Ohne grosses Aufsehen zu verursachen, hat Valora-Chef Michael Mueller in Deutschland einen Coup gelandet. Der Kioskkonzern ist mit dem US-Onlinewarenhaus Amazon (Umsatz: 178 Milliarden Dollar) eine Kooperation eingegangen. Dies schreibt Amazon in seinem Firmenblog.
Seit einigen Tagen ist der Dienst «Amazon vor Ort aufladen» an 800 Verkaufsstellen der Valora-Formate erhältlich wie k kiosk, Press & Books und Avec, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigt. Noch vor rund drei Wochen wollte sich Michael Mueller an der Valora-Jahrespressekonferenz nicht in die Karten blicken lassen, bei der Frage, ob Valora auch Gespräche mit Amazon führe. Nun ist der Deal Tatsache.
Beim sperrigen Namen «Amazon vor Ort aufladen» handelt es sich um den in den USA bekannten Dienst «Amazon Cash». Dabei können Kunden bei Geschäften Bargeld auf ihr virtuelles Amazon-Konto laden und dieses danach für den Online-Einkauf verwenden. Das Angebot richtet sich insbesondere an Kunden, die ihre Bankdaten und Kreditkarteninformationen dem Handelsriesen nicht preisgeben wollen.
Dieses Projekt allein dürfte kaum der wirklich grosse Kunden-Magnet für Valora sein, und vorerst ist es nur in Deutschland auf dem Markt. Doch es ist mehr als das. Denn damit hat Valora mit Sitz in Muttenz BL einen Fuss in die Amazon-Türe bekommen und bringt sich so in gute Position, um weitere Kooperationen aufzugleisen, nicht zuletzt im Hinblick auf den bevorstehenden Markteintritt in die Schweiz. Ein weiterer Vorteil aus Valora-Sicht ist das Interesse der SBB am US-Konzern.
So sagte SBB-Immobilienchef Jürg Stöckli vor einem Jahr in dieser der «Aargauer Zeitung»: «Wir möchten gerne Amazon in der Schweiz und bei uns in den Bahnhöfen haben.» Dies ist insofern brisant, als die SBB kürzlich bekannt gaben, ihre Mietverträge für 265 Geschäfte an ihren Bahnhöfen per 2021 neu auszuschreiben.
Mehr als 200 davon sind heute von Valora belegt. Mit Amazon als Partner dürfte CEO Michael Mueller mit mehr Selbstvertrauen in die Verhandlungen mit den Bundesbahnen gehen.
Denn wenn Amazon sein Sortiment für die Schweizer Kunden stärker öffnet, bietet dies dem stationären Detailhandel die Möglichkeit, seine Filialen dem US-Händler als Abholstationen für die Pakete anzupreisen. Den genauen Starttermin für die hiesige Offensive hat Amazon noch nicht kommuniziert.
Im März gab die Post aber bekannt, dass man mit Amazon einen Vertrag unterzeichnet hat. Päckli des US-Konzerns würden künftig digital verzollt und gelangen als Lastwagenladung direkt ins Paketzentrum Daillens VD oder Urdorf ZH.
Bisher wurden die Amazon-Pakete einzeln an der Grenze verzollt. Vorerst handelt es sich noch um eine Testphase. Branchenkenner rechnen aber damit, dass Schweizer bald aus dem gesamten Amazon-Sortiment von rund 300 Millionen Artikeln bestellen. Zudem sollte die Lieferung schneller gehen und der Preis bereits bei der Bestellung im Internet die Mehrwertsteuer und Importkosten beinhalten.
Dass das Shopping auf ausländischen Portalen bei der Schweizer Kundschaft an Bedeutung gewinnt, zeigte zuletzt eine Studie des Verbands Schweizerischer Versandhandel (VS), des Marktforschungsunternehmens Gfk und der Schweizerischen Post. Demnach haben allein im vergangenen Jahr 23 Prozent mehr Schweizer Pakete aus dem Ausland bestellt als noch 2016. (aargauerzeitung.ch)