Was im Finanzjargon «Put» genannt wird, ist für Laien eine Art Versicherung. Mit einem Put kauft man sich die Sicherheit, dass ein Vermögenswert nicht unter ein festgelegtes Niveau sinkt.
In den Nullerjahren sprach man in der Finanzwelt von einem «Greenspan-Put». Der damalige Präsident der US-Notenbank, Alan Greenspan, pflegte regelmässig die Zinsen zu senken, wenn die Börsen wacklig wurden. Damit verhinderte er einen Crash und sicherte die Investoren ab.
Heute spricht man von einem «Trump-Put». Der US-Präsident sorgt zwar mit Drohungen permanent für Aufregung. Er setzt sie jedoch nicht oder bloss in stark abgeschwächter Form in die Realität um: So hat er den Freihandelsvertrag mit Kanada und Mexiko nicht aufgekündigt, sondern bloss ein paar harmlose Retouchen angebracht. Die Strafzölle auf Autos sind bisher eine Drohung geblieben.
Die Investoren haben sich mittlerweile an den Trump-Put gewöhnt. Deshalb reagierten sie bisher gelassen auf die präsidialen Tweets, die höhere und ausgedehnte Strafzölle für chinesische Importe ankündigten.
Doch nun hat Trump ernst gemacht: Seit Mitternacht müssen chinesische Importe in der Höhe von 250 Milliarden Dollar neu mit 25 statt wie bisher mit 10 Prozent verzollt werden. Das betrifft rund 40 Prozent aller chinesischen Güter, welche die USA importieren.
Trump wäre allerdings nicht Trump, hätte er sich nicht eine Hintertür offen gelassen. Die Erhöhung der Strafzölle tritt zwar sofort in Kraft, betroffen sind jedoch die Güter, die nun verschifft werden. Da die Schiffsreise über den Pazifik rund 30 Tage dauert, kann in dieser Zeit noch ein Deal abgeschlossen werden.
Trump hat denn auch angedeutet, dass es allen Drohungen zum Trotz noch zu einer Einigung kommen könnte. Der chinesische Präsident Xi Jinping habe ihm einen «schönen Brief» zukommen lassen, liess er die Journalisten wissen.
Wohl deshalb vertrauen die Investoren weiter auf den Trump-Put. Die Reaktionen an den Finanzmärkten sind bisher moderat ausgefallen. Doch das Vertrauen in den Trump-Put könnte sich diesmal rächen. Eine Einigung in letzter Minute ist zwar immer noch möglich, aber alles andere als sicher. Dafür gibt es zwei Gründe:
Beide Präsidenten sind Narzissten. Das gilt nicht nur für Trump. Seit Mao Zedong ist Xi Jinping der mächtigste Mann in China. Er hat die Partei gesäubert und umgibt sich mit Speichelleckern. In der «Financial Times» stellt Jamil Anderlini fest:
Die amerikanische Seite verlangt von den Chinesen offenbar, dass sie Gesetze verändern. Damit trifft sie nicht nur den Stolz des Präsidenten, sondern den Stolz der ganzen Nation. Wang Yong, Direktor des Center for International Political Economy an der Peking University, erklärt in der «New York Times»:
In seinem Wahlkampf hat Trump den Handelskrieg gegen China nebst der Mauer zu seinem zentralen Versprechen gemacht. Er bekommt dabei breite Unterstützung. Selbst die Demokraten wollen die unfairen Praktiken der Chinesen unterbinden. Mit seinen aggressiven Tweets macht der amerikanische Präsident es seinem chinesischen Gegenpart sehr schwer, einem Deal zuzustimmen, ohne dabei sein Gesicht zu verlieren.
Im Handelskrieg zwischen China und den USA geht es jedoch um mehr als die überzüchteten und hochsensiblen Egos der beiden Präsidenten. Die Wirtschaftsehe der beiden Nationen ist wohl unrettbar zerbrochen.
Noch vor ein paar Jahren war «Chimerica», die harmonische Verbindung der beiden Supermächte, ein beliebtes Thema unter Ökonomen. Heute diskutieren Politologen darüber, ob ein Krieg der beiden langfristig unausweichlich sei und ob die Falle des Thukydides erneut zuschnappen werde.
Thukydides war ein griechischer Historiker, der aufgrund des Schicksals von Athen und Sparta die These aufstellte, dass es zwischen einer bestehenden und einer aufstrebenden Macht zwangsläufig zu einem Krieg kommen muss.
Ob die geopolitische Rivalität nur mit einem Krieg beendet werden kann, wird sich weisen. Wirtschaftlich ist die Scheidung der beiden bereits im Gang. Amerikanische Unternehmen verlegen ihre Produktionsstätten zunehmend in andere Länder, beispielsweise Vietnam oder Mexiko. Umgekehrt sind die chinesischen Investitionen in den USA massiv rückläufig, genauso wie die Anzahl der chinesischen Studenten an amerikanischen Universitäten.
Scheidungen laufen selten harmonisch ab. In der Wertschöpfungskette der globalen Wirtschaft spielt China eine zentrale Rolle. Wird diese Kette gekappt, dann wird dies nicht ohne massive Störungen über die Bühne gehen. Die allfälligen Folgen werden heftig sein.
Es ist die übliche "Teile und Herrsche"-Methodik und -Rhetorik, die uns da einmal mehr serviert wird.
Ich hoffe, dass die Weltbevölkerung irgendwann so schlau sein wird, dass sie nicht mehr auf "Star Wars auf Erden" reinfällt...
Ob die geopolitische Rivalität nur mit einem Krieg beendet werden kann, wird sich weisen.
(Löpfe)
Löpfe schliesst einen Krieg zwischen den USA und der Volksrepublik China nicht aus.
Bemerkenswert.
Ich kann mir einen rein konventionellen Krieg zwischen Grossmächten nicht vorstellen.