Vor Interviews mit internationalen Sportstars werden die Themen-Felder, die im Gespräch behandelt werden, fast immer im Voraus besprochen. Damit soll verhindert werden, dass der oder die Interviewte böse Überraschungen erlebt und unangenehme Fragen beantworten muss.
So war das auch bei Serena Williams, als sie in der TV-Show «The Project» erstmals seit ihrem US-Open-Ausraster im Final gegen Naomi Osaka wieder vor die Kameras trat.
Das Management von Williams verfügte, dass über den Final und vor allem über die Karikatur des Comic-Zeichners Marc Knight keine Fragen gestellt werden dürfen. Doch Interviewerin Lisa Wilkinson dachte nicht daran, sich daran zu halten. Nach Fragen über Körpergefühl, die Mode bei Meghan Markles Hochzeit und Mutterschaft wandte sich die TV-Frau dem Tabuthema «US Open» zu.
Zunächst ging es um das Coaching ihres Trainers Patrick Mouratoglu, das zur ersten Verwarnung geführt und das dieser vor kurzem zugegeben hatte. Williams will aber weiterhin nichts davon wissen. «Ich verstehe nicht, wovon er geredet hat. Wir haben keine Signale, wir hatten nie Signale. Ich habe seine Bewegung überhaupt nicht gesehen. Ich denke, das war auch für ihn einfach ein sehr verwirrender Moment.»
Dann folgte eine Frage zu ihrem Ausraster, während dem sie Schiedsrichter Carlos Ramos beschimpft und zwei Rackets zertrümmert hatte. Doch bevor Williams die Frage beantworten konnte, schritt das Management ein: «Das sind jetzt vier Fragen zu den US Open. Wenn wir bitte das Thema wechseln könnten», war aus dem Hintergrund zu hören.
Williams führte das Interview danach fort, nahm zu ihrem Wutausbruch aber keine Stellung. Wilkinson beliess es in der Folge bei einer letzten, harmlosen zum US Open. Williams verpasste so die Chance, sich für ihr Fehlverhalten zumindest teilweise zu entschuldigen.
Wilkinson hätte das Interview übrigens auch eskalieren lassen können. Williams' Management habe ihr vor dem Gespräch mitgeteilt, dass die beste Tennisspielerin aller Zeiten das Interview sofort beenden würde, falls sie auf die umstrittene Karikatur von Marc Knight angesprochen würde. «Das wäre dann grossartiges Boulevard-TV gewesen», sagte Wilkinson, die sich hier aber an die Vorgaben hielt. Wieso, erklärt sie gleich selbst: «Ich war mehr an ihren Antworten als an ihrer Reaktion auf die US-Open-Fragen interessiert», so die Journalistin.
Unangenehme Fragen muss Williams in dieser Saison wohl nicht mehr viele beantworten. Die 23-fache Grand-Slam-Siegerin ist nicht zum WTA-Turnier in Peking angetreten, womit sie sich kaum mehr aus eigener Kraft für die WTA Finals in Singapur qualifizieren kann. Ihr letztes Spiel des Jahres bleibt für Williams damit der legendäre Final beim US Open gegen Naomi Osaka.