Vor dem Olympia-Final in London über 200m-Schmetterling besteht kaum ein Zweifel darüber, dass Michael Phelps seine 15. olympische Goldmedaille gewinnen wird. Der Amerikaner ist in dieser Disziplin Weltrekordhalter, zweifacher Titelverteidiger und amtierender Weltmeister.
Das Rennen verläuft dann zunächst auch den Erwartungen entsprechend – zu Rennhälfte führt Phelps 36 Hundertstelsekunden vor dem Südafrikaner Chad le Clos. 50 Meter vor dem Ziel ist le Clos' Rückstand bereits auf 0,58 Sekunden angewachsen, an zweiter Stelle liegt nun der Japaner Takeshi Matsuda. Phelps scheint einem klaren Sieg entgegen zu schwimmen, als Chad le Clos seine letzten Reserven mobilisiert und auf der finalen Länge kontinuierlich Boden auf den Favoriten gut macht.
Wenige Meter vor dem Ziel, Michael Phelps liegt jetzt nur noch Zentimeter vor dem Südafrikaner, unterläuft dem klaren Favoriten ein seltener Fehler: Der Amerikaner streckt sich zu früh und verschenkt so die entscheidenden Sekundenbruchteile. Bei Chad le Clos hingegen stimmt das Timing perfekt und er berührt das Ende des Schwimmbeckens fünf Hundertstelsekunden vor Phelps.
Trotz dieses Thrillers bleibt von diesem Olympiaabend insbesondere der TV-Auftritt des stolzen Vaters Bert le Clos in Erinnerung. «Big Bert», wie er sich treffenderweise selbst nennt, ist der glühendste Anhänger seines Sohnes und bei jedem Rennen mit Herz und Seele dabei. Im Interview mit der CNN-Reporterin Clare Balding lässt der stolze Vater seinen Emotionen freien Lauf – und merkt dabei gar nicht, dass er live auf Sendung ist.
Als Bert le Clos seinen Sprössling dann auch noch mit umgehängter Medaille auf dem TV-Screen sieht, brechen alle Dämme.
Nachdem der begeisterte Vater eine weitere Lobeshymne auf seinen «wunderschönen, engagierten und bodenständigen Jungen» gehalten hat, wird ihm erst bewusst, dass er die ganze Zeit live auf Sendung war: «Oh mein Gott, jedes Mal, wenn ich mich selbst auf dem Bildschirm sehe … ist das live?»
Zu diesem Zeitpunkt hat er die Herzen der TV-Zuschauer längst erobert und ist seither nicht nur der feurigste, sondern auch der prominenteste Anhänger seines Sohnes. «Berühmter als sein Sohn» sei er, witzelt Bert le Clos im englischen Telegraph – und hat mittlerweile ein T-Shirt geschenkt bekommen, welches ihm dies bestätigt.
Die Person im Interview, das ist der echte Bert. Schon immer war er ungemein stolz auf seine Kinder – und feuerte bereits den sechsjährigen Chad beim Fussball schreiend und brüllend von der Seitenlinie aus an.