Der Schweizer Henri Laaksonen scheitert in der 1. Runde des ATP-250-Turniers in Winston-Salem, North Carolina. Normalerweise ist das nur eine (enttäuschende) Randnotiz. Doch dieses Mal ist etwas anders.
Laaksonen hat gegen einen besonderen Gegner gespielt: den Südkoreaner Lee Duck-hee. Der 21-Jährige ist seit Geburt gehörlos, dennoch wurde er im Alter von 15 Jahren Tennisprofi. Nun hat er Historisches geschafft. Er ist der erste gehörlose Spieler, der in einem ATP-Hauptfeld ein Spiel gewonnen hat. «Die Leute haben sich wegen meiner Behinderung über mich lustig gemacht. Sie haben mir gesagt, ich sollte nicht spielen», sagte Lee nach dem Sieg. Aber Familie und Freunde hätten ihn den Rücken gestärkt. Und er habe es allen beweisen wollen.
🇰🇷 Duckhee Lee makes history at the @WSOpen#ATP
— ATP Tour (@ATP_Tour) August 20, 2019
«Ich hätte nie gedacht, dass ich in diesem Spiel gegen Laaksonen durchkomme», erzählte er der Koreaner nach seinem 7:6, 6:1-Sieg. «Ich wollte einfach mein Bestes geben und fokussiert bleiben, jetzt bin ich der Sieger.»
“I’m excited to get my first ATP win. Thank you for the support.”
— ATP Tour (@ATP_Tour) August 20, 2019
🇰🇷 Duckhee Lee | @WSOpen pic.twitter.com/g47ZMP3MpF
Das Leben als gehörloser Tennisprofi bringt einige Tücken mit sich. In einem Beitrag der ATP aus dem Jahr 2017 erzählt Lees Coach, dass sein Schützling immer genau beobachten muss, wie der Gegner den Ball schlägt. Denn normalerweise wäre der Klang des Schlags ein wichtiges Indiz dafür, wie schnell und mit welchem Spin der Ball geflogen kommt – übrigens ist das auch der Grund, warum es in Tennisstadien während des Ballwechsels ruhig sein soll. Doch beim Koreaner fällt das weg.
Auch die Kommunikation während des Spiels sei schwierig. «Ich habe Mühe damit, mich mit den Schiedsrichtern zu verständigen», erzählt Lee. Zwar beherrscht der 21-Jährige das Lippenlesen auf Koreanisch perfekt und kann selbst normal sprechen, doch auf der Tour ist Englisch die dominierende Sprache.
Da er die Ankündigungen des Scores nicht hört, muss er insbesondere bei kleineren Turnieren ohne Anzeigetafeln am Spielfeldrand Punkte und Games im Kopf behalten. Gegen Laaksonen wollte er einmal nochmals aufschlagen, obwohl er das Game schon für sich entschieden hatte. «Ich glaube, der Schiedsrichter hat vergessen, das Signal zu geben», so Lee, der schon dreimal an einem Challenger-Turnier im Final gestanden hat.
Trotz dieser Hürden hat die aktuelle Weltnummer 212 nie aufgegeben – und sich klare Ziele gesteckt. «Duck-hee ist ein extrem smarter Spieler. Seine grösste Stärke ist seine Mentalität», erzählt Trainer Kyu-Tae Im.
Lee habe eine extrem entschlossene Persönlichkeit, erzählt sein Cousin. Es sei ihm egal, dass er gehörlos sei. Und der Spieler ergänzt: «Das Tennis gibt mir die Möglichkeit, in der normalen Gesellschaft zu überleben. Ich will nicht anders behandelt werden. Ich habe grosse Ziele, will der beste Spieler der Welt werden.»
Making history ☺️🇰🇷
— Tennis TV (@TennisTV) August 20, 2019
South Korea’s Duckhee Lee is the first-ever deaf @ATP_Tour player - and picked up his first ATP win in Winston-Salem
(Via @WSOpen)pic.twitter.com/s19tgRc7QK
Den nächsten Schritt dazu kann Duckhee Lee heute Abend machen. Dann trifft er in der 2. Runde von Winston-Salem auf den an dritter Stelle gesetzten Polen Robert Hurkacz. «Ich werde das Match mit der gleichen Einstellung wie gegen Laaksonen angehen», kündigte der Koreaner an. (abu/sda)