Spotify geht an die Börse und macht alles etwas anders als Facebook, Dropbox und Co. Spotify wird mittels einer Direktplatzierung zum börsennotierten Unternehmen, bei der der übliche, von Banken organisierte Preisbildungsprozess im Vorfeld wegfällt.
Schon vor der Börsensause machte allerdings die New Yorker Börse etwas anderes: Sie hisste die falsche Flagge. Statt des schwedischen Blau-Gelb leuchtete das weisse Kreuz auf rotem Grund den Passanten entgegen.
Schon bald machten die ersten Bilder des Fauxpas die Runde.
Anyone got a good “going public playlist?” #Spotify #spotifyipo pic.twitter.com/6lRDuMMYHP
— Morning Brew (@MorningBrew) 3. April 2018
Wurde offenbar nach kurzer Zeit ausgewechselt pic.twitter.com/XmwJM4dbMH
— Gabriel Vetter 🐳 (@gabrielvetter) April 3, 2018
We hope everyone enjoyed our momentary ode to our neutral role in the process of price discovery this morning
— NYSE (@NYSE) 3. April 2018
Aber wieder zurück zur Sache: Der ungewöhnliche Weg des schwedischen Musikstreaming-Dienstes an die Börse könnte je nach Erfolg viele Nachahmer finden. «Jeder wird schauen, was mit Spotify passiert», sagt Professor John Coffee von der Columbia Law School.
Und die Beobachter sahen, wie der Kurs der Aktie auf 165,90 Dollar eröffnete. Als Richtwert für Anleger hatte die US-Börse Nyse den Referenzkurs für Spotify-Titel auf 132 Dollar festgesetzt.
Bei der von Spotify gewählten Direktplatzierung gibt es weder eine Werbetour bei Investoren, um die Aktien anzupreisen, noch eine Zeichnungsfrist oder einen Ausgabepreis, der ermittelt wird. Dieser Weg ist preiswert und spart Zeit, ist aber auch mit Risiken verbunden.
Es ist das erste Mal, dass dies an der New York Stock Exchange (Nyse) überhaupt passiert. Beobachter gehen davon aus, dass andere Unternehmen auch auf den Geschmack kommen könnten, per Direktplatzierung an die Börse zu gehen. Interessant könnte der Weg vor allem für Unternehmen sein, die über eine bekannte Marke verfügen, und auch deswegen auf eine Roadshow im Vorfeld eines Finanzmarktdebüts verzichten können.
Zu möglichen Anwärtern zählen die am Privatmarkt bereits teuer gehandelten Mitfahrdienste Uber und Lyft. «Das ist ein grosser Moment für die Wagniskapital-Industrie», sagte der Partner des Finanzinvestors Felix Capital, Frederic Court. Die Direktplatzierung werde Milliarden freisetzen, die an die Investoren zurückgingen und damit letztlich auch mehr Kapital nach Europa brächten.
Da Spotify auf einen klassischen Börsengang verzichtet, muss das Unternehmen auch ohne die normalerweise gängigen Schutzmechanismen von Konsortialbanken auskommen, die einen Absturz der Aktien verhindern. Beobachter rechnen deswegen damit, dass sich die Notierung zu einer Achterbahnfahrt auswachsen dürfte, bis sich der Aktienpreis einmal einpendelt.
Einen Ausgabepreis vorab - wie sonst üblich - für das mit rund 20 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen gab es nicht. «Die Direktplatzierung wird dem Unternehmen Geld sparen, aber es wird wahrscheinlich zu Volatilität führen, wenn der Handel startet, weil der Markt erst noch einen verträglichen Preis finden muss», schrieb Analyst Laith Khalaf vom Finanzberater Hargreaves Lansdown.
In jüngster Zeit sind mit dem Facebook-Konkurrenten Snap, HelloFresh-Wettbewerber Blue Apron und dem Cloudanbieter Dropbox einige bekannte Startups in den USA den traditionellen Weg an die Börse gegangen - mit ganz unterschiedlichem Erfolg. Während die Dropbox-Aktie am ersten Handelstag um mehr als 35 Prozent kletterte, sieht es für den Kochbox-Anbieter Blue Apron gar nicht gut aus.
Der Börsenwert ist von einstmals 2.5 Milliarden Dollar auf weniger als 400 Millionen Dollar geschrumpft. Ähnlich wie die Snapchat-Mutter Snap konnte Blue Apron die hochgesteckten Erwartungen der Anleger nicht erfüllen. Ob sich künftig mehr Unternehmen für eine Direktplatzierung statt für einen Börsengang entscheiden, hängt wohl einzig und allein von Spotify ab. (sda/reu)