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Radsport: So schüttelt und rüttelt es bei Paris–Roubaix

epa04701890 The pack in action during the 113th Paris Roubaix cycling race, over 253.3 km from Compiegne to Roubaix, France, 12 April 2015. EPA/ETIENNE LAURENT
Feinen Asphalt sucht man auf weiten Strecken des Rennens vergeblich.Bild: ETIENNE LAURENT/EPA/KEYSTONE

Paris–Roubaix: So schüttelt und rüttelt es in der «Hölle des Nordens»

Wenn heute zur 115. Austragung von Paris–Roubaix gestartet wird, richtet sich das Interesse primär auf einen: Tom Boonen. Der 36-jährige Belgier bestreitet sein letztes Rennen als Profi.
09.04.2017, 07:0210.04.2017, 06:22
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Eine Woche nach der Flandern-Rundfahrt folgt mit Paris–Roubaix das dritte der jährlich fünf grossen Eintagesrennen, die im Radsport-Jargon als Monumente bezeichnet werden und zuletzt von Fabian Cancellara und Tom Boonen geprägt wurden. Je sieben Mal gewannen der letzte Saison zurückgetretene Berner und der Flame in Rennen dieser ganz speziellen Kategorie.

epa02667582 (L-R) Italian Filippo Pozzato of Katusha Team, Belgian Tom Boonen of team Quick Step and Swiss Fabian Cancellara of team Leopard - Trek in action during the 95th edition of the 'Ronde ...
2011: Cancellara führt auf dem Weg von Paris nach Roubaix vor Boonen.Bild: EPA/BELGA

Nur sechs Fahrer haben in der weit über 100-jährigen Geschichte noch mehr Siege auf ihrem Konto als Cancellara und Boonen, doch sie alle haben ihre Triumphe vor 25 und mehr Jahren eingefahren. Das erklärt, warum im radsportverrückten Belgien der Abschied von Tom Boonen so hohe Wellen schlägt.

Wird Boonen zum alleinigen Rekordsieger?

Für ihn wurde am Mittwoch bei seinem letzten Auftritt im eigenen Land der Start zum Scheldepreis nach Mol in seinen Geburtsort in der Provinz Antwerpen verlegt. Grossvater Raymond gab den Startschuss. Während dem Rennen passierte man auch noch Balen, seinen aktuellen Wohnort, wo die Stimmung fast überschäumte. Gewinnen war an diesem Tag aber kein Thema. Boonen stellte sich in den Dienst der Mannschaft und verhalf seinem deutschen Teamkollegen Marcel Kittel zum Sieg.

Doch bei Paris–Roubaix gehört die Rolle des Leaders ihm. Boonen möchte seine 16-jährige Karriere mit einem fünften Sieg im Kopfstein-Klassiker abschliessen. Damit wäre er alleiniger Rekordhalter. Derzeit teilt er sich die Ehre mit Landsmann Roger de Vlaeminck, der es in den Siebzigerjahren in der «Hölle des Nordens» ebenfalls auf vier Erfolge gebracht hatte.

Staubige Bilder des grossen Frühlings-Klassikers

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Das Kopfsteinpflaster ist bereit: Staubige Bilder des Velo-Klassikers Paris – Roubaix
«Die Hölle des Nordens» – Paris-Roubaix gilt als der spektakulärste Klassiker.
quelle: ap / michel spingler
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Boonen glaubt an seine Chance

Im Team von Quick Step, für das er seit 2003 ununterbrochen fährt, stehen Boonen ebenso starke wie erfahrene Helfer zur Seite. Philippe Gilbert, der Gewinner der Flandern-Rundfahrt, konzentriert sich zwar auf die kommenden Rennen in den Ardennen. Aber Boonen verfügt mit dem Holländer Niki Terpstra (Gewinner 2014) und dem Tschechen Zdenek Stybar (Zweiter 2015 hinter dem Deutschen John Degenkolb) über hochkarätige Teamkollegen, die ebenfalls das Potenzial zum Sieg haben.

