Die Euphorie in England könnte zum Problem werden. Bild: EPA/EPA
Die K.o.-Phase hat für England noch nicht einmal begonnen, da sprechen sie im «Mutterland des Fussballs» schon wieder vom Titel. Die Mannschaft darf sich davon nicht anstecken lassen.
Alles, was England an dieser Weltmeisterschaft bislang vorzuweisen hat, ist ein überzeugender Sieg gegen Panama, ein glücklicher Last-Minute-Erfolg gegen Tunesien und eine müde 0:1-Niederlage gegen Belgien. Aber dieses Spiel haben die «Three Lions» ja angeblich absichtlich verloren, um in die einfachere Tableau-Hälfte zu kommen.
Längst ist auf der Insel bereits die Fussball-Euphorie ausgebrochen. Angefangen hat es mit einem humorvollen Video der BBC, das zeigt, was alles passieren würde, sollte die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate tatsächlich den Titel holen.
video: youtube
Doch seither hat sich der Spruch «Football is coming home» zu einem wahren Mantra entwickelt. Spätestens seit sich Deutschland und Spanien aus dem Turnier verabschiedet haben, sehen die Engländer sich selbst als einen der Titelfavoriten. Insbesondere begünstigt durch die «leichte» Auslosung. Einige Beispiele:
Danny Murphy, ehemaliger Spieler von Liverpool, Tottenham und Fulham. Jetzt Kommentator bei der BBC
Danny Murphy. bild: screenshot bbc
Paul Merson, ehemaliger Spieler von Arsenal. Jetzt Experte bei «Skysports»
Jamie Redknapp, ehemaliger Spieler von Liverpool und Tottenham. Jetzt Experte bei «Skysports»
Jamie Redknapp im Einsatz für Liverpool.
Andere Fussball-Kolumnisten wollen gar nicht an die erste Hürde Kolumbien denken. «Das Spiel gegen Dänemark hat gezeigt: Kroatien ist schlagbar», schreibt beispielsweise der «Daily Mirror». England könnte erst in einem allfälligen Halbfinal auf Luka Modric und Co. treffen. Zuvor warten noch Kolumbien und allenfalls der Sieger aus dem Duell zwischen Schweden und der Schweiz.
Die «Sportbible» analysiert unter der Überschrift «Englands Weg wird durch die Niederlage Spaniens noch süsser gemacht» die verbleibenden Gegner. Der Journalist erklärt zuerst, dass man jeden Kontrahenten ernst nehmen muss, schliesst dann aber mit den Worten: «Ach scheiss drauf, it's coming home!»
Billy Sharp, Profi bei Sheffield United, hütet schon einmal den WM-Pokal für Harry Kane.
«Es gibt absolut nichts mehr, wovon man sich fürchten müsste.»
Auch dieser britische Journalist glaubt daran, dass «der Fussball heimkehrt.»
Michael Owen gibt sich da etwas pragmatischer. Aber auch er glaubt an den Titel.
Alan Shearer ist derzeit scheinbar einer der einzigen Engländer, der auf die Euphoriebremse tritt. In einer Kolumne bei der BBC schreibt er: «Wie können wir so arrogant sein und bereits auf die nächsten Runden vorauszuschauen? Mit unserer Bilanz an grossen Turnieren?»
Alan Shearer warnt vor Vorzeitiger Euphorie. Bild: AP
Der 260-fache Premier-League-Torschütze warnt davor, die Gegner zu unterschätzen und erinnert daran, dass England seit 1990 genau zwei K.o.-Spiele gewonnen: 2002 gegen Dänemark und 2006 gegen Ecuador. Shearer hält sein Land dazu an, «sich zuerst um Kolumbien zu kümmern.»
Die englische Mannschaft täte gut daran, auf Shearer zu hören und die Euphorie zuhause auszublenden. Denn wie schnell auch ein auf dem Papier besseres Team gegen einen Underdog scheitern kann, hat das Spiel Spaniens gegen Russland eindrücklich gezeigt.
Video: srf/SDA SRF