Belinda Bencic hatte nach ihrem 6:4, 6:3-Sieg gegen Kristina Mladenovic gut lachen. «Sorry», meinte sie mitfühlend, als sie im Video-Chat die schlaftrunkenen Gesichter der paar Schweizer Journalisten sah. Dabei hatte sie keinerlei Grund, sich zu entschuldigen. Unter nicht einfachen Voraussetzungen hatte die 24-jährige Ostschweizerin konzentrierte und solide Arbeit abgeliefert.
Die Vorbereitung hatte durch eine Covid-19-Infektion kurz vor Weihnachten arg gelitten. «Ich hatte vier Tage lang hohes Fieber, es war wie eine starke Grippe», erzählte Bencic nach ihrem Auftaktsieg in Melbourne. Sie betonte aber sogleich, es sei «nicht zu vergleichen mit Leuten, die ins Spital müssen». Aber sie sehe es halt als Athletin. «Du merkst jedes kleine Ding. Der Puls geht mehr hoch, die Muskeln sind übersäuert. Das gibt dir das Gefühl, dass es stärker war, als es vielleicht war.»
Klar ist: Bencic ist noch nicht bei 100 Prozent ihres Leistungsvermögens, doch wesentlich besser vorbereitet, als im letzten Jahr, als sie nach Ankunft in Australien 14 Tage in die strenge Hotel-Quarantäne musste, ohne Trainingsmöglichkeiten oder frische Luft. «Das ist kein Vergleich», stellt sie fest. «Ich dachte im ersten Moment schon: ‹Hey nein, nicht schon wieder!›» Sie habe mehr Zeit gehabt, weniger Stress, und das Tennislevel sei besser. Die drei Spiele, die sie vergangene Woche in Sydney absolvieren konnte, seien enorm wichtig gewesen.
Gegen Kristina Mladenovic, die Nummer 91 der Welt, musste sie noch keine Reserven anzapfen. Bencic begann mit einem Ass und gab dennoch ihr erstes Aufschlagspiel ab. Danach geriet sie in den insgesamt 90 Minuten nie mehr in Rückstand. Dabei war diese Startrunde durchaus ein ernsthafter Test. Die als Nummer 22 gesetzte Olympiasiegerin gewann im achten Duell mit der einstigen Top-Ten-Spielerin und guten Freundin erst zum vierten Mal.
Bencic ist auch am Mittwoch gegen Amanda Anisimova (WTA 60) klare Favoritin. Die drei Jahre jüngere Amerikanerin bekundete gegen die niederländische Qualifikantin Arianne Hartono grosse Mühe. Auch die bisher einzige Begegnung entschied Bencic vor zweieinhalb Jahren beim Rasenturnier auf Mallorca klar für sich. Doch aufgepasst: Anisimova gewann letzte Woche eines der Vorbereitungsturniere in Melbourne und ist mit ihrem schnellen Powertennis unberechenbar. (ram/sda)