Lieber Internet-Konsument
Ich verweise Sie auf das vorangegangene Schreiben meines Kollegen Oliver Baroni, der Sie gestern wegen des Dschungelcamps kontaktiert hat.
«Diese zwei Stunden Ihres Lebens bekommen Sie nie wieder zurück», warnte er am achten Tag dieser schnöden TV-Apokalypse. Am neunten Tag verdonnerte der Dienstplan mich armen Autorentropf, das dröge Zurschaustellen von Menschen unter Gruppenzwang zur Schau zu stellen.
Wie im Kindergarten
Auch diese beiden Stunden waren verloren. Besonders, wenn einen zuvor «Wetten, dass..?» beinahe zu Tode gelangweilt hatte, musste einem die nun folgende Grüppchendynamik endgültig den Rest geben: Winfried hat Angst vor der «Aura» von Mola. Gabby, die mal mit Sido gegangen ist, ist auch mal mit einem anderen gegangen, mit dem sie Kinder hat, die ihr aber weggenommen worden sind.
Larissa, die lange belangloses Zeug über ihre Familienverhältnisse zum Schlimmsten gegeben hat, ist von einem Blutegel-Zwerg befallen worden. Dramatische Klaviermusik, Streicher, aus der Küche klappert der Abwasch der Liebsten herüber. Für mich bis jetzt das Spannendste.
Corinna Drews muss das Camp verlassen und sagt, sie fands auch langweilig. Sie sagt, sie werde die anderen vermissen. Ein klarer Fall von Stockholm-Syndrom – oder sie wusste um die dralle Freundin aus Deutschland, die sie nach dem Exitus in den Schönheitssalon begleitet, um ein Sektchen zu schlürfen. Na dann, Prost!
Witzig wirds nur, wenn der Zuschauer mal zu Wort kommt und dann noch ein Wort wie «molarisieren» prägt. Bei den ganzen Spielchen um Komfort-Sternchen ist dieser Zuschauer schon dankbar, wenn Doc Bobs Alter geschätzt werden muss. Er ist 63. Der Schleim und die sich windenden, kriechende Tiere erregen Ekel. Und dann die Spinnen, Skorpione und Maden...
Eine besonders widerliche Szene bleibt in Erinnerung. Ein Nacktegel nimmt all sein Silikon zusammen, um den Machern der Show zwei ganz grosse Freuden zu bereiten. Julian findet in Ordnung, dass Melanie ihre wippenden Brüste zeigt. Winfred findet, Debby macht «Affentheater». Larissa findet, «niemand ist gerecht». Und am Ende muss Julian das Camp verlassen. Viel zu spät.
Seien Sie gewarnt, ich werde Sie morgen wegen dieser Sache erneut anschreiben (müssen). Es ist noch nicht vorbei.