Wenn sich Donald Trump und Xi Jinping Ende nächster Woche in Buenos Aires treffen, wird alles gut. Der amerikanische und der chinesische Präsident werden wie einst in Mar-a-Lago zusammen das «schönste Stück Schokokuchen der Welt» essen und dann einen Deal beschliessen, der die Spannungen der letzten Monate vergessen lässt.
Das zumindest erhoffen sich Wirtschaftsvertreter und Investoren sehnlichst. Sie haben gute Gründe dafür. Schliesslich ist der schwelende Konflikt zwischen der bestehenden und der aufstrebenden Supermacht mitverantwortlich für den Absturz der Tech-Aktien in den letzten Wochen und die Klagen über rückläufige Aufträge der Zulieferer von Apple & Co.
Sollten also Trump und Xi die Friedenspfeife rauchen, dann wäre der Spuk fürs Erste vorüber. Doch ein Mann hat etwas dagegen. Er heisst Robert Lighthizer und ist Handelsbeauftragter in der Regierung von Donald Trump. Der 71-Jährige hat eine lange Karriere als Handelsattaché hinter sich und einen Ruf zu verteidigen: Er ist ein erklärter Hardliner und ein Gegner des Freihandels. «China stiehlt unsere Technologie», erklärte er jüngst in einem Interview mit Fox News. «Wenn wir unsere Innovation nicht verteidigen können, verlieren wir unseren Vorsprung.»
Lighthizer hat generell Mühe mit den Asiaten. Schon in den Achtzigerjahren feilschte er als stellvertretender Handelsbeauftragter in der Regierung von Ronald Reagan mit den Japanern um Importquoten und Strafzölle. «Er betrachtet China als eine existenzielle Bedrohung wie damals die Japaner», erklärt ein Insider der «Financial Times». «Er will lieber den technischen Aufstieg Chinas bremsen als einen Deal für die amerikanische Wirtschaft abschliessen.»
Deals mit den Chinesen steht Lighthizer skeptisch gegenüber. Ein anderer Geschäftsmann drückt sich wie folgt aus: «Er macht keinen Hehl daraus, dass in seinen Augen der Dialog mit den Chinesen nicht funktioniert hat.» Quinn Slobodian, Geschichtsprofessor am Wellesley College, ergänzt dazu: «Lighthizer glaubt, dass sich die Chinesen nie ändern werden.»
Wie Lighthizer ist auch Peter Navarro, ein wirtschaftlicher Berater des Präsidenten, ein China-Hardliner. Doch Navarro ist ein Ökonom von zweifelhaftem Ruf und ein Ideologe. Lighthizer hingegen ist ein Diplomat mit viel Erfahrung und grossem Fachwissen. Er war in der Regierung von Ronald Reagan und er kennt die Welthandelsorganisation in- und auswendig.
«Er weiss, wovon er spricht, und er bringt viel Substanz in die Ideologie des Präsidenten», zitiert die «Financial Times» einen ausländischen Handelsabgeordneten, der kürzlich mit ihm zu tun hatte. «Er ist ein Mann, der einen Plan hat und auch über das nötige Wissen verfügt.»
Lighthizer stammt aus dem Bundesstaat Ohio, einem Staat aus dem sogenannten «rust belt». So werden die Regionen bezeichnet, in denen die alten Industrien am meisten unter der Konkurrenz aus Fernost leiden. Kein Wunder, dass der Hardliner dort auch bei Demokraten und Gewerkschaften seines Heimatstaates beliebt ist. Senator Sherrod Brown erklärt denn auch bewundernd: «Die Gemeinden in Ohio haben erlebt, wie Stahlwerke geschlossen wurden und Jobs verloren gingen. Jetzt schlagen wir zurück.»
Gegenwärtig ist China in den US-Medien omnipräsent – und es hat keine gute Presse. Kurt M. Campbell und Ely Ratner haben soeben im renommierten Magazin «Foreign Affairs» eine Abrechnung mit den Illusionen der amerikanischen Politik bezüglich China veröffentlicht. Weder Zuckerbrot noch Peitsche habe zum erhofften Resultat geführt, so die beiden China-Experten. «China hat stets seine eigenen Interessen verfolgt und die amerikanischen Erwartungen zunichtegemacht.»
Trotz Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation hat China seinen Markt für Ausländer nicht geöffnet. Im Gegenteil, in jüngster Zeit haben die Restriktionen eher zugenommen. Auch die lange verbreitete Hoffnung, China werde im Zuge der neuen Wirtschaftsordnung demokratischer werden, hat sich zerschlagen. «China gleitet unaufhörlich zurück in ein politisches Klima, das an Mao Zedong in den 1970er Jahren erinnert und nicht an die Politik von Deng Xiaoping in den 1980ern», stellt der China-Experte Orville Schell fest.
Die USA hatten darauf gesetzt, dass China zu einem zuverlässigen Partner in der Welthandelsorganisation wird. Fehlanzeige. Stattdessen verfolgt Peking mit dem Belt-and-Road-Projekt seine eigenen Interessen.
In Washington hatte man auch darauf gehofft, dass China seine militärischen Aktivitäten zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung zurückstellen würde. Ebenfalls Fehlanzeige. Chinas Volksbefreiungsarmee ist im Begriff, zur grössten Rivalin der amerikanischen Streitkräfte zu werden.
Deng Xiaoping hatte einst geraten, China solle seine Möglichkeiten bedeckt halten und abwarten. Von dieser Bescheidenheit will Präsident Xi nichts mehr wissen. Schon vor Jahresfrist hat er am Parteitag der Kommunistischen Partei stolz erklärt: «Die chinesische Nation ist wiederauferstanden, und sie wird reich und mächtig werden.»
Die beiden Politologen Campbell und Ratner kommen daher zu einem ähnlichen Schluss wie Lighthizer: «Wir sollten unsere Politik auf realistische Annahmen gegenüber China aufbauen», stellen sie fest. «Das würde die US-Interessen voranbringen und die bilateralen Beziehungen auf eine nachhaltigere Basis stellen. Das wird viel Arbeit bedeuten, aber zuerst müssen wir erkennen, wie gross die Kluft zwischen unseren Erwartungen und den Resultaten unserer bisherigen Politik ist.»