Vermögen werden an der Börse oft nicht mit einer Wette auf den Erfolg eines Unternehmens erzielt. Vielmehr sind es oft sogenannte Shortsellers, die den grossen Reibach machen. Sie setzen darauf, dass ein bestimmtes Unternehmen in Schwierigkeiten gerät und folgerichtig sein Aktienkurs fällt.
Dabei gehen Shortsellers wie folgt vor: Sie verkaufen die Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem festgelegten Preis und kaufen diese Aktien im letzten Moment zu einem deutlich niedrigeren als dem vereinbarten Preis.
Tesla ist für Shortsellers ein gefundenes Fressen. Letzte Woche hat das Unternehmen erneut einen Quartalsverlust von 743 Millionen Dollar vermeldet. Das Plansoll des als Cashcow gedachten Model 3 konnte mit Hängen und Würgen knapp erfüllt werden; und dass Elon Musk sich permanent mit den Bankanalysten anlegt, ist dem Kurs der Tesla-Aktie ebenfalls nicht förderlich.
Kein Wunder also, dass derzeit rund ein Viertel aller Tesla-Aktien von Shortsellern kontrolliert werden. Bis gestern waren sie rund 15 Milliarden Dollar wert. Doch anstatt eines erwarteten Gewinns holen sich die Tesla-Pessimisten wahrscheinlich eine blutige Nase.
Musk hat nämlich ein sogenanntes Leveraged Buyout (LBO) angekündigt, will heissen: Er will Tesla von der Börse dekotieren und wieder in ein privates Unternehmen verwandeln. Zu diesem Zweck verspricht Musk den Tesla-Aktionären, ihnen die Papiere zu einem Preis von 420 Dollar abzukaufen. «Die Finanzierung ist gesichert» versichert er dabei in einem Tweet.
Diese Ankündigung hat bei der Tesla-Aktie einen Freudensprung verursacht. Der Kurs stieg um 11 Prozent auf rund 380 Dollar. Die Aussicht, nochmals 40 Dollar dazu zu erhalten, dürfte für die Anleger sehr verlockend sein. «Die Privatisierung von Tesla ist keineswegs ein aussichtsloses Unterfangen», meint denn auch die sehr einflussreiche Lex-Kolumne in der «Financial Times».
Geht Musks’s LBO-Plan auf, wird es für die Shortseller richtig teuer: Sie müssen dann ihre Aktien nämlich zu einem deutlich höheren Preis erwerben. Rund 4.4 Milliarden Dollar müssten die Spekulanten gemäss Berechnungen der Analysten drauflegen.
Was Musk vorhat, hat ihm Michael Dell bereits vorgemacht. Als sich seine Computerfirma vor Jahren in Schwierigkeiten befand, hat er sie mit Hilfe eines Bankenkonsortiums dekotiert. Inzwischen ist das Unternehmen wieder hochprofitabel. Daher will Dell demnächst einen zweiten Börsengang wagen und erhofft sich dabei das Geschäft seines Lebens.
Bei Tesla liegen die Dinge anders. Weil das Unternehmen nach wie vor rote Zahlen schreibt, kann Musk die Zinsen der Kredite nicht –wie sonst bei LBOs üblich – aus dem Cashflow bedienen. Er braucht daher Investoren, die sehr viel Geduld – und noch mehr Kapital haben.
Genau solche Investoren glaubt Musk gefunden zu haben. Kurz bevor Musk seinen LBO-Plan verkündete, wurde nämlich bekannt, dass der Staatsfond von Saudi-Arabien (PIF) für den Preis von zwei Milliarden Dollar gegen fünf Prozent der Tesla-Aktien erworben hat.
Der PIF hat die Aufgabe, die Saudis von der einseitigen Abhängigkeit vom Öl zu erlösen. Deshalb investiert der Fonds im grossen Stil in neue Technologien. Im Juni 2016 hat er 3.5 Milliarden Dollar in Uber investiert. Zusammen mit Softbank ist er auch an einem 100-Milliarden-Dollar-Fonds beteiligt.
Nicht nur die Saudis kommen als mögliche Investoren in Frage. Katar, Norwegen und auch China werden ebenfalls als mögliche Interessenten genannt. Das macht Sinn: Staatsfonds haben einen langen Zeithorizont, sie sind nicht an kurzfristigen Quartalsresultaten interessiert. Tesla ist für sie daher interessant, denn Geduld wird sich auszahlen. Das neue Model 3 erhält in der Autopresse durchwegs euphorische Kritiken und wird bereits als «Auto der Zukunft» angepriesen. Sollten die Produktionsprobleme dereinst überwunden sein, dann könnte die Rechnung aufgehen.
Sollte das geplante LBO tatsächlich gelingen, dann hätte auch Musk sein Ziel erreicht. Er wäre nicht nur die Shortsellers, sondern auch die lästigen Bankanalysten los. Allerdings, seine neuen Investoren können ebenfalls unerbittlich sein: Kaum waren die Saudis bei Uber eingestiegen, sorgten sie dafür, dass der Firmengründer Travis Kalanick gefeuert wurde.