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Ralph Krüger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte

Trainer Ralph Krueger, und die erfolgreiche Schweizer Eishockey Nationalmannschaft werden am Samstag, 13. Mai 2000 auf dem Flughafen Zuerich-Kloten, nach der Rueckkehr von der Eishockey WM in St. Pete ...
Die Fans feiern den Erfolgstrainer Ralph Krueger nach seiner Ankunft in Zürich.Bild: Keystone
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Ralph Krueger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte

2. Mai 2000: Die Geburtsstunde der «Hockeymacht Schweiz» und des «Mythos Ralph Krueger». Ein SMS schreibt Hockeygeschichte.
02.05.2023, 00:0527.04.2023, 14:59
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Ende der 1990er Jahre kehrt die zweitklassige Hockey-Nation Schweiz am grünen Tisch in die A-WM zurück: Als Gastgeber der WM 1998 in Zürich und Basel sind wir automatisch qualifiziert. Im Herbst übernimmt der deutsch-kanadische Doppelbürger Ralph Krueger als Nachfolger von Simon Schenk unsere Nationalmannschaft.

Auf Anhieb erreicht er auf wundersame Art und Weise mit nur zwei Siegen (gegen Russland und Frankreich) und einem Remis (gegen die Slowakei) bei der Heim-WM das Halbfinale (Niederlagen gegen Schweden und um Bronze gegen Tschechien).

Der Schweizer Eishockey-Trainer Ralph Krueger waehrend dem Match Schweiz-Russland am Donnerstag, 7. Mai 1998, in der Basler Jakobshalle. (KEYSTONE/MICHAEL KUPFERSCHMDT)
Der junge Ralph Krueger an der WM 1998.Bild: KEYSTONE

Die Schweiz beendet diese WM auf dem 4. Platz. Ein Hockey-Wunder. Aber bereits ein Jahr später, 1999 in Norwegen, reicht es nur noch zum 8. Schlussrang. Ralph Krueger ist ein junger, charismatischer Hockeytrainer wie viele andere auch. Noch nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Alles ändert sich bei der WM 2000 in St.Petersburg. Dort erst entsteht der «Mythos Krueger», der Ralph Krueger zum charismatischsten Schweizer Nationaltrainer aller Zeiten, zum Bestsellerautor («Teamlife – über Niederlagen zum Erfolg») macht. Ralph Krueger ist der erste Sporttrainer, der konsequent die neuen Kommunikationsmittel des 21. Jahrhunderts nützt.

Die Schweizer bei der WM 2000
Torhüter: Martin Gerber, Reto Pavoni, Pauli Jaks
Verteidiger: Patrick Sutter, Julien Vauclair, Martin

Steinegger, Mathias Seger, Rolf Ziegler, Edgar Salis,

Olivier Keller, Mark Streit
Stürmer: Gian-Marco

Crameri, Patrick Fischer, Marcel Jenni, Thomas Ziegler,

Ivo Rüthemann, Reto von Arx, Michel Riesen, Alain

Demuth, Flavien Conne, Claudio Micheli, Patric Della

Rossa, Jean-Jacques Aeschlimann, Michel Zeiter.

Russland muss in Russland besiegt werden – im Normalfall unmöglich

Die WM beginnt mit einem 3:3 gegen die USA recht verheissungsvoll. Aber nach einem blamablen 2:4 gegen Frankreich droht der Schweiz der Sturz in die Relegationsrunde – die Niederlage ist eine grosse Schmach. Nur noch mit einem Sieg gegen Gastgeber Russland ist es im letzten Gruppenspiel möglich, der Abstiegsrunde zu entgehen. Dies scheint absolut unmöglich.

Die Russen haben die nominell beste Mannschaft seit dem Untergang der Sowjetunion zusammengestellt und ein Erfolg an dieser Heim-WM ist heilige vaterländische Pflicht. Selbst die der Polemik abholde, noble NZZ schreibt in ihrer Vorschau auf dieses Spiel, eher kehre der Zar an die Macht zurück als dass die Schweiz Russland besiegen werde.

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Ralph Kruegers SMS: «Glaube an das Unmögliche und das Unmögliche wird möglich.»gif: srf

Grösste Schmach Russlands der WM-Geschichte

In der Nacht vor dem Spiel schickte Krueger den Spielern eine SMS: «Glaube an das Unmögliche und das Unmögliche wird möglich.» Er elektrisiert die Spieler. Denn es ist eine Zeit, da noch nicht alle paar Minuten SMS oder WhatsApp-Meldungen oder Push-Nachrichten eintrudeln. Es ist eine neue Kommunikationstechnik.

Krueger trifft den Nerv der Zeit und der neuen Generation. Heute würde diese SMS-Motivation mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr wirken.

