Es ist der Abend, an dem ein populärer Basler Fan-Song entsteht:
Eine Stunde ist vorbei im sechsten und letzten Gruppenspiel der Champions-League-Saison 2011/12. Der FC Basel führt gegen Manchester United mit 1:0. Xherdan Shaqiri hatte von links vors Tor geflankt, dort wurde Marco Streller nicht gedeckt und mit einer Direktabnahme erzielte er nach neun Minuten schon die frühe Führung.
Mit diesem Resultat ist der FCB im Achtelfinal, Manchester United sensationell ausgeschieden. Doch die Partie hat ja eben erst angefangen. Und die Engländer sind zwar nicht in Hochform, aber dennoch der haushohe Favorit. Entsprechend muss Basel einige heikle Phasen überstehen – unter anderem eben die besagte Szene in der 60. Minute.
Der ManUtd-Portugiese Nani flankt vors Tor, wo Verteidiger Markus Steinhöfer am Fünfmeterraum steht und befreien will. Der Bayer feuert den Ball in Richtung Tor von Yann Sommer, der Goalie hat nicht den Hauch einer Abwehrchance. Doch weil «Steinis» wuchtiger Schuss von der Latte zurück ins Feld klatscht, kann der Abwehrspieler nach dem Spiel scherzen:
Steinhöfer und die FCB-Fans können sich den Spass über die Aktion natürlich nur deshalb erlauben, weil die Szene nicht zu einem Eigentor führt und deshalb nicht spielentscheidend ist. Im Gegenteil: Sie ist das i-Tüpfelchen zu einem Fussballabend, der in einem rauschenden Fest endet. Sechs Minuten vor dem Schlusspfiff bucht Alex Frei das Basler 2:0. Wieder hatte Shaqiri vors Tor geflankt, dieses Mal von der rechten Seite.
Manchester United bäumt sich nochmals auf, den «Red Devils» gelingt durch Phil Jones aber nur noch der Anschlusstreffer. Um 22.37 Uhr pfeift der holländische Schiedsrichter Björn Kuipers die Partie ab und die Sensation ist perfekt: Basel ist weiter, ManUtd ist ausgeschieden!
Die NZZ vergisst nicht, auf das Wettkampfglück der Basler hinzuweisen. Normalerweise erreiche Manchester United mit solchen Spielanteilen im Minimum ein Unentschieden: «Doch der Fussball lebt davon, dass die Normalität nur in neun von zehn Fällen einkehrt und dass im zehnten Fall die in Stein gemeisselte Hierarchie auf den Kopf gestellt wird.»
Denn der FC Basel eliminiert mit Manchester United einen der allergrössten Klubs der Welt aus dem wichtigsten Klubwettbewerb der Welt. «Etwas Unglaubliches» hätten sie geschafft, strahlt Alex Frei, «für die ganze Fussballschweiz. Auch die, die kein rotblaues Trikot tragen, dürfen an diesem Abend stolz sein.» Die «Basler Zeitung» ist in Gönnerlaune und verteilt lauter Bestnoten: Sechs FCB-Akteure erhalten eine 6, die anderen fünf werden mit einer 5,5 benotet.
Während der Schweizer Meister im Hoch ist, muss Sir Alex Ferguson das Debakel seiner Mannschaft erklären. Für Manchester United geht es nach Rang drei in der Gruppenphase der Champions League im Frühling in der Europa League weiter. «Ich kenne diesen Wettbewerb gar nicht», knurrt der Schotte, «ich weiss nicht mal, welche Teams drin sind und wann gespielt wird.»
Ganz auf der anderen Seite der Gefühlsskala ist Heiko Vogel angelangt. Erst im Herbst nach dem Abgang Thorsten Finks nach Hamburg zum Cheftrainer aufgestiegen, feiert er den grössten Erfolg seiner Karriere. «Manchester United musste und wollte, aber konnte nicht», sagt Vogel. Sein Team habe «phänomenal gespielt», lobt der Deutsche.
Sein Landsmann Steinhöfer erhielt im Sommer 2013 keinen neuen Vertrag mehr beim FC Basel. Eine Odyssee setzte ein: Steinhöfer war eine halbe Saison bei Betis Sevilla, ein Jahr bei 1860 München, ein halbes beim VfR Aalen und dann eine Saison bei Sparta Prag. Nachdem er bei Darmstadt 98 nicht mehr erwünscht war, beendete er seine Karriere 2019 in der vierten deutschen Liga beim VfB Eichstätt.
Absolut fantastische Zeiten damals 😁