Wirtschaft
Credit Suisse

Was bedeutet die US-Bankenkrise für den Finanzmarkt der Schweiz?

Security guards let individuals enter the Silicon Valley Bank's headquarters in Santa Clara, Calif., on Monday, March 13, 2023. The federal government intervened Sunday to secure funds for deposi ...
Bild: keystone

Die US-Banken wanken – wie sieht es in der Schweiz aus?

In den USA ist die Silicon Valley Bank in Konkurs gegangen. Nun fürchtet man den Anfang einer neuen Finanzkrise. Welche Auswirkungen hat der Konkurs auf die Schweiz und was bedeutet er für Privatpersonen?
14.03.2023, 16:5815.03.2023, 07:59
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Am Freitag musste die Silicon Valley Bank (SVB) Insolvenz anmelden. Der Kollaps der Bank führt derzeit zu Ängsten an den Märkten und bei Privatpersonen. Ist das der Anfang einer neuen Finanzkrise? Ist mein Geld auf der Bank noch sicher? Und könnte ein Banken-Kollaps dieser Art auch in der Schweiz geschehen?

Hat das Chaos in den USA Auswirkungen auf die Schweiz?

Weltweit sind am Montag die Börsenkurse gesunken, vor allem die Aktien von Banken. So zum Beispiel die Aktie der schon arg angeschlagenen Credit Suisse (CS), die an einem Tag rund 12 Prozent an Wert verlor. Auch am Dienstag ging die Talfahrt des CS-Wertpapiers weiter – minus 5 Prozent bis zum Mittag.

Laut dem Beobachter-Experten Martin Müller betreffen solche Schwankungen und Krisen indirekt alle, die an der Börse investiert sind – und das sind praktisch alle, zumindest indirekt über ihre Pensionskasse. Diese besitzen in der Regel aber «ein breites diversifiziertes Portfolio, sodass die Verluste aktuell verkraftbar scheinen».

Gemäss Müller muss man sich hierzulande zurzeit keine grossen Sorgen machen. Trotzdem könne die Gefahr einer globalen Finanzkrise nicht gänzlich ausgeschlossen werden: «Möglich ist auch, dass der Bund sehr viel Geld in Rettungsaktionen für absturzgefährdete Banken investiert», so Müller.

Inwiefern die Schweiz vom Kollaps betroffen ist, ist schwer zu sagen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) äussert sich bisher nicht zu den Auswirkungen auf die Schweiz. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA will zum Kurszerfall der CS-Aktien und zum Zustand der Bank ebenfalls keine Stellungnahme geben, berichtete die Nachrichtenagentur AWP.

Credit Suisse: Was passiert als Nächstes?

Kundinnen und Kunden der CS müssen aktuell nicht befürchten, ihr Erspartes zu verlieren. Denn die Schweizer Einlagensicherung gilt bis maximal 100'000 Franken – allerdings pro Kunde, nicht pro Konto. Sollte die CS aber noch ernsthaftere Schwierigkeiten bekommen, ist davon auszugehen, dass in der Schweiz der Staat eingreifen würde, also das Argument des «Too big to fail» eintreten würde. Die CS ist schliesslich eine Grossbank der Schweiz und der volkswirtschaftliche Schaden wäre enorm.

Was bedeutet «Too big to fail»?
Während der globalen Finanzkrise 2008 sahen sich mehrere Staaten und Regierungen gezwungen, in Not geratene Banken zu retten. Denn ein Ausfall der Banken führt zu enormen Schäden der Volkswirtschaft und erheblichen Verwerfungen im Finanzsystem. Als «Too big to fail» beschreibt man Finanzinstitute, die aufgrund ihrer Grösse sowie Vernetzung mit dem Finanzsystem und der Volkswirtschaft vom Staat nicht fallen gelassen werden können. Eine Rettung durch den Staat (auf Englisch «Bail-out» genannt) ist allerdings problematisch, denn die fiele zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aus. Nebenbei führt die Annahme, dass der Staat im Krisenfall Banken ab einer bestimmten Grösse retten wird, zu Wettbewerbsverzerrung und potenziellen Fehlanreizen.

