Wer heute am frühen Nachmittag in den süddeutschen Raum telefonierte und erklärte, dass die Nationalbank den Euromindestkurs aufgehoben hat, verbreitete eine Neuigkeit. Die Stadtoberen der Einkaufsparadiese in Konstanz, Weil am Rhein oder Lörrach hatten noch nichts von ihrem Glück mitgekriegt. Oder Unglück, je nach Perspektive.
Grenznahe Städte in Süddeutschland wie Lörrach, Konstanz und Weil am Rhein sind jedes Wochenende mit einer grossen Masse von Einkaufstouristen konfrontiert. Sie verstopfen die Strassen in den Städten, parken wild und stehen bis spät am Abend Schlange an den Zollhäuschen, um ihre Formulare für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer abstempeln zu lassen.
In Konstanz ist die Situation derart schwierig geworden, dass die Stadt für Tage mit erhöhtem Aufkommen von Einkaufstouristen ein spezielles Verkehrsdispositiv aufziehen musste. Es gibt ein auswärtiges Parking mit Shuttlebussen in die Innenstadt, Verkehrskadetten stellen den Verkehrsfluss sicher und der Grenzübergang an der Kreuzlingerstrasse musste gesperrt werden.
«Wir haben definierte Tage im Jahr, an denen wir dieses Dispositiv aufziehen», sagt Marc Diez vom Konstanzer Stadtmarketing. Der kommende Samstag ist keiner davon, obwohl bei einem Eurokurs von aktuell 1.02 Franken massiv mehr Einkaufstouristen über die Grenze strömen werden als an einem normalen Samstag.
sagt Diez. 30 bis 40 Verkehrskadetten aufzubieten und den Shuttleservice zu organisieren, ist nicht mehr möglich.
In Lörrach geht man ebenfalls von einem stark erhöhten Aufkommen von Einkaufstouristen aus. «Es ist ja noch zusätzlich Winterschlussverkauf und mit dem zusammen verschenken wir den Schweizer Kunden ja unsere Waren fast», sagt Horst Krämer, Vorsitzender des Gewerbevereins Pro Lörrach. Krämer warnt indes in Anbetracht des zu erwartenden Ansturms davor, mit dem Auto nach Lörrach reinzufahren. «Wir empfehlen, beim Freizeitpark Haagen zu parkieren und dann mit der S6 nach Lörrach reinzufahren», sagt Krämer.
Keine speziellen Vorbereitungen auf einen Ansturm von Einkaufstouristen am Wochenende trifft das Hauptzollamt Singen. «Es sind keine Massnahmen geplant», sagt Sprecher Michael Hauck. Erst wolle man die Situation beobachten und schauen, ob die Zahl der Einkaufstouristen wegen des Wegfalls der Euro-Untergrenze über längere Zeit signifikant zunimmt. (thi)