Es ist ein leidiges Thema, mit dem man nichts zu tun haben will, wenn es einen selbst betrifft: Steuern. Geht es aber um Unternehmen, die ihre Gewinne da versteuern, wo die Sätze am niedrigsten sind, gehen die Wogen hoch. Und wenn es darum geht, dass die Vermögenden dieser Welt Steuerprivilegien geniessen, von denen der einfache Lohnempfänger nur träumen kann, wird Zeter und Mordio geschrien; vom kleinen Mann, von der EU, von den USA. Natürlich hat der kleine Mann immer Recht, die EU und die USA etwas weniger, weil sie zuerst vor ihrer eigenen Tür kehren sollten, aber darum geht es hier nur am Rande.
Es geht um den Steuerstandort Schweiz im globalen Wettbewerb. Vor einem Jahr stellte das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG in seinem «Swiss Tax Report 2013» fest: Obwohl der Druck aus dem Ausland auf das Steuermodell Schweiz enorm sei, müsse sie in diesem Geschäft wettbewerbsfähig bleiben. Das heisst: Tiefe Steuern für Unternehmen und Vermögende, aber nur mit dem Segen der EU und der USA. Kein leichtes Unterfangen.
Noch herrschen in der Schweiz paradiesische Zustände bei den Gewinnsteuersätzen für Unternehmen. Hier geniessen sie weitreichende Privilegien. Neben Rechtssicherheit, Bildung und Infrastruktur gehören tiefe Steuern zu den relevantesten Standortfaktoren, warum sich ein ausländisches Unternehmen in der Schweiz niederlässt – oder bleibt.
Wo also steht die Schweiz im globalen Vergleich und wie haben sich die Gewinnsteuersätze seit 2005 in den Kantonen entwickelt?
Wie sich die Steuersätze weiterentwickeln, hängt massgeblich von der Unternehmenssteuerreform III ab. Die Reform sieht unter anderem vor, jene kantonalen Steuerprivilegien für Holdings und andere Spezialgesellschaften abzuschaffen, die international nicht mehr akzeptiert werden.
Dazu hatte der Bund im Dezember einen Bericht vorgelegt. Das Ziel: Firmen, die von den bestehenden Steuerprivilegien profitieren, sollen nicht im grösseren Stil ins Ausland abwandern. Die Schweiz will laut dem Bericht neue Sonderregeln einführen, die bereits in EU-Ländern existieren. Es handelt sich dabei um die Einführung von sogenannten Lizenzboxen, die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten privilegiert besteuert.
Im Gespräch mit watson erklärt Peter Uebelhart, Leiter Steuern bei der KPMG und Mitautor des «Swiss Tax Report 2014», welche Hürden es bei der Unternehmenssteuerreform III zu meistern gibt und für welche Unternehmen Lizenzboxen in Frage kommen.
Sie erwarten die Abschaffung der Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen nicht vor 2018. Warum?
Peter Uebelhart: Weil die Ausgangslage für jeden Kanton anders ist, ist die Abschaffung von Steuerprivilegien eine äusserst komplexe Aufgabe. Der im Dezember publizierte Zwischenbericht zur Unternehmenssteuerreform III hat klar gezeigt, dass es schwierig ist, alle politischen Forderungen der Unternehmen und der Kantone unter einen Hut zu bringen. Das Ziel aller Akteure ist, die steuerliche Attraktivität der Schweiz zu erhalten und gleichzeitig mögliche Steuerausfälle zu kompensieren.
Lösungsansätze gibt es. Beispielsweise die im Ausland gängige Lizenzbox, die als neues Steuerprivileg portiert wird.
Eine Firma kann bei einer engen Definition der Lizenzbox dann mit Steuererleichterungen rechnen, wenn sie Forschung und Entwicklung betreibt. Dabei müssen Produkte entstehen, die patentierbar sind. Mit anderen Worten: Steuerprivilegien gibt es nur gegen Innovation. Davon werden vor allem der Technologiesektor und die Pharmabranche profitieren (siehe Box).
Handelsfirmen in Zug, Luzern und Genf aber nicht.
Tatsächlich ist das System der Lizenzboxen für Handelsfirmen nicht anwendbar. Handelsfirmen würden womöglich einen Wegzug aus der Schweiz ins Auge fassen. Damit würde die Schweiz das Steuersubstrat der natürlichen Personen und der Unternehmen verlieren. Wir dürfen nicht vergessen: Die privilegierten Gesellschaften zahlen die volle Bundessteuer – das sind Milliarden, die nicht einfach zu ersetzen wären.
Dabei steht einiges auf dem Spiel: Allein die kantonalen Handelsfirmen (Holdings, Verwaltungsgesellschaften, gemischte Gesellschaften) generieren für den Bund Steuereinnahmen von 3,6 Milliarden Franken. Bei Kantonen und Gemeinden werden die Einnahmen auf 1,3 Milliarden geschätzt.
Wie Peter Uebelhart betont, ist das System der Lizenzboxen für diese Handelsfirmen nicht anwendbar. Deshalb wollen vor allem Kantone wie Genf oder Zug, wo besonders viele Rohstoffhändler angesiedelt sind, die kantonalen Gewinnsteuern senken. Im Durchschnitt aller Kantone könnte die Gewinnsteuerbelastung maximal von heute knapp 22 auf 14 Prozent gesenkt werden.