Am Montag ging der Staatsanwalt sofort zur Sache. Kaum hatte Rick Gates den Zeugenstand betreten, fragte er ihn: «Waren sie zusammen mit Mister Manafort an kriminellen Aktivitäten beteiligt?». Die Antwort war ebenso kurz wie klar: «Ja.»
Was sich hier in einem Gerichtssaal in Alexandria (US-Bundesstaat Virginia) abgespielt hat, ist mehr als juristisches Theater. Es könnte zum Wendepunkt in der endlosen Russlandaffäre werden: Zum ersten Mal hat nämlich ein ehemaliges Mitglied des Wahlkampfteams von Donald Trump vor einem Richter und Geschworenen gestanden, kriminelle Handlungen begangen zu haben.
Gleichzeitig erklärte er, diese Handlungen zusammen mit Paul Manafort verübt zu haben. Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager wird in diesem Prozess beschuldigt, Steuerbetrug begangen und Banken getäuscht zu haben.
Mit diesem Geständnis werden die Bemühungen des Präsidenten, die Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller als «schlechten Witz» oder als «Hexenjagd» abzutun, noch unglaubwürdiger, als sie eh schon waren.
Der heute 46-jährige Gates ist ein langjähriger Vertrauter von Manafort. Er hat als Praktikant in dessen Beratungsfirma angefangen. 2006 wurde er seine rechte Hand als es darum ging, Wiktor Janukowytsch ins Präsidentenamt der Ukraine zu hieven. Der Beratungsauftrag für Janukowytsch erwies sich als Goldquelle für Manafort und Gates. Die beiden kassierten insgesamt rund 60 Millionen Dollar.
Mit einer Unzahl von Briefkastenfirmen – hauptsächlich in Zypern – schleusten sie dieses Geld an der US-Steuerbehörde vorbei. Als Janukowytsch 2014 nach der Maidan-Revolution nach Russland fliehen musste, versiegte die Geldquelle.
Um seinen luxuriösen Lebensstil aufrecht zu erhalten, erschwindelte sich Manafort mit gefälschten Angaben Kredite in der Höhe von Millionen von Dollars von verschiedenen Banken. Auch dabei hat ihm Gates geholfen.
Die krummen Geschäfte von Manafort und Gates wurden vom Sonderermittler Mueller aufgedeckt. Die beiden wurden daraufhin angeklagt. Gates zog es vor, zu gestehen und einen in den USA üblichen Handel mit den Strafverfolgern abzuschliessen. Er gab zu, gelogen zu haben, und muss nun im schlimmsten Fall mit einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren rechnen.
Manafort hingegen plädiert nach wie vor auf Unschuld. Seine Anwälte machen vor Gericht geltend, dass Gates der eigentliche Täter gewesen sei und die kriminellen Handlungen ohne Manaforts Wissen begangen.
Ob diese Verteidigungsstrategie Erfolg haben wird, ist fraglich. Manaforts Buchhalterin hat im Zeugenstand bereits ausgesagt, ihr ehemaliger Boss hätte über jeden Cent, der ausgegeben wurde, Bescheid gewusst. Zudem hat Manafort nachweislich gelogen, als er erklärte, er habe keine Kenntnis von den Bankkonten auf Zypern gehabt.
Sollte Manafort verurteilt werden, dann droht ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren. Zudem wird er sich bald vor einem zweiten Gericht in Washington verantworten müssen. Im schlimmsten Fall muss er damit rechnen, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen.
Mit dieser Perspektive vor Augen ist es gut möglich, dass auch Manafort sich entschliessen wird, einen Deal mit den Strafverfolgungsbehörden abzuschliessen und auszupacken. Vorläufig gibt er sich noch kämpferisch und wälzt alle Schuld auf seinen ehemaligen Partner ab.
Gates bestreitet derweil gar nicht, auch Manafort hintergangen zu haben. Er kann gar nicht anders. Sollte er vor Gericht lügen, dann würde er ebenfalls für Jahrzehnte im Gefängnis landen.
Über das Wochenende hat Trump einmal mehr ein Tweet-Gewitter auf die Welt prasseln lassen – ein sicheres Zeichen, dass er nervös ist. Tatsächlich könnte der Manafort-Prozess auch sein Schicksal massgeblich beeinflussen. Sollte sein ehemaliger Wahlkampfmanager auspacken, dann bestünde endgültige Gewissheit: Trump war über das ominöse Treffen am 9. Juni 2016 zwischen seinem Wahlkampfteam und russischen Vertretern informiert und gab seine Zustimmung.
Diese Aussage hat gemäss verschiedenen Quellen auch sein ehemaliger Anwalt und «Fixer» Michael Cohen gemacht. Er bezog sich dabei auf ein Strategie-Meeting, das vor dem ominösen Treffen stattgefunden haben und an dem auch Trump anwesend gewesen sein soll. Besonders pikant: Auch Rick Gates war an diesem Meeting anwesend.