Am G20-Gipfel in Osaka versammelt sich über das Wochenende alles, was in der internationalen Politik Rang und Namen hat. Für die meisten Staatsoberhäupter ist es jedoch schwer, einen Platz an der Sonne zu erhalten. Sie werden überstrahlt von den beiden Schwergewichten, dem US-Präsidenten Donald Trump und seinem chinesischen Gegenpart Xi Jinping.
Russlands Präsident ist nicht jemand, der gerne am Katzentisch Platz nimmt. Um in die internationalen Schlagzeilen zu kommen, gewährte Wladimir Putin deshalb just zum Auftakt des Gipfels der «Financial Times», einer der führenden Zeitungen dieser Welt, ein langes Interview. Darin legt er dar, wie die Welt aus russischer Sicht aussieht.
Für Putin ist klar: Die westliche liberale Ordnung hat ausgedient. «Die liberale Idee hat sich überholt», so der russische Präsident. Er führt als Begründung den breiten Widerstand gegen Zuwanderung, offene Grenzen und den Multikulturalismus an. «(Die liberale Elite) kann nicht mehr alles diktieren. Das haben sie in den letzten Jahrzehnten versucht.»
«Die Liberalen gehen davon aus, dass nichts je getan werden muss», führte Putin weiter aus. «Die Migranten dürfen bedenkenlos morden, plündern und vergewaltigen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, weil ihre Rechte geschützt werden.»
«Aber jedes Verbrechen muss gesühnt werden», so Putin weiter. «Die liberale Idee ist daher obsolet geworden. Sie steht im Widerspruch zu den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung.»
Folgerichtig verurteilt Putin die «Willlkommens-Kultur» von Angela Merkel im Herbst 2015 und bezeichnet sie als «kardinalen Fehler». Trumps Versuch, die Flüchtlinge an der Grenze zu Mexiko zu stoppen, lobt er hingegen ausdrücklich.
Generell findet der russische Präsident nur lobende Worte für seinen amerikanischen Gegenpart. «Mr. Trump ist kein Karriere-Politiker. Wenn es darum geht, wie Probleme angegangen werden, akzeptiere ich viele seiner Methoden nicht. Aber wissen Sie, was ich denke? Ich denke, er ist eine sehr talentierte Person. Er weiss sehr genau, was seine Wähler von ihm wollen.»
Obwohl Sonderermittler Robert Mueller in seinem Bericht minutiös aufgelistet hat, wie der russische Geheimdienst und russische Trolle sich 2016 in die amerikanischen Wahlen eingemischt haben, bestreitet dies Putin nach wie vor:
«Russland wird beschuldigt – und so seltsam es auch sein mag – wird nach wie vor beschuldigt, in die US-Wahlen verwickelt gewesen zu sein. Was ist tatsächlich passiert? Mr. Trump hat die Haltung seiner Gegner analysiert und hat den Wechsel in der amerikanischen Gesellschaft erkannt, und er hat dies zu seinem Vorteil verwendet.»
Putin lobt zwar Trump, nicht aber die amerikanische Politik. Er findet die Kriegsspiele gegen den Iran «explosiv» und glaubt, dass die USA in Sachen Venezuela den gleichen Fehler wie seinerzeit in Libyen begehen. «Wollen wir zurück zur Kanonenboot-Politik? (…) Ist es nötig, lateinamerikanische Nationen so zu demütigen und ihnen von aussen ihre Führer aufzuzwingen?»
Das russische Engagement in Syrien hingegen sei ein voller Erfolg gewesen. Nicht nur politisch: «Unsere Streitkräfte konnten so praktische Erfahrungen sammeln, wie sie es in Friedenszeiten niemals können», so Putin. Angesicht der Tatsache, dass im Syrienkonflikt bisher rund 500’000 Menschen gestorben sind, kann man dies als reichlich zynisch bezeichnen.
Putin sieht sich zusammen mit dem chinesischen Präsidenten Xi als Fackelträger einer neuen globalen Weltordnung. Die beiden sind inzwischen enge Freunde geworden und haben sich 28 Mal persönlich getroffen. Putin lobt China für «seine Loyalität und seine Flexibilität als Partner und als Gegner».
Einst hat Putin den Untergang der Sowjetunion als «grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts» bezeichnet. Anders als die Kommunisten sieht er jedoch in der Religion kein Opium fürs Volk. Er sieht sich im Gegenteil als Verteidiger des christlichen Abendlandes. «Haben wir vergessen, dass wir in einer Welt der biblischen Werte leben?», fragt er rhetorisch.
Nun sollen plötzlich Zuwanderung, offene Grenzen und der Multikulturalismus, der Grund sein, warum der Liberalismus tot sei?
Derart hinterhältig kann nur ein rechtspopulistischer Diktator argumentieren, der das Gefühl hat, er habe mit seiner KGB Methode den Krieg gegen unsere freie Welt schon gewonnen! Widerwärtig, dass solche Kriegstreiber noch Fans hier bei uns haben!
Dann fang bitte mal bei dir selber an Putin. Da gäbe es wohl so einiges zu sühnen.