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China wackelt – und die Weltwirtschaft zittert

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Das waren noch Zeiten: Donald Trump und Xi Jinping schütteln sich die Hände beim Staatsbesuch des US-Präsidenten in China im Herbst 2017. Bild: EPA/EPA
Analyse

China wackelt – und die Weltwirtschaft zittert

Exporte und Importe sind eingebrochen: Chinas Konsumenten machen das Portemonnaie zu. Das ist nicht nur für Apple ein Problem.
14.01.2019, 17:1015.01.2019, 03:43
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Hustet Amerika, hat der Rest der Welt eine Lungenentzündung, heisst es. Diese Küchenökonomie-Weisheit muss ergänzt werden, und zwar wie folgt: Wackelt China, dann zittern alle. China ist nicht nur politisch und technisch eine aufstrebende Supermacht. Es ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden und ist für rund einen Drittel des Wachstums des globalen Bruttoinlandprodukts verantwortlich.

«Weltweit haben sich die Exporte abgeschwächt, und alles deutet auf eine schwächere Nachfrage am Ende von 2018 hin.»
Julian Evans Pritchard

Wirtschaftsprofessoren und Börsenanalysten verfolgen deshalb mit Argusaugen die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft. An den jüngsten Zahlen werden sie keine Freude haben: Im Dezember sind die Exporte um 4,4 Prozent, die Importe gar um 7,6 Prozent eingebrochen. «Der Handelskrieg allein kann diesen Einbruch nicht erklären», sagt Julian Evans Pritchard von Capital Economics in der «Financial Times». «Weltweit haben sich die Exporte abgeschwächt, und alles deutet auf eine schwächere Nachfrage am Ende von 2018 hin.»

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Im Hafen von New York warten Frachtschiffe.Bild: EPA/EPA

Chinas Exportschwäche ist vor allem auch beunruhigend, weil die Strafzölle im vergangenen Jahr noch gar nicht in Kraft waren. Das ist erst seit dem Beginn dieses Jahres der Fall. Der Schwächeanfall kam deshalb für die Experten überraschend. Weil jedoch die Importe noch stärker schrumpften, verharrt der Überschuss der chinesischen Leistungsbilanz auf Rekordhöhe.

Der Rückgang der Importe macht den Experten daher am meisten Bauchweh. «Er geht einher mit einer kontinuierlichen Schwächung der chinesischen Wirtschaft», sagt Louis Kuijs von der Beratungsfirma Oxford Economics. «Wir gehen davon aus, dass das Wirtschaftswachstum sich im vierten Quartal 2018 weiter abgeschwächt hat und auch im neuen Jahr unter Druck ist.»

Und was ist mit der Schweizer Uhrenindustrie?

Diese Botschaft wird auf den Geschäftsleitungs-Etagen der internationalen Konzerne die Alarmglocken läuten lassen. Apple hat bereits eine Gewinnwarnung veröffentlicht, weil die iPhone-Verkäufe in China hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Auch Autohersteller werden die neue Geiz-ist-geil-Mentalität der Chinesen zu spüren bekommen, genauso wie Mode- und Kosmetikhersteller.

Die Schweizer Uhrenindustrie muss mit einer bösen Überraschung rechnen, denn die Verkäufe in den Schmuckgeschäften in Hongkong sind am Boden – und sie gelten als vorlaufender Indikator für die Kauflust der Chinesen im Luxusgütersegment.

Kein Wunder also, ist die Stimmung unter den Ökonomen mies. Wirtschaftswachstums-Prognosen werden rund um den Globus nach unten revidiert. Die Weltbank hat kürzlich vor «Stürmen, die sich über der Weltwirtschaft zusammenbrauen», gewarnt.

Währenddessen wird die Stimmung durch die Ereignisse in den USA verstärkt weiter gedrückt. Die wirtschaftlichen Folgen des rekordlangen Shutdown von Teilen der Regierung sind zwar vernachlässigbar, doch sie erhöhen die Unsicherheit. Kommt dazu, dass im laufenden Jahr die amerikanischen Unternehmen nicht mehr von den Steuergeschenken der Regierung profitieren und ein weiteres Gewinnwachstum ausweisen können.

US-Konsumenten werden vorsichtiger

Die amerikanischen Konsumenten werden ebenfalls vorsichtiger. Zwischen Weihnachten und Neujahr waren die Verkaufszahlen enttäuschend. Angesichts der teils grotesken Kursausschläge an den Börsen ist die Unsicherheit gewachsen. Ebenso hat sich die Haltung der Investoren verändert: Früher waren Kurseinbrüche ein Zeichen für Schnäppchenpreise. Heute sind Kurssteigerungen ein Anreiz für Verkäufe.

Generell wächst das Gefühl, dass wir uns am Ende eines Konjunkturzyklus befinden. Das zeigt auch die jährliche Erhebung der Beratungsfirma Ernst & Young bei den Schweizer Banken. Die Finanzinstitute sind deutlich weniger euphorisch als im Vorjahr. Sorgen bereiten ihnen vor allem die weltweit nach wie vor steigenden Schulden und die geopolitischen Unsicherheiten.

Chinas Fliessbänder geraten immer mehr ins Stocken

Video: srf
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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namib
14.01.2019 17:33registriert März 2018
Das Wachstum der Wirtschaftsleistung in China 2018 entspricht in etwa dem Bruttosozialprodukt der Schweiz, China‘s Wirtschaft legte also 2018 um ein Mal die Schweizer Volkswirtschaft zu! So viel zur Wichtigkeit von China.

Zur Abschwächung der Exporte im Dezember muss erwähnt werden, dass diese im September und im Oktober sehr stark angestiegen sind. Das hängt wohl mit Hamsterkäufen zusammen. Im Wissen, dass künftig zusätzliche Zölle verhängt werden, haben Importeure anderer Länder vorgekauft. Das muss bei der Beurteilung der Zahlen mit einfliessen.
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Mimi Muppet
14.01.2019 18:16registriert Oktober 2018
Wozu auch der endlose Konsum? Übermüllung des Planten, mikroplastik in allen Lebewesen und in den Meeren, Nanopartikel aus Schwermetallen welche wieder der Nahrungskreislauf geraten.

Weniger ist mehr. Weniger Dinge, mehr Leben. 🖖 Habt einen schönen Tag.
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dmark
14.01.2019 18:52registriert Juli 2016
Man muss auch sehen, dass sich China vermehrt auf den Binnenmarkt konzentriert. Die Einkommen steigen und es bildet sich eine kaufkräftige Mittelschicht. Und man bedenke, dass chinesische Ballungszentren schon alleine mehr als die Bevölkerungszahlen der VSA stellen.
Parallel dazu versucht das Land, seine Dollarabhängigkeit zu reduzieren. Seit gut einem halben Jahr wird ein neuer Ölindex in Shanghai gehandelt – in der Landeswährung anstatt in Dollar.
Sicher wird der Handelsstreit mit Trump nicht ganz spurlos vorbei ziehen, aber ich glaube das beeindruckt China nicht sonderlich.
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