Warum ist der Aktienkurs der Credit Suisse eingebrochen?

Der hohe Kursverlust der Credit-Suisse-Aktien am Montag ist darauf zurückzuführen, dass die Bank «angeschossen» ist, erklärt Guido Versondert, Kreditanalytiker des Zürcher Research-Unternehmens Independent Credit View, gegenüber der NZZ. Auch Plassard sieht den SVB-Kollaps nicht als direkten Grund für die Verluste der CS-Aktie am Montag: «Das Problem der Credit Suisse ist ein anderes, denn die Bank litt schon vor der SVB-Affäre unter dem mangelnden Vertrauen der Anleger.»

Aber verloren hat die CS so oder so. Auch das Vertrauen ihrer Kundschaft. 2022 hatte sie ein unglaublich schlechtes Jahr. Sie häufte mehr als 7 Milliarden Franken an Verlusten an und verlor in drei Monaten über 110 Milliarden Franken an Kundengeldern. Als nun die SVB Konkurs anmeldete, stellten sich auch hier viele die Frage: Ist mein Geld noch sicher bei einer Bank, die in den letzten Jahren viele Skandale hatte?

Ist ein Kollaps auch in der Schweiz möglich?

Dass ein Kollaps, wie wir ihn derzeit in den USA sehen, auch in der Schweiz möglich wäre, ist nicht ausgeschlossen. Konkrete Anzeichen für eine existenzbedrohende Krise gibt es jedoch nicht. Mohamed El-Erian, Finanzmarkt-Urgestein im Dienste der Allianz, sagt gegenüber der «NZZ»: «Es gibt zwar immer die Gefahr einer Bankenkrise, doch gehe ich davon aus, dass diese viel niedriger ist als 2008.» Die Banken hätten mehr Kapital, die Risiken in ihren Bilanzen seien generell abgebaut worden und die Regulierung sowie die Überwachung seien stärker.

Was bei der SVB speziell war, war ihre Kundschaft. Sie war die bevorzugte Bank für Start-ups und KMUs aus der Tech-Industrie. Sie war also in einer Nische tätig. Das Vermögen ihrer Firmenkunden lag weit über den von der staatlichen Einlagensicherung abgesicherten 250'000 Dollar.

Könnte der Kollaps der SVB doch gefährlich für europäische Banken werden?

Auch hier gilt ein Übergreifen auf die europäischen Banken zum jetzigen Zeitpunkt als unwahrscheinlich. Denn in der Schweiz wäre der Anstieg von so hohen Zinsen gar nicht möglich. Trotzdem ist ein Banken-Kollaps in Europa nicht völlig auszuschliessen.

Suzanne Ziegler, Bankenprofessorin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, sagt gegenüber der «NZZ», viele Banken hätten in der Niedrigzinsära in risikoreiche Wertpapiere investiert, um rentabel zu bleiben. «Was jetzt passiert, ist ein Klassiker. Wenn die Zinsen tief sind, sagen alle, ihre Risiken seien abgesichert. Doch die Realität zeigt, dass dies oft nicht der Fall ist.» Das grosse Problem bei Bankenkrisen sei immer, dass der Kunde oder die Aktieninhaberin nicht wisse, ob die eigene Bank ähnliche Risiken in ihren Büchern habe.

Doch zurzeit sei wohl das verlorene Vertrauen in die Banken das grösste Risiko. In der Finanzkrise 2008 trat das Problem mangelnden Vertrauens zunächst bei amerikanischen Subprime-Hypotheken auf. Das sind Kredite, die in den USA an Schuldner mit geringer Bonität vergeben wurden. Die Auswirkungen waren aber bald auch in Europa und Asien zu spüren.

(oee)

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Ölpreise geben nach

Die Ölpreise sind am Montag trotz hoher Spannungen im Nahen Osten mit Abschlägen in die Woche gestartet. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni kostete am Morgen 86.45 US-Dollar. Das waren 84 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Mai fiel um 81 Cent auf 82,33 Dollar.

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