Sieben verletzte Polizistinnen und Polizisten, mehrere ausgebrannte Autos, geplünderte Geschäfte und Sachschaden von mehreren hunderttausend Franken: Das ist die vorläufige Bilanz nach einer unbewilligten Demonstration in Zürich in der Nacht auf Samstag.
In den Kreisen 3 und 4 zogen Hunderte zum Teil vermummte Demonstranten durch die Strassen und lieferten sich Scharmützel mit der Polizei. Sie hinterliessen eine Spur der Verwüstung – Fassaden wurden mit Farbbeuteln beschmiert, Hunderte Fensterscheiben eingeschlagen, Container und sogar Autos brannten.
Wie die Stadtpolizei Zürich am Samstagmorgen in ihrem Communiqué schreibt, versammtelten sich rund 200 grösstenteils vermummte und gewaltbereite Personen der «linksautonomen Szene» bei der Manessestrasse. Viele waren mit Stangen, Schlagstöcken und Wurfgegenständen bewaffnet. Einige trugen einen Kopfschutz, Gasmasken und Schutzanzüge.
Die Polizei spricht von einem eigentlichen «Saubannerzug durch die Stadtkreise 3 und 4» und «gezielten und massiven Angriffen» gegen die Einsatzkräfte.
Nach der Besammlung am Sihlhölzlipark zogen Chaoten via Bahnhof Wiedikon in Richtung Langstrasse. Die Stadtpolizei war von Beginn weg mit einem Grossaufgebot vor Ort.
Anschliessend zog die grosse Gruppe weiter an die Europaallee. «Dort ging die Zerstörung weiter. Die Allee wurde auf 150 Metern komplett entglast, Farbbeutel wurden geworfen und auch weiterhin Slogans oder Schmierereien an die Wand gesprayt», so ein Augenzeuge zu watson .
Die Polizei, die laut eigenen Angaben mit Steinen und Feuerwerkskörpern beschossen wurde, konnte den Hauptzug um Mitternacht mit Gummischrot und Wasserwerfern auflösen.
Im Gebiet Europaallee und Lagerstrasse kam es zu weiteren Scharmützeln. Die Chaoten griffen eine Patrouille beim Fahrzeug massiv an. Nachdem sich die Polizisten im Fahrzeug in Sicherheit gebracht hatten, wurden die Fahrzeugtüren aufgerissen und eine brennende Fackel ins Fahrzeuginnere geworfen. Dabei fing die Ausrüstung einer Polizistin Feuer. Glücklicherweise wurde die Polizistin nicht verletzt. In der Folge entriss der Mob den Einsatzkräften einen Mehrzweckwerfer, ein Schutzschild und eine Einsatztasche.
Polizisten formieren sich in der Zürcher Innenstadt Bild: userinput
Die Chaoten plünderten auf ihrem Saubannerzug auch mehrere Geschäfte und griffen ein vollbesetztes Restaurant an, dessen Scheiben sie zerstörten.
Aufgrund der eskalierenden Situation wurden von der Einsatzleitung in kürzester Zeit zusätzliche Polizistinnen und Polizisten aufgeboten, darunter auch Kantons- und Bahnpolizisten. Die Chaoten konnten nur mit dem Einsatz von Gummischrot, Reizstoff und Wasserwerfern zurückgedrängt werden. Neben Steinen, Knallpetarden und Raketen, die im Direktschuss auf die Einsatzkräfte abgefeuert wurden, kam es auch zu verschiedensten Laserattacken.
Bei den gezielten und massiven Angriffen gegen die Einsatzkräfte hatten sich eine Polizistin und zwei Polizisten Augenverletzungen sowie vier weitere Polizisten Gehörschädigungen zugezogen. Sie mussten im Spital gepflegt werden.
Im Protestzug wurde ein Transparent mit der Aufschrift «Reclaim the Street» («Holt euch die Strasse zurück») mitgetragen, wie Bilder von Leserreportern auf verschiedenen Portalen zeigen. «Wir nehmen uns heute die Strasse, um ein Zeichen zu setzen gegen die fortschreitende Stadtaufwertung» und die Zerstörung alternativer Projekte, hiess es in einem Aufruf auf der Internetseite indymedia.
Polizei in der Nähe der Europaallee. Bild: Userinput watson
Der angerichtete Sachschaden kann zurzeit nicht beziffert werden, dürfte jedoch mehrere 100'000 Franken betragen. Im Zusammenhang mit den massiven Ausschreitungen wurden vier Personen festgenommen. Es handelt sich dabei um vier Männer im Alter zwischen 20 und 36 Jahren. Zwei stammen aus der Schweiz, einer aus England und einer aus dem Fürstentum Liechtenstein. Inzwischen wurde ein Bekennerschreiben der linksautonomen Szene veröffentlicht.
Ein Grossaufgebot von Stadtpolizei und Kantonspolizei war noch bis um 02.30 Uhr im Einsatz.
Betroffen war auch der öffentliche Verkehr. Laut einer Mitteilung der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) waren Tram- und Busbetrieb im Raum Militär- / Langstrasse zeitweise blockiert.
Zerschlagene und verschmierte Scheiben einer UBS-Filiale in der Gegend der Europaallee. Bild: Userinput watson
(erf/gag/kub/sda)