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Tesla hebt ab – aber was ist mit den Deutschen?

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Kursfeuerwerk der Tesla-Aktie. Mercedes muss derweil eine Gewinnwarnung vermelden.Bild: shutterstock.com
Analyse

Tesla hebt ab – aber was ist mit den Deutschen?

Elon Musk scheint seine Produktionsprobleme in den Griff zu bekommen. Verpassen Mercedes, BMW und VW den Anschluss an das Elektrozeitalter?
25.10.2018, 13:0825.10.2018, 16:29
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Gestern musste Mercedes eine Gewinnwarnung aussprechen. «Die Autoindustrie und damit auch Daimler befinden sich in einem schwierigen Umfeld», erklärte der abtretende CEO Dieter Zetsche zerknirscht.

Dieter Zetsche, Chairman of the Board of Management of Daimler AG, Head of Mercedes-Benz Cars, speaks at a media preview at the Auto show in Paris, France, Tuesday, Oct. 2, 2018, 2018. (AP Photo/Thiba ...
Muss schlechte Nachrichten verkünden: Daimler-CEO Dieter Zetsche.Bild: AP/AP

Nicht ganz. Auf der anderen Seite des Atlantiks hatte nämlich Stunden zuvor Elon Musk für ein Feuerwerk der Tesla-Aktie gesorgt. In einem Umfeld von teils dramatisch sinkenden Kursen legte das Papier zweistellig zu. Die Investoren freuten sich darüber, dass Tesla erstmals seit langer Zeit einen Quartalsgewinn ausweisen und sehr gute Verkaufszahlen des Model 3 vorlegen konnte. Die Produktionsprobleme scheinen endlich überwunden zu sein.

Auf den ersten Blick ist diese gegensätzliche Entwicklung nicht zu erklären. Trotz Gewinnwarnung erwartet die Autosparte von Daimler Ende Jahr einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro. Bis dato wurden bereits 795’000 Fahrzeuge abgesetzt. Bei Tesla hingegen sind es gerade Mal 53’000 Fahrzeuge und der Quartalsgewinn beträgt 312 Millionen Dollar.

«Wenn man von Benzin oder Diesel zu elektrischem Strom wechselt, ändert der gesamte Aufbau eines Autos.»
Sven Dahrmani

Die Börsen schauen jedoch bekanntlich in die Zukunft, und diese könnte für Tesla und Mercedes & Co. nicht unterschiedlicher aussehen.

Die Tesla-Zukunft

Elon Musk hat seine Psycho-Phase überwunden. Nach dem merkwürdigen Zwischenspiel mit Beschimpfungen an die Adresse von Analysten und nicht vorhandenen Zusagen von arabischen Investoren für ein «leveraged buyout» hat er wieder Tritt gefasst. Mit der US-Börsenaufsicht SEC hat er sich geeinigt. Er wird für drei Jahre als Vorstandsvorsitzender in den Ausstand treten.

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Brummt: Die Tesla-Fabrik in Nevada.Bild: EPA TESLA MOTORS

Weit bedeutender sind seine Pläne in der realen Wirtschaft. Um die nach wie vor boomende Nachfrage zu befriedigen, will Tesla in China Produktionsstätten eröffnen. Gleichzeitig soll der Preis des Model 3 auf von 45'000 Dollar auf 35’000 Dollar sinken. Damit wird der Wegfall der Subventionen kompensiert.

Schliesslich hat Musk versprochen, bald einen neuen Typ, das Model Y, auf den Markt zu bringen. Es handelt sich dabei um ein kompaktes SUV, eine kleinere Version des Model X. Der Durchbruch am Markt scheint gelungen zu sein. In den USA – nach wie vor der wichtigste Markt – sind im letzten Quartal mehr Teslas verkauft worden als Mercedes oder BMWs.

Das ist Elon Musk, einer der erfolgreichsten Unternehmer

Video: srf

Die Zukunft der Deutschen

Die «Financial Times» hat kürzlich einen Artikel über die Aussichten von Mercedes, BMW und Volkswagen veröffentlicht. Sie sehen alles andere als rosig aus. Die Aktienkurse der drei dümpeln seit längerer Zeit im Keller. «Wenn grosse Hersteller so tief bewertet werden, werden sie bald bankrott sein», warnt der auf die Autoindustrie spezialisierte Analyst Max Warburton.

