Wladimir Putin, Kim Jong Un und Recep Erdogan gehören bereits zum Freundeskreis von Donald Trump. Jetzt darf sich auch Ungarns Hardliner Viktor Urban in diese erlauchte Gesellschaft einreihen.
Trump bewundert ihn nicht nur, gemäss Aussagen des amerikanischen Botschafters in Budapest, David Cornstein, beneidet er ihn sogar. «Ich kenne Trump nun schon 25 oder 30 Jahre», hat Cornstein dem Magazin «The Atlantic» anvertraut. «Er hätte noch so gerne die gleichen Bedingungen wie Orban, aber er hat sie nicht.» Cornstein ist ein 81-jähriger reicher Juwelier und langjähriger Vertrauter von Trump.
Weniger beliebt ist Orban bei Trumps Mitarbeiterstab im West Wing. Mit allen Mitteln wurde dort versucht, einen Besuch des ungarischen Hardliners im Weissen Haus zu verhindern. Selbst John Bolton, der inzwischen gefeuerte Sicherheitschef und notorische Kriegstreiber, sperrte sich dagegen. Zu gross schien ihm das Reputationsrisiko.
Trotzdem wurde Orban am 13. Mai im Oval Office vom Präsidenten empfangen. Er nutzte die Stunde und zog gegen die Ukraine und den frisch gewählten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vom Leder. Das berichten die «New York Times» und die «Washington Post» übereinstimmend.
Orban ist ein erklärter Fan von Russlands Präsident Putin. Dem prowestlichen Kurs der ukrainischen Regierung steht er hingegen skeptisch gegenüber. Zudem gibt es zwischen Budapest und Kiew einen nach wie vor schwelenden Konflikt wegen einer ungarischen Minderheit in der Ukraine.
Bei seinem Auftritt vor dem Intelligence Committee des Abgeordnetenhauses hat George Kent, ein stellvertretender Sekretär des Aussenministeriums, offenbar ausgesagt, dass Orban Trump gegen Selenskyj aufgehetzt und die Ukraine generell verunglimpft hat. Er soll damit die Anti-Ukraine-Kampagne von Rudy Giuliani gestärkt und massgeblich zum ominösen Telefongespräch zwischen Trump und Selenskyj am 25. Juli beigetragen haben.
Eine entscheidende Rolle hat auch Stabschef Mick Mulvaney gespielt. Er hat Orbans Besuch im Weissen Haus gegen den Rat von Bolton und Mitarbeitern des Aussenministeriums durchgeboxt.
Mulvaney ist jedoch inzwischen selbst mächtig in die Bredouille geraten. An einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Pressekonferenz hat er vor laufendenden TV-Kameras zugegeben, dass es beim besagten Telefongespräch tatsächlich zu einem quid pro quo gekommen sei und dass Trump Selenskyj gedroht habe, die 400 Millionen Dollar Militärhilfe nur freizugeben, wenn die Ukraine Ermittlungen in Sachen Server des Hauptquartiers der Demokraten aufnehmen werde.
Hinter der Servergeschichte steckt eine abstruse, längst widerlegte Verschwörungstheorie, wonach nicht Russland, sondern die Ukraine hinter den Hackerangriffen auf die US-Wahlen im Jahr 2016 gesteckt habe.
Nach dieser Pressekonferenz hat Mulvaney vergeblich versucht, die Aussagen wieder zurückzunehmen. In einem Interview mit Chris Wallace auf Fox News verhedderte er sich jedoch derart in Widersprüche, dass es selbst dem grössten Trump-Speichellecker Sean Hannity den Hut lupfte. «Was redet Mulvaney daher», tobte der Fox-News-Starmoderator. «Er ist ganz einfach dumm. Das denke ich wirklich.»
Seit die Ukraine-Affäre geplatzt ist, steht Trump arg im Gegenwind. Der überhastete Rückzug der amerikanischen Truppen aus Nordsyrien hat selbst viele Republikaner verärgert und den Ruf der USA als verlässlicher Partner nachhaltig beschädigt.
In Sachen Veranstaltungsort des G7-Treffens im kommenden Juni musste der Präsident ebenfalls zurückrudern. Die Staatsoberhäupter sollen nun nicht mehr wie ursprünglich angekündigt in Dorsal, einem zum Trump-Imperium gehörenden Golfresort bei Miami, zusammenkommen. Der offensichtliche Verstoss gegen die Emolument-Klausel der Verfassung wurde ebenfalls von weiten Teilen der Grand Old Party nicht goutiert.
Inzwischen hat das «Wall Street Journal» auch neue Bilder von Lev Parnas und Igor Furman veröffentlicht. Sie zeigen, dass sich die beiden vor rund zwei Wochen verhafteten Geschäftsleute mit sowjetischem Hintergrund öfter als bisher zugegeben mit Giuliani und der Trump-Familie getroffen haben. Sogar ein persönliches Dankesschreiben des Präsidenten ist aufgetaucht.
All dies setzt Trump sichtbar zu. Obwohl seine wirren Auftritte und Tweets mittlerweile zum Tagesgeschäft gehören, hat er sich gestern selbst übertroffen. In einer öffentlichen Kabinettssitzung prahlte er damit, dass er, und zwar nur er, eigenhändig den IS besiegt habe. Er stellte absurde Vergleiche über angebliche Geschäfte von George Washington her und erklärte die Emolument-Klausel in der Verfassung für gefälscht.
Derweil bereiten die Demokraten unter der Führung von Nancy Pelosi zielstrebig das Impeachment gegen den Präsidenten vor. Sie werden sich auf die Ukraine-Affäre konzentrieren. Die Faktenlage ist inzwischen so klar, dass sie gute Chancen haben, die amerikanische Öffentlichkeit – und zunehmend auch einzelne Republikaner – davon zu überzeugen, dass der Präsident tatsächlich «high crimes and misdemeanors» begangen hat.
Recht extrem und entlarvend ist es auch, dass die leider immer noch grösste Partei unseres Landes solches Verhalten auch noch toll findet.
Trump liebt Autokraten und Diktatoren, weil er selbst gerne einer wäre.
Dass Orban ihn aufgehetzt hat, nun damit hätte ich nicht gerechnet.
Aber jeder Autokrat, der ein wenig intelligenter ist als Trump, kann diesen Vollpfosten steuern.