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Lawrence (Larry) Summers, 61, gilt als ökonomisches Wunderkind. Er war Chefökonom der Weltbank, amerikanischer Finanzminister unter Bill Clinton, Rektor der Harvard University und ökonomischer Berater von Präsident Barack Obama.
In den Neunzigerjahren bildete Summers zusammen mit Alan Greenspan und Robert Rubin das «Trio zur Rettung der Welt». Die drei hatten in der Mexiko- und der Asienkrise das Schlimmste verhindert. Nun sieht Summers die Weltwirtschaft erneut am Abgrund. Deshalb hat er am Vorabend des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Peru in der «Financial Times» einen dramatischen Appell veröffentlicht.
«Die Gefahren, die heute die Weltwirtschaft bedrohen, sind schlimmer als je seit dem Bankrott von Lehman Brothers im Jahr 2008», schreibt Summers. Und: «Die Politiker unterschätzen zwei Gefahren: Die einer neuen Rezession und die einer lang anhaltenden Wachstumsschwäche.»
Die jüngsten Daten der Weltwirtschaft sind in der Tat ernüchternd. Auch der IWF hat seine Wachstumsprognosen für 2015 nach unten revidiert – von 3,5 auf 3,1 Prozent – und fordert die Regierungen auf, Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu unternehmen. Nicht nur die Schwellenländer wie China sind von der Wachstumsschwäche betroffen. In den USA scheint der Aufschwung seinen Höhepunkt bereits überschritten zu haben, in der Eurozone hat er nie wirklich stattgefunden.
Larry Summers spricht von einer neuen Epoche, «in der die Risiken einer Deflation grösser sind als die einer Inflation, und in der wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass der Markt allein die Wirtschaft wieder ins Lot bringt.» Deshalb ist er überzeugt, dass die Weltwirtschaft «jetzt dringend einen substanziellen Strategiewechsel braucht.»
Der Markt selbst sendet derzeit bedrohliche Signale aus. Obwohl die US-Notenbank seit Monaten eine Leitzinserhöhung in Aussicht stellt, sind die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen sehr tief. Das wird noch länger so bleiben. «Es wird erwartet, dass der durchschnittliche Realzins in den Industrieländern bei Null bleiben wird», stellt Summers fest.
Die tiefen Zinsen sind zwar von den Notenbanken mit dem Quantitativen Easing bewusst erzeugt worden. Vier andere Gründe werden dafür sorgen, dass dies so bleiben wird. Es sind dies:
In den letzten Jahren haben die Schwellenländer mit ihrem rasanten Wachstum die drohende Stagnation abwenden können. Das wird künftig nicht mehr der Fall sein. China befindet sich im Übergang in eine Dienstleistungsgesellschaft und wird länger mit sich selbst beschäftigt sein (Überalterung, Urbanisierung). Russland leidet unter einem tiefen Ölpreis und den Sanktionen des Westens, Brasilien unter sinkenden Rohstoffpreisen und einem gigantischen Korruptionsskandal.
Für diese Wachstumsschwäche hat Summers bereits früher den Begriff der «säkularen Stagnation» geprägt. Zu glauben, sie sei bloss eine Folge der Krise von 2008 und würde sich bald selbst heilen, hält er für absurd. Ebenso die Vorstellung, die Notenbanken könnten das Übel mit ihrer Geldpolitik bewältigen.
Summers fordert stattdessen eine andere Wirtschaftspolitik. Um einen Absturz der Weltwirtschaft zu verhindern, müssen jetzt auch die Staaten aktiv werden und massiv in die Infrastruktur investieren. Dank den tiefen Zinsen können sie dies tun, ohne einen Staatsbankrott zu riskieren. «Der traditionelle Weg, sich auf ausgeglichenes Staatsbudget zu konzentrieren und Inflation zu vermeiden, heisst, ein Desaster zu riskieren», warnt Summers.
Japan befindet sich nun seit 25 Jahren im Zustand einer säkularen Stagnation. Ohne drastische Massnahmen droht dieses Schicksal der gesamten Weltwirtschaft. Deshalb sind die bisher gültigen Regeln auf den Kopf gestellt. Oder wie Summers sich ausdrückt: «Angesichts der säkularen Stagnation besteht die Ironie darin, dass alles, was bisher als Unvernünftig galt, jetzt der einzig vernünftige Weg nach vorn geworden ist.»