Rudyard Kiplings Bonmot «Im Krieg stirbt die Wahrheit immer zuerst» gilt auch für die jüngste Eskalation im Konflikt zwischen der palästinensischen Hamas und der israelischen Armee. Sowohl die israelische Armee als auch die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, versuchen, im Propagandakrieg auf Social Media die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen.
Die Kassam-Brigaden zählen in Infografiken Opfer auf palästinensischer Seite, zeigen Bilder von getöteten Zivilisten und installierten unter anderen den Hashtag #GazaUnderAttack.
Hauptziel der Hamas ist es, zu zeigen, dass die israelische Armee unschuldige Zivilisten tötet und die Bevölkerung im Gazastreifen einer Kollektivstrafe für die Raketenangriffe der Kassam-Brigaden unterzieht.
Um dagegen zu halten, veröffentlicht die israelische Armee unter ihrem Account @IDFspokesperson Informationen, die genau diesen Vorwurf entkräften sollen. So twitterten sie eine Infografik, die zeigen soll, dass die Bevölkerung weiterhin mit Lebensmitteln und Energie versorgt wird.
Even as Hamas fires rockets at the Kerem Shalom crossing, the IDF continues to transfer goods into Gaza pic.twitter.com/BrDqgd3VXP
— IDF (@IDFSpokesperson) July 16, 2014
Um den von palästinensischer Seite erhobenen Vorwurf zu entkräften, man bombardiere Zivilisten, verbreitete @IDFspokesperson zusätzlich ein längeres Video, das zeigt, wie die israelische Armee Luftangriffe verschiebt, wenn sie in der Nähe der Ziele Zivilisten vermutet.
Obwohl die Opferstatistik mit 200 Toten auf palästinensischer Seite und einem toten Israeli für sich spricht, ist in der Propagandaschlacht auf Twitter kein eindeutiger Sieger auszumachen.
Kurzzeitig war @IDFspokesperson in der Propagandaschlacht im Vorteil, denn Twitter hat in den letzten zwei Tagen sämtliche englischsprachigen Accounts der Kassam-Brigaden und insbesondere @qassamfeed gelöscht, und die Gruppierung war bisher nicht in der Lage, neue zu errichten. Bereits im Januar hatte Twitter verschiedene Kassam-Accounts gelöscht. Damals begründete das Unternehmen den Schritt damit, dass die Kassam-Brigaden nach US-Gesetzgebung eine terroristische Vereinigung sind, welche die Dienste von Twitter nicht in Anspruch nehmen dürfte. Die neuste Schliessung der Kassam-Accounts kommentierte Twitter auf Anfrage von watson bisher nicht.
Gestern erhielten die Palästinenser im Propagandakrieg traurige Schützenhilfe von den Ereignissen, als Reuters die Bilder von vier toten und mehreren verletzten Jungen veröffentlichte, die am Strand von Gaza Stadt von einem israelischen Kanonenboot getroffen worden waren. Nicht nur die anwesenden Journalisten nahmen auf Twitter Partei für die palästinensische Seite, sondern auch der amerikanische Fernsehkoch Anthony Bourdain. Dieser hatte für seine Kochsendung «Parts Unknown» auch in Gaza gedreht.
Bourdain verfügt mit 1,8 Millionen Followern auf Twitter über ein fünf Mal so grosses Publikum wie @IDFspokesperson. Den untenstehenden Tweet verbreiteten seine Follower über 8000 mal weiter oder favorisierten ihn. Für soviele Reaktionen muss @IDFspokesperson rund eine Woche lang twittern.
Maybe it’s the fact that I walked on that beach—and have a small child that makes this photo so devastating. #Gaza pic.twitter.com/s067RShbVh
— Anthony Bourdain (@Bourdain) July 16, 2014