Im Osten der Ukraine fiel die holländische Party 2012 an der Fussball-EM ins Wasser. Arjen Robben, Wesley Sneijder und Co. schieden sang- und klanglos in der Vorrunde aus. Fast zwei Jahre später walzt wieder eine orange Welle über die Region. Dieses Mal einige Kilometer weiter östlich.
Grund sind die Eisschnellläufer in Sotschi. Und dieses Mal wird die Party mit sportlichen Erfolgen gepaart. Das Eisschnelllaufstadion bei Olympia ist fest in holländischer Hand – auf der Tribüne, wie auch auf dem Eis. Sieben der bisher neun verteilten Medaillen gingen an Holland. Auf der Tribüne feiern selbst König Willem-Alexander und Königin Maxima mit.
Dass die holländische Dominanz so ausgeprägt sein wird, konnte in diesem Ausmass nicht erwartet werden. An den Spielen 2010 hatten die Flachländer nach den gleichen drei Wettkämpfen erst einen Podestplatz zu bejubeln. Jetzt wankt der Medaillenrekord der Holländer gewaltig.
Sieben sind schon im Trockenen, 27 werden noch vergeben. Die bisherige Bestmarke datiert von 1998 mit elf Medaillen. Und Stars wie Mark Tuitert oder Koen Verweij haben noch kein Rennen absolviert. Kein Wunder sagt Erfolgstrainer Gerard Kemkers: «Wir sind hier noch lange nicht fertig. Wir fangen erst an.»
Sowieso gewinnen die Holländer bei Olympischen Winterspielen praktisch nur auf dem Eis Medaillen. Deren 46 waren es seit 1994 insgesamt, nur Nicolien Sauerbreij brachte 2010 als Nicht-Eisschnelläuferin eine Medaille mit nach Hause. Der Alpin-Snowboarderin siegte in Turin im Parallel-Riesenslalom. Wir haben hier einige Fakten zu Holländern bei Winterspielen zusammengetragen, um die ausgesprochene Dominanz zu untermauern:
Auffallend bei den oben erwähnten 43 holländischen Medaillengewinnern ist die Tatsache, dass mit 18 fast die Hälfte davon nur einmal auf dem Podium stand. Dies zeigt die grosse Konkurrenz im Team und ist auch gleich ein Grund für die Dominanz Hollands. Alle pushen sich zu noch besseren Leistungen.
Jeder will der Schnellste sein. Da hört gar die Bruderliebe auf. Ronald Mulder wird Dritter über 500 Meter und konnte sich nur halbwegs über Gold seines Zwillingsbruders Michel freuen: «Es wäre noch perfekter gewesen, wenn ich vor meinem Bruder oben auf dem Podium gestanden hätte», sagte er nach dem Rennen.
Doch warum diese Dominanz? Das Land ist flach und im Winter kalt. Schnee fällt wenig, Skifahren ist keine Option. Dafür gefrieren die unendlichen Wasserwege Hollands schnell. Schlittschuhlaufen lernen die Holländer praktisch gleichzeitig mit Laufen, so ein weit verbreitetes Klischee. Nur Velofahren ist noch populärer.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Schlittschuhlaufen vor rund 1000 Jahren in Skandinavien und Holland entwickelt wurde. Die zugefrorenen Kanäle dienten im Winter als einfache Transportwege. Neben einer Sportart ist Eisschnelllauf daher auch eine Nahverkehrsvariante.
Das endlose Skaten auf den schmalen Kanälen liefert gleich noch eine Erklärung: Nämlich warum Hollland im Eiskunstlauf nicht zu den Spitzennationen zählt. In Sotschi stellen sie keinen Athleten, seit 1924 gewann Oranje nur vier Medaillen in dieser Sportart. Auf den Kanälen bieten sich Langstrecken-Wettbewerbe viel mehr an, als das platzraubende Eiskunstlaufen oder Eishockey.
Zum Abschluss ein Lichtblick für alle Nicht-Holländer: Immer gewinnen die Holländer aber doch nicht. Vor allem in der Disziplin Shorttrack ist die Dominanz wie weggeblasen, es dominieren Südkoreaner und Amerikaner. Und dann sind sie auch mal ganz schlechte Verlierer. So wie Sjinkie Knegt hier nach einem verlorenen Wettkampf im Shorttrack Ende Januar 2014:
PS: Knegt holte in Sotschi im Shorttrack über 1500 Meter keine Medaille. Auf die obszöne Geste hat er immerhin verzichtet.