Nach wie vor haben die Deutschen den Diesel-Skandal nicht verdaut. Nicht nur das Image hat gelitten, immer mehr Städte verbannen die Diesel-Autos von ihren Strassen. Herbert Diess, CEO von Volkswagen, spricht bereits von einer tödlichen Bedrohung. «Ein Industrie-Crash kann sich schneller ereignen, als die meisten Menschen es sich vorstellen können. Schaut bloss, was mit der Autoindustrie in Italien und dem Vereinigten Königreich geschehen ist. Sie sind heute praktisch inexistent.»

Verlassene Fabrik in Detroit.
Verlassene Fabrik in Detroit.

Zu Recht verweist Diess auch auf Detroit. Die vormalige Hochburg der amerikanischen Autoindustrie war einst eine der reichsten Städte der Welt. Heute befindet sie sich auf dem Niveau einer Metropole in einem Entwicklungsland.

Die Autoindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Das Auto wird immer mehr zu einem iPhone auf Rädern. Es wird elektrisch, selbstgelenkt, mit dem Internet verbunden und auch immer öfters mit anderen geteilt. Die traditionellen Autobauer sind nur bedingt in der Lage, diese Entwicklung mitzumachen.

«Wenn man von Benzin oder Diesel zu elektrischem Strom wechselt, ändert der gesamte Aufbau eines Autos», sagt Sven Dharmani vom Zulieferer EY. «Die Supply Chain ändert sich vollkommen. Deshalb werden ganze Fabriken obsolet.»

Diesen radikalen Wandel schaffen möglicherweise Quereinsteiger besser als die traditionellen Hersteller. Gut möglich daher, dass die Deutschen bald nicht mehr bloss die Konkurrenz von Tesla abwehren müssen. Tencent, Alibaba, Google und Apple, allen werden entsprechende Pläne nachgesagt. In England ist der legendäre Erfinder James Dyson ebenfalls ins Elektroauto-Business eingestiegen.

FILE - In this Wednesday, Sept., 14, 2011 file photo, Inventor James Dyson launches the Dyson DC41 Ball vacuum and the Dyson Hot heater fan on in New York. Dyson, the British company best known for in ...
Will ebenfalls Elektroautos bauen: James Dyson.Bild: AP/AP Images

Die Deutschen sind unbestritten hervorragende Ingenieure. Vielleicht scheitern sie jedoch nicht an der Hardware, sondern an ihrer Psychologie. Zwar verkünden alle drei führenden Hersteller lauthals, wie wichtig das Elektroauto für sie geworden sei. Doch irgendwie kauft man es ihnen nicht ab.

Das Feuer und die Begeisterung fehlen. «Elon Musk ist getrieben von der grossen Vision, die Welt von der Erdöl-Sucht zu befreien», stellt die «Financial Times» fest. «Die Deutschen stellen Elektroautos vor, um die Regeln der EU einhalten zu können.»

Elon Musk schickt ersten Tesla durch seinen Tunnel

Video: watson/nico franzoni
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138 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
25.10.2018 13:20registriert April 2016
Die aktuelle PR-Kampagne für den Dieselmotor von BMW zeigt es schonungslos auf: In Deutschland wurden die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt.
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Repplyfire
25.10.2018 13:58registriert August 2015
Die deutschen Autofabrikanten drohen bereits wieder mit dem Verlust von Arbeitsplätzen wenn man weiter zum eAuto tendiert und Emissionsgrenzwerte setzt. Zum Glück ist der PW Markt in weiten Teilen der Welt keine Planwirtschaft. Der Kunde wünscht Innovation und gute, zeitgemässe Produkte. Wer heute noch auf den Verbrennungsmotor setzt soll mal bei Nokia nachfragen wie rasch der plötzliche Abstieg erfolgen kann. Und bitte, die überteuerten pseudo eAutos ECQ und E Golf sind Armutszeugnisse. Auch dass BMW noch immer beim i3 feststeckt kann ja nicht ihr Ernst sein
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Sarkasmusdetektor
25.10.2018 13:35registriert September 2017
Was soll an dieser Entwicklung schwer zu erklären sein? Tesla IST das "schwierige Umfeld" für Daimler.
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