Die Höhepunkte der Partie.Video: YouTube/Bars10000

«Was wir heute getan haben, werde ich mein Leben lang nicht vergessen»

Die Schweizer besiegen am 3. Mai 2000 im ausverkauften Ice Palace (12'500 Fans) Russland 3:2 (1:1, 2:1, 0:0) und schicken die Russen in die grösste WM-Pleite ihrer Geschichte (11. Platz). Reto Pavoni – er steht für Martin Gerber im Tor – spielt die Partie seines Lebens. «Ich liebe jeden Spieler und jeden im Staff. Was wir heute getan haben, werde ich mein Leben lang nicht vergessen», sagt Krueger nach der Partie. «Wir bauen auf Charakter, auf Herz, auf positives Denken. Und das zahlt sich aus!» Bundespräsident Adolf Ogi schreibt Ralph Krueger daraufhin eine SMS und gratuliert.

Die Resultate
Gruppenspiele:
Schweiz – USA 3:3
Schweiz – Frankreich 2:4
Schweiz – Russland 3:2

Zwischenrunde:
Schweiz – Schweden 1:1
Schweiz – Lettland 4:1
Schweiz – Weissrussland 3:5

Viertelfinal:
Schweiz – Kanada 3:5

Im Viertelfinal gegen Kanada braucht's einen neuen Motivationstrick. Der Trainer versucht's mit einem mit guter Musik unterlegten Video. Es scheint lange aufzugehen. Die Schweiz führt gegen Kanada bis ins Schlussdrittel ehe wir 3:5 verlieren. Wir erreichen den 6. Schlussrang.

Jubel nach dem 3:2 fuer die Schweizer, welches durch Thomas Ziegler erzielt wird, am Mittwoch, 4. Mai 2000, im Match gegen Russland, an der Eishockey Weltmeisterschaft im Peter the Graet Stadion in St ...
Die Schweizer jubeln nach dem Tor zum 3:2 gegen Russland.Bild: Keystone

Krueger als Grundstein für die Zukunft

Nun ist allen klar: Die Schweiz gehört wieder zu den Grossen. Zum ersten Mal wird der Gewinn einer WM-Medaille ein Thema. Die Euphorie ist so gross, dass Verbandspräsident Werner Kohler Ralph Krueger durch einen von den Zeitgenossen als wahnwitzig bezeichneten Vertrag bis 2006 unentlassbar macht. Dank diesem Vertrag übersteht der Nationaltrainer die Depressionen der WM-Turniere von 2001 (9.), 2002 (10.) und 2003 (8.). Er legt den Grundstein für eine Kontinuität und Entwicklung, die 2013 im WM-Finale von Stockholm gipfeln wird.

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2022 in Peking: FINNLAND - Olympische Athleten aus Russland 2:1.
quelle: keystone / matt slocum
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Video: srf
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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Liebu
02.05.2021 12:09registriert Oktober 2020
Was damals völlig neu war, ist heute fest verankert in den Köpfen. Was damals, wie gegen Russland, oder der Sieg von Turin über Kanada noch einzelne Husarenstücke waren, ist heute an der Tagesordnung.
Der grösste Wandel fand in den Köpfen statt.
Schon die Jungen glauben an ihre Chancen und versuchen ihr Glück in Der NHL.
Wenn du nicht an den Erfolg glaubst, hast du schon verloren. Man sah man auch in den PO dieses Jahr, was möglich wird.
Fischi hat dieses Denken übernommen. Anfangs schien, er leide an Grössenwahn.
Aber wer Grosses erreichen will, muss Gross denken.
Weiter so Fischi.
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Nathan der Weise
02.05.2021 09:49registriert Juli 2018
Danke Ralph Krüger für unvergessliche Momente im Schweizer Eishockey
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UncleHuwi
02.05.2021 09:54registriert Mai 2015
Kann mich noch gut erinnern. Das 1:1 war spitzenklasse😀 Man sieht auch sehr gut wie sich das Goaliespiel verändert hat. Früher blieb man extrem lange auf den Beinen, selbst bei einem flachen Schuss.
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Am Ende dieser Entwicklung müsste eigentlich der nächste SCB-Titel stehen – Teil VI
Zug entgleitet im Schlussdrittel ein sicherer Sieg. Dan Tangnes steht vor seiner grössten Herausforderung. Die drei Gegentreffer im Schlussdrittel sind nicht das Problem. Aber die Art und Weise, wie die Zuger den sicheren Sieg aus den Händen gaben, der gegnerische Coach und Leonardo Genonis Form.

Die Niederlage hat Dan Tangnes sichtlich erschüttert. Sven Senteler hat kurz vor der zweiten Pause zum 3:1 getroffen (39.). Die Zuger dominieren die Berner im Mitteldrittel nach Belieben. Das wahre, das grosse Zug ist auferstanden. Oben auf der Medientribüne beginnt der Chronist der «Berner Zeitung» den Matchbericht in den Laptop zu tippen. Er muss pressieren und zeitig, praktisch mit der Schluss-Sirene fertig sein. Ein erfahrener Kollege mit «SCB-Affinität» warnt ihn freundlich: «Es ist zu früh für den Matchbericht. Es ist noch nicht vorbei.»

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