«Wir geben keinen Fuss breit von unserem Boden her», sagte Petro Poroschenko am Sonntag bei einer Trauerzeremonie auf dem Maidan in Kiew. Der ukrainische Präsident kündigte an, «die ukrainische Staatlichkeit im Donbass» wieder herzustellen. Dort, in der Ostukraine, toben seit Tagen heftige Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Kräften.
Militärsprecher Andrej Lyssenko warf den Separatisten vor, sie würden aus Wohngebieten auf Regierungstruppen schiessen, zudem würden sie durch reguläre russische Armee-Einheiten unterstützt. Aus dem «Verteidigungsministerium» der selbst ernannten Volksrepublik Donezk verlautete, die ukrainische Armee habe Wohnblocks bombardiert und kämpfe an der Seite «faschistischer Freiwilliger».
Die gleichen Vorwürfe finden sich auf Websites von Linksextremen in der Schweiz. Diese riefen für Montag zu einer Demonstration vor der Uni Zürich auf, wo Petro Poroschenko am Europa-Institut einen Vortrag hielt. Rund eine halbe Stunde vor Beginn des Referats standen ein paar Demonstranten vor dem Haupteingang und hielten Flaggen der «Volksrepubliken» von Donezk und Lugansk hoch und Plakate mit Slogans wie «Rettet die Menschen im Donbass vor Kiew.»
Ihr online verkündetes Ziel, Poroschenko zu vertreiben, erreichten sie nicht. Dieser betrat unter grossem Applaus den Hörsaal. Dort fanden sich aber nicht nur Poroschenko-Anhänger, sondern auch Kritiker.
Kurz nachdem Poroschenko zu sprechen begonnen hat, verlässt ein Mann den Saal. Er gibt sich als Unterstützer des Donbass zu erkennen. Poroschenko reagiert emotional, aber nicht verärgert – er freut sich, das Publikum applaudiert, viele rufen «Slava Ukraini – Ehre der Ukraine.» Poroschenko sagt, dies sei ein symbolischer Moment: Niemand unterstütze den Aggressor.
Kurze Zeit später schreien zwei junge Frauen, sie wollten nicht im selben Raum sitzen mit jemandem, der Kinder umbringe. Unter lauten Pfiffen des Publikums verlassen sie den Saal; Poroschenko ruft «Slava Ukraini» – der Saal antwortet «Gerojam Slava» – Ehre den Helden. Poroschenko nimmt den Zwischenfall zum Anlass, an die Tragödie von Volnovacha zu erinnern: Dort explodierte letzte Woche eine Rakete – abgefeuert aus dem Separatistengebiet – neben einem Bus; mehr als ein Dutzend Zivilisten kamen ums Leben.
Etwas später ruft ein Mann, die Separatisten in der Ostukraine seien keine Terroristen. Erneut ein Pfeifkonzert, doch Poroschenko nimmt es locker: «Dass ein solcher Mann hier spricht, ist in der Schweiz und in der Ukraine möglich – in Russland wäre dies undenkbar, darum sind wir stärker.» Danach richtet sich Poroschenko direkt an Russland und die Separatisten und zählt vier Punkte als Voraussetzung für einen Frieden auf: Ein kompletter Waffenstillstand, die Freilassung aller Gefangenen, die Schliessung der Grenze zu Russland und den Rückzug aller russischen Truppen.
«Dann soll es freie und faire Wahlen im Donbass geben, und danach werde ich mit den gewählten Vertretern sprechen. Aber ich kann nicht heute mit Menschen sprechen, die Maschinengewehre tragen.» Er kündigt an, dass die Ukraine in sechs Jahren bereit sein werde für einen EU-Beitritt. Ausserdem wolle sein Land unter den besten 50 Staaten im Korruptionsindex von Transparency International sein.