Eliud Kipchoge ist Weltrekordhalter im Marathon. 2018 lief er in Berlin die traditionelle Strecke von 42,195 Kilometern in sagenhaften 2:01:39 Stunden. Um die Schallmauer von zwei Stunden zu unterbieten, fehlen nur noch 100 Sekunden. Der Kenianer will dies morgen Samstag als erster Mensch schaffen.
Lange galt die 2-Stunden-Grenze als nicht möglich. Doch schon im Mai 2017 hätte es der heute 34-jährige Kenianer fast geschafft. Unter dem Motto «Breaking2» versuchte er sich auf der Rennstrecke in Monza – und scheiterte um 25 Sekunden. Jetzt soll es also das Projekt «1:59 Challenge» in Wien richten.
Doch wie schon in Monza gilt: Als offizieller Weltrekord wird die Zeit nicht anerkannt. Denn das Rennen ist kein normaler Marathon. Wir zeigen, wie die Schallmauer geknackt werden soll:
Bevor wir auf Wien blicken, hier aber noch die Entwicklung des Marathon-Weltrekords.
Ausgewählt wurde Wien. Das Wetter im Oktober sei dann in Österreichs Hauptstadt normalerweise ideal für einen Marathon.
Zudem wurde mit der Prater-Hauptallee eine perfekte Strecke gefunden. Sponsor Ineos sorgte gar dafür, dass die Strasse neu geteert wurde. Der Rundkurs von 9,6 Kilometer führt während 8,8 Kilometern geradeaus. In den Kurven wurden kleine Steilwände montiert, damit der Kenianer weniger Kraftverlust hat. Kipchoge muss die Runde 4,4-mal absolvieren.
Zudem stehen viele Bäume entlang der Strecke. Diese schützen zum einen vor dem Wind, zum anderen sorgen sie für viel Sauerstoff.
Ein Team aus Wetterspezialisten hat entscheiden, wann Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Co. am idealsten sind: Um 8.15 Uhr geht es in Wien los.
🚨 ANNOUNCEMENT - we have a start time for #INEOS159. 🚨
— INEOS 1:59 Challenge (@INEOS159) October 11, 2019
⏰ The Challenge will start at 08:15 CEST tomorrow, Saturday 12 October.
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Kipchoge hatte ein Zeitfenster vom 12. bis 20. Oktober. Meteorologen haben den idealen Tag ausgesucht und wollen es gleich am erstmöglichen Datum versuchen.
Wer 42,195 Kilometer in unter zwei Stunden zurücklegen will, muss im Schnitt mit 21 km/h unterwegs sein. Wie schnell das ist? Pro Kilometer hat der 1,67 Meter kleine und 52 Kilogramm schwere Läufer 2:50 Minuten, auf 100 Meter sind das 17,08 Sekunden. 422 Mal in Serie.
For Eliud to run a sub-two-hour marathon, he’ll need to run 100m in 17.08 seconds – 422 times in a row.
— INEOS 1:59 Challenge (@INEOS159) October 11, 2019
Here’s the pace he’ll need to keep for the #INEOS159 Challenge… pic.twitter.com/1U1ZYG9bk6
Die Mehrheit der Menschheit könnte Kipchoge also kaum 100 Meter folgen. Als Kipchoge 2018 seinen Weltrekord in Berlin aufstellte, versuchten unsere Mitarbeiter Corsin, Helene und Viktoria das Tempo so lange wie möglich zu halten. Mini-Pingpong-Gott Corsin schaffte immerhin 73 Sekunden.
Unglaubliche 41 Topläufer stehen Kipchoge als Tempomacher zur Verfügung. Diese wechseln sich laufend ab. Immer sechs sind mit Kipchoge unterwegs und sorgen für Windschatten. Mit dabei sind auch der Schweizer Julien Wanders und die drei Ingebrigtsen-Brüder.
Neben den Tempomachern fährt vor der Läufergruppe ein Auto mit grosser Zeitanzeige. Auch dieses sorgt für zusätzlichen Windschatten. Wie viel Zeit damit wirklich gewonnen wird, ist umstritten. Vorsichtig wird mit rund einer Minute gerechnet.
Kipchoge flog am Dienstag nach Wien. Davor trainierte er in seiner Heimat in Kaptagat auf 2500 Metern über Meer. Der Kenianer lief während den letzten rund drei Monaten wöchentlich ca. 200 Kilometer. Das macht 3200 Kilometer oder 76 Marathons seit Juli 2019. Das meiste Training rannte er in dem Tempo, das er auch beim Rekordversuch anschlagen muss: 2:50 Minuten pro Kilometer.
Normalerweise absolvierte er zwei Trainings am Tag und machte auch Krafttraining und Rumpfübungen.
Eliud Kipchoge is now running 200km a week as his training steps up – the equivalent of just under five marathons a week.
— INEOS 1:59 Challenge (@INEOS159) July 10, 2019
With three months to go until the #INEOS159 challenge, @EliudKipchoge will run around 3,200km – an incredible 76.5 marathons in total.
#NoHumanIsLimited pic.twitter.com/fmNCtt8yq4
Auch Nike erhält seinen Teil vom Werbekuchen. Der Sportartikelhersteller liefert das neuste Modell des Vaporfly. Seit den Olympischen Spielen 2016 in Rio veränderte dieser Schuh den Langstreckenlauf.
In Wien trägt Kipchoge den «Vaporfly Next%». Die «New York Times» veröffentlichte eine Studie, die von einem Energieersparnis von einem Prozent sprach. Für die «Challenge 1:59» rechnen Experten mit bis zu einer Minute Zeitersparnis. In der Schweiz ist der Schuh ab 310 Franken erhältlich.
Kipchoge wird – wie schon in Monza – von einem Velo aus Verpflegung erhalten. Auch damit spart er sich noch einige Sekunden. Zudem kann er jederzeit Nahrung verlangen.
Drei Tage vor dem Rennen begann der Kenianer mit dem Carbo-Loading für den Event. Obwohl natürlich auch bei der Ernährung vieles stimmen muss, seien hier nicht die grossen Unterschiede herauszuholen.
Sein Trainer Patrick Sang erzählte, dass Kipchoge ihm beim Verlassen des Flugzeugs in Wien sagte: «Ich bin bereit.» Mental dürfte es dieses Mal sicher einfacher sein. Kipchoge selbst erklärte, dass er 2017 in Monza noch nicht wusste, wie alles ablaufen werde. Jetzt kennt er das Gefühl, so schnell und unter anderen Umständen zu rennen.
Er glaubt, dass er die 2-Stunden-Marke unterbieten wird. Davon gehen übrigens auch die Wettbüros aus. Bei Bwin zum Beispiel erhält man 1.80, wenn er es schafft, aber 1.95, wenn es nicht gelingt.
Ja. Im Gegensatz zum Versuch in Monza werden dieses Mal Zuschauer an der Strecke stehen. Erwartet werden bis zu 20'000 Fans. Alle anderen können den Rekordversuch unter anderem im Livestream auf Youtube verfolgen.
Hut ab und viel Erfolg!