Das Märchen von Tausendundeiner Yacht. Okay, das Alinghi-Team besteht eigentlich nur aus 31 Seglern. Ein Märchen ist ihr erster Auftritt beim ältesten und prestigeträchtigsten Sportanlass der Welt aber allemal.
Gegen das «Team New Zealand», den haushohen Favoriten und Titelverteidiger aus dem Gastgeberland, fährt die Schweizer Equipe im Final des America's Cup schwere Geschütze auf: Mit Russell Coutts wird der seinerzeit beste Skipper der Welt ins Boot geholt. Der 41-Jährige hat die älteste Segelregatta bereits 1995 und 2000 gewonnen, und das ausgerechnet für Neuseeland.
Neben Coutts wechseln weitere starke Kiwis die Fronten, wie beispielsweise der Taktiker Brad Butterworth. Diese Abwerbungen kommen im geografisch isolierten Inselstaat verständlicherweise nicht gut an.
Die Mannschaft von Alinghi-Gründer und -Besitzer Ernesto Bertarelli ist denn auch die Multikulti-Truppe schlechthin. Der italienisch-stämmige Schweizer und Multimilliardär, der selber in allen Rennen als Navigator fungiert, hat Segler aus nicht weniger als 15 verschiedenen Nationen um sich geschart.
Coutts meint gegenüber dem SRF: «Die Leute machen sich gar keine Vorstellung, wie schwierig es ist, ein Team zu formen, das aus 15 verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt ist.» Und damit hat er Recht. Und auch nicht.
Denn: Englisch ist die Hauptsprache auf dem Boot. Doch keines der Crew-Mitglieder hat genügend gute Englischkenntnisse, um sich über Nebensächliches zu unterhalten, der Fokus liegt bei allen internen Gesprächen auf dem Wesentlichen.
Und so nimmt Alinghi auf dem Weg in den Final sämtliche Teams förmlich auseinander, im eigentlichen America's Cup dann auch das Team New Zealand. Die Schweizer Yacht gewinnt die Best-of-nine-Serie mit 5:0. Das letzte Rennen wird zum Schaulaufen: Nach einem Bilderbuch-Start kontrolliert die Alinghi das Rennen nach Belieben und profitiert dabei einmal mehr vom chronischen Pech der Ozeanier.
Nachdem diese nämlich bereits im ersten und vierten Kräftemessen wegen eines Mastbruchs bzw. schweren Materialproblemen zurückgebunden werden, bricht ihnen im Entscheidungsrennen auch noch der Spinnakerbaum.
Doch das ist Alinghi im Endeffekt egal. Mit dem Sieg wandert die silberne Trophäe erstmals in der 152-jährigen Geschichte des renommierten Cups in ein Binnenland – und die Schweiz versinkt in einem Strudel allumfassender Segeleuphorie. Alinghi wird zum Team des Jahres gewählt und die Schweiz zur Segler-Nation erklärt.