Es mutet schon fast historisch an: Deutschland, Argentinien und Brasilien konnten ihre Auftaktspiele an der Fussball-WM in Russland allesamt nicht gewinnen. Dass diese drei grossen Fussball-Nationen gleichzeitig zum Auftakt keine drei Punkte einfahren, hat es in der WM-Geschichte noch nie gegeben.
1982 - Germany have lost their opening match at a World Cup for only the second time, also doing so in 1982 against Algeria. They went on to reach the final that year. Upset.#GERMEX #GER #WorldCup
— OptaJoe (@OptaJoe) 17. Juni 2018
Doch während Argentinien und Brasilien immerhin einen Punkt einheimsen konnten, gab es für Weltmeister Deutschland gegen Mexiko eine historische 0:1-Pleite. Zum ersten Mal seit 1982 und erst zum zweiten Mal überhaupt hat «Die Mannschaft» im ersten WM-Spiel wieder einen Nuller hinnehmen müssen. Immerhin: 1982 kamen sie dennoch in den Final.
Doch davon spricht bei unserem nördlichen Nachbarn im Moment niemand. Im Gegenteil: Rund ums Team von Bundestrainer Jogi Löw brennt der Baum.
Die diesjährige WM-Kampagne Deutschlands begann schon unruhig. Die beiden Spieler mit türkischen Wurzeln, Mesut Özil und Ilkay Gündogan, trafen vor einem Monat in London den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie überreichten ihm dabei auch Trikots ihrer Klubs Arsenal (Özil) und Manchester City(Gündogan).
Diese Aktion löste in Deutschland heftige Reaktionen aus. Von allen Seiten wurde auf die beiden Spieler eingeschossen, Erst recht als Teammanager Oliver Bierhoff im Alleingang beschloss, dass darüber nicht mehr gesprochen werden dürfe. Aber auch Trainer Jogi Löw stand in der Kritik, als er Özil und Gündogan trotz des Vorfalls für die WM aufbot und die Probleme so mit nach Russland nahm.
Captain Manuel Neuer gab denn auch zu, dass die Thematik für das Team belastend gewesen sei. Die Hoffnung, dass die Probleme «in positive Energie umgewandelt werden», hat sich nicht erfüllt.
Früher hatte Deutschland 🇩🇪 noch Leader wie Helmut Schmidt Franz Beckenbauer oder Schweinsteiger. Heute haben wir Özil, Khedira,Merkel oder Gomez. 🙃🤣#GERMEX
— Holmi (@holmi21) 17. Juni 2018
81 Fehlpässe spielten die Deutschen in ihrem ersten Spiel gegen Mexiko und gewannen dabei nur 44 Prozent der Zweikämpfe. Es scheint, als fehle der deutschen Elf ein Leader, jemand der dem Spiel Struktur und Ordnung verleiht. Toni Kroos hätte zwar die Qualität um diese Rolle zu übernehmen, doch er wurde von den Mexikanern konsequent abgemeldet. Seine Leistung in der Defensive war gar indiskutabel, oft trabte er nur neben den angreifenden Mexikanern her.
Ein anderer möglicher Leader, Bayerns Mats Hummels, schiesst derweil gegen seine Kollegen. «Unsere Absicherung ist nicht gut, das muss man ganz klar sagen. Jerome Boateng und ich stehen da oft alleine», kritisiert der Abwehrspieler die Defensivleistung seiner Mannschaft. Er habe dieses Problem schon öfters intern angesprochen. Aber: «Das fruchtet anscheinend noch nicht so ganz.»
Auch die Medien gehen mit der Mannschaft hart ins Gericht. «Der Weltmeister, ein fetter Kater», schreibt beispielsweise die Zeit. Dieses Spiel sei mehr als eine Niederlage, es enthalte alarmierende Signale. TV-Experte Lothar Matthäus ist ebenfalls enttäuscht: «Ich habe die deutsche Mannschaft bei einem grossen Turnier lange nicht mehr so schwach gesehen. Mir hat in dieser Partie fast alles gefehlt.»
Ruhe dürfte in Jogi Löws Mannschaft so schnell nicht einkehren. Verloren ist noch nichts, aber Deutschland braucht nun zwei Siege (gegen Schweden und Südkorea), wenn es noch vom Gruppensieg träumen will. Und selbst wenn das gelingt, wären sie noch auf einen Ausrutscher Mexikos in den anderen beiden Partien angewiesen.
Sollte es nur für den zweiten Rang reichen, dürfte im Achtelfinal bereits Brasilien warten. Mit einem Auftritt wie gegen Mexiko wäre spätestens dort Endstation.