Ein US-Militäreinsatz im Nordirak zur Rettung von Flüchtlingen ist nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums eher unwahrscheinlich. Spezialeinheiten sind zum Schluss gekommen, dass sich im Sindschar-Gebirge wesentlich weniger Menschen befinden als zunächst angenommen.
Die US-Armee hatte am Mittwoch erstmals eine Spezialeinheit in das Gebirge entsandt, um sich ein Bild von der Lage der dort festsitzenden Menschen zu machen. Nach UNO-Angaben sind 20'000 bis 30'000 Menschen vor der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) ins Gebirge geflohen, besonders Mitglieder der religiösen Minderheit der Jesiden.
Nach Luftschlägen der USA sei es aber vielen gelungen, der Belagerung zu entkommen. In den vergangenen Tagen konnte demnach «tausende Jesiden» die Bergregion verlassen. Auch seien die Verfolgten nach Abwürfen von Nahrung und Wasser durch US-Militärs besser versorgt als noch vor einigen Tagen, teilte Pentagonsprecher John Kirby am Mittwochabend (Ortszeit) mit.
Nur wenige Stunden zuvor hatte die US-Regierung erklärt, sie erwäge eine Luftbrücke oder die Einrichtung von Korridoren, um die bedrohten Menschen in Sicherheit zu bringen. Kirby sagte, eine Evakuierungsaktion sei nach den neuen Erkenntnissen infolge der Erkundungen von US-Sondereinheiten «viel weniger wahrscheinlich». Der Abwurf von Nahrung und Wasser aus der Luft gehe aber weiter.
Der TV-Sender CNN zitierte einen hohen IS-Kommandeur, die Milizen hätten etwa 100 Frauen und Kinder der Jesiden aus dem Sindschar-Gebirge entführt. Die Entführten befänden sich in der Stadt Mosul im Nordirak. CNN fügte allerdings hinzu, die Behauptung lasse sich nicht durch unabhängige Quellen bestätigen.
Unterdessen setzte das US-Militär seine Luftangriffe gegen die sunnitischen Milizen fort. Eine Kampfdrohne habe am Mittwochabend (Ortszeit) einen mit Waffen ausgerüsteten Lastwagen westlich von Sindschar angegriffen und zerstört, teilten das US-Militär in Tampa (Florida) mit.
Die im Nordirak gegen die Extremisten kämpfenden Kurden sollen zudem Militärhilfe aus Europa erhalten. Als erstes EU-Land kündigte Frankreich an, wie die USA Waffen an die Kurden zu liefern. Die deutsche Regierung schliesst inzwischen auch Waffenlieferungen nicht mehr aus. In der Koalition ist das aber hoch umstritten.
Im Irak und in Syrien sind nach Angaben der EU-Kommission inzwischen mehr als 2000 gewaltbereite Islamisten aus der Europäischen Union unterwegs. Es gebe keine spezifische Zahl für den Irak, weil etwa Kämpfer wie die der Terrormiliz IS auch im Nachbarland Syrien aktiv seien, gab das Büro von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström bekannt. (trs/sda/dpa/afp)