Am Zürcher Paradeplatz gibt Alice Schwarzers Steueraffäre nicht viel zu reden. Bild: KEYSTONE
Banken-Bashing und alte Steuersünden interessieren in Zürich niemanden mehr, selbst wenn Alice Schwarzer die Hauptrolle spielt. Was erfolgreiche Vergangenheitsbewältigung heisst, zeigt zurzeit die UBS
Alice Schwarzer und ihre Steuersorgen lassen die Schweizerinnen und Schweizer kalt. Auf den Hitlisten der online-Portalen stehen die Schwierigkeiten der Rennfahrerinnen Lara Gut und die Invalidenrenten für Jugendliche auf den vordersten Plätzen, die Schwarzer-Geschichten figurieren unter ferner liefen. Der Deutschland-Korrespondent des «Tages-Anzeiger» bringt die Stimmung auf den Punkt: «Am besten hält Alice Schwarzer die Klappe. Vor dem Steuervogt und dem Medienrummel sind alle gleich.»
Jahrelange Diskussionen um Steuerabkommen und Bankgeheimnis zeigen Wirkung. Selbst wer weder Banker noch Banken mag, hat inzwischen genug vom Banken-Bashing aus dem Norden. Mit Hinweis auf das Berliner Flughafen-Desaster wird daher in den Kommentaren der Internetforen angeregt: «Die Deutschen sollen zuerst bei sich aufräumen.» Nicht einmal Jörg Kachelmann kann die Gemüter noch erregen. Seine ätzende Twitter-Schadenfreude stösst auf Unverständnis und Desinteresse.
Sehr viel aufmerksamer verfolgt und kommentiert werden die Jahreszahlen der UBS. Die grösste Schweizer Bank hat die Vermögensverwaltung ins Zentrum ihrer neuen Unternehmensstrategie gerückt. Gerade dieses Geschäft kämpft derzeit gegen widrige Umstände: Ausländischen Kunden werden durch Indiskretionen und Daten-Leaks verunsichert. Deutschland hat das Steuerabkommen platzen lassen und damit eine geordnete Abwicklung der Altlasten verhindert. Die US-Justizbehörden haben die wichtigsten Schweizer Banken in eine Art Beugehaft genommen. Wie wird der Finanzplatz Schweiz das verkraften?
Bestens. Die UBS hat die Gewinnerwartungen der Analysten deutlich übertroffen und sie hat letztes Jahr deutliche mehr neues Geld angezogen als erwartet. Der Kurs der UBS-Aktien reagierte darauf mit einem Freudensprung in der Höhe von sechs Prozent. Die Insider konnten sich ein zynisches Lächeln nicht verkneifen. Der Hauptgrund für die guten UBS-Zahlen ist eine Steuergutschrift in der Höhe von 470 Millionen Franken. So werden die in der Vergangenheit erzielten Verluste zum Stabiltätsfaktor des aktuellen Aktienkurses.
Mit dem Bankgeheimnis und Firmenprivilegien hat die Schweiz während langer Zeit anderen Ländern Steuergelder abgejagt. Ein Teil dieses Geschäfts ist schon weg, anderes ist akut bedroht.
Eine Ära neigt sich dem Ende zu. Die während langer Zeit sprudelnden Einnahmen aus dem Geschäft mit der Steuerflucht drohen zu versiegen. Das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland ist Geschichte, und mit den neusten Plänen von G20 und OECD für eine globale «Steuerrevolution» dürfte die Schweiz als Standort für ausländische Unternehmen zunehmend unattraktiv werden.
Erstaunlich ist das höchstens für jenen Teil der Bevölkerung, der zur Nabelschau-Mentalität neigt. Es war absehbar, dass …