Tom Boonen waves on podium at the 70th edition of the Omloop Het Nieuwsblad cycling event in Ghent, Belgium on Saturday, Feb. 28, 2015. Ian Stannard of team Sky win the race, Niki Terpstra of the Etix ...
Bild: Fracois Walschaerts/AP/KEYSTONE

Letztes Jahr war Boonen bei Paris–Roubaix ganz nahe dran am fünften Sieg nach 2005, 2008, 2009 und 2012. Im Spurt einer fünfköpfigen Spitzengruppe wurde er hinter dem australischen Aussenseiter Mathew Hayman Zweiter, was ihn schwer enttäuschte. Noch schlimmer war es Cancellara ergangen, dem Sieger der Jahre 2006, 2010 und 2013. Er wurde durch einen Sturz 45 Kilometer vor dem Ziel aus der Entscheidung geworfen.

Boonen selber glaubt, besser zu sein als im Vorjahr. Nur zu gerne würde er die Trophäe für den Sieg, einen Pavé-Stein, in die Höhe stemmen. «Ich habe eine realistische Chance zu gewinnen. Ich bin nicht mehr der Gleiche wie vor einigen Jahren, aber ich bin dort, wo man mit 36 Jahren noch sein kann.»

Schweizer als Wasserträger

Topfavorit ist indes ein anderer Belgier: Olympiasieger Greg van Avermaet aus dem BMC-Team. Er war an der Flandern-Rundfahrt in den Sturz von Peter Sagan involviert und wurde am Ende Zweiter, nun sinnt er auf Revanche. Der 31-Jährige ist in grosser Form, hat aber noch keines der Monumente gewonnen. Er wird unterstützt von Stefan Küng und Martin Elmiger, zwei der vier Schweizer, die alle in einer Helferrolle starten. Reto Hollenstein wird im Katjuscha-Team sein Rennen auf den Norweger Alexander Kristoff ausrichten müssen, Gregory Rast fährt bei Trek für Degenkolb.

Belgium's Greg Van Avermaet of the BMC Racing Team, left, spays champagne as he stands on the podium after winning the Gent Wevelgem cycling race, in Wevelgem, Belgium on Sunday March 26, 2017. B ...
Topfavorit van Avermaet (links) gewann Gent–Wevelgem vor Weltmeister Sagan.Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/KEYSTONE

Auch Sagan, letztes Jahr Gewinner der Flandern-Rundfahrt, konnte auf den französischen Pavés noch nie triumphieren. Der slowakische Weltmeister gibt sich nach seinem Malheur vom letzten Wochenende zurückhaltend. «Ich fühle mich derzeit nicht ganz so gut.» Auch er erwies im Vorfeld von Paris–Roubaix dem fast zehn Jahre älteren Boonen seine Reverenz: «Er war mein Lieblingsfahrer, als ich 16 war. Ich habe ihn im Fernsehen gesehen, wie er Flandern und Roubaix gefahren ist. Ich habe zu ihm wie zu einem Idol aufgeschaut. Er ist ein guter Fahrer und ein guter Kerl. Wir werden ihn vermissen.» Doch schenken wird er ihm nichts.

29 Abschnitte mit Kopfsteinpflastern

Erwartet wird ein schnelles Rennen, zumal es im Norden Frankreichs lange trocken geblieben ist und auch fürs Rennen kein Regen erwartet wird. «So sauber waren die Pavés in den letzten zwölf Jahren nie», sagte Renndirektor Christian Prudhomme. Hart wird es trotzdem. Zwei neue mit Kopfsteinpflaster besetzte Abschnitte sind im Vergleich zum Vorjahr hinzu gekommen, womit es nun 29 dieser gefürchteten Sektoren mit einer Totaldistanz von 55 Kilometern gibt, auf denen die Fahrer durchgeschüttelt werden. Verteilt sind sie auf die letzten 160 der 257 Kilometer langen Strecke.

Neu sind die Sektoren farblich markiert, wie auf der Skipiste je nach Schwierigkeitsgrad. Schwarz gilt für die gefürchteten Fünfsterne-Abschnitte wie den Wald von Arenberg, Mons-en-Pévèle und Carrefour de l'Arbre. Absteigend folgen rot, orange, blau und gelb (1 Stern). (ram/sda)

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