenischen Qualifikanten Nicolas Jarry (ATP 143).
Auch bei den Frauen erwischte es schon am Starttag eine Top-Ten-Spielerin – und die Überraschung gelang ausgerechnet einer Einheimischen. Die Britin Katie Boulter (WTA 43) setzte sich auf dem Centre Court in drei Sätzen gegen die Weltnummer 9 Paula Badosa aus Spanien durch. (nih/abu/sda)