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Verdeckte Aktivitäten bei Kasachstan-Affäre 

Bürgermeister von Almaty, Viktor Khrapunov.
Bürgermeister von Almaty, Viktor Khrapunov.Bild: KEYSTONE
Homburger und Arcanum

Verdeckte Aktivitäten bei Kasachstan-Affäre 

Privater US-Geheimdienst versteckte seine Tätigkeit hinter den renommierten Zürcher Anwälten der Kanzlei Homburger.
08.02.2015, 10:0308.02.2015, 12:58
henry habegger, beat kraushaar
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Ein Artikel von Schweiz am Sonntag
Schweiz am Sonntag

Der Sitz ihres Schweizer Ablegers Arcanum AG in Zürich ist das protzige «Weisse Schloss» am General-Guisan-Quai 36. Doch sonst scheuen die amerikanische Arcanum Global Intelligence und ihre Manager das Licht. Arcanum gilt als privater Geheimdienst, der zahlungskräftigen Kunden undurchsichtige Dienste anbietet. Dafür hat Arcanum Leute in ihren Diensten, die wissen, wie man verdeckte Operationen durchführt. So unter anderen den berüchtigten Mossad-Chef Meir Dagan, der zurücktreten musste, weil er militante Palästinenser in einem Hotel exekutieren liess. Mit dabei ist auch der Ex-Geheimdienstchef von Frankreich. 

Tausende von E-Mails aus Kasachstan, die von Unbekannten gehackt und ins Internet gestellt wurden, ermöglichen jetzt aber einen Einblick in die Arcanum-Welt. Da zeigt sich: Der private Geheimdienst arbeitet aus der Schweiz heraus für das Regime von Kasachstan. Und zwar Hand in Hand mit den renommierten Zürcher Wirtschaftsanwälten der Kanzlei Homburger. 

Aus den Mails geht hervor, dass es dabei auch zu Operationen kam, die man gegenüber Behörden in Kasachstan gezielt geheim hielt. Ziel der verdeckten Aktionen in der Schweiz ist seit Jahren der ehemalige Bürgermeister von Almaty, Viktor Khrapunov. Er hat sich vor Jahren nach Genf abgesetzt, angeblich nachdem er Hunderte von Millionen veruntreut hat. Kasachstan versuchte seine Auslieferung durch die Schweiz zu erwirken. Dabei half Ex-Botschafter Thomas Borer. 

«Ich schlage vor, wir belassen das so»

Auch die Zürcher Kanzlei Homburger setzt alles daran, die Aktivitäten von Arcanum geheim zu halten. Als im April 2014 kasachische Beamte auf der Homburger-Rechnung mehr Details zu den «Aktivitäten» von Arcanum verlangen, wehrt sich der zuständige Homburger-Partner Balz Gross. Wegen ihrer «sehr vertraulichen Art» seien die Dienste von Arcanum nie näher spezifiziert worden, schreibt er nach Kasachstan. Und: «Ich schlage vor, wir belassen das so.» 

Ein kasachischer Justizbeamter im Hintergrund lässt offenbar nicht locker, will Belege sehen. Der kasachische Verbindungsmann zu Homburger schreibt nach Zürich, es brauche mehr Details. Doch er beschwichtigt: «Es ist aber nicht nötig, alle Dienstleistungen von Arcanum offenzulegen. Gewöhnliche Aktivitäten wie Datenanalyse, Recherche, Kommunikation mit Behörden usw.» seien ausreichend. Danach liefert Arcanum Kader-Mann Peder Garske den Kasachen aus den USA einige Angaben. 

Geheimhaltung
Der kasachische Verbindungsmann zur Anwaltskanzlei Homburger schreibt nach Zürich, es brauche mehr Details über die Arbeit von «A» (gemeint ist Arcanum). Aber er beschwichtigt: «Es ist nicht nötig, alle Dienstleistungen von Arcanum offenzulegen. Gewöhnliche Aktivitäten wie Datenanalyse, Recherche, Kommunikation mit Behörden usw.» seien ausreichend. 

Die Anwaltskanzlei Homburger wehrt sich in ihrer Antwort gegen Details in der Rechnung. Wegen ihrer «sehr vertraulichen Art» seien die Dienste von A nie näher spezifiziert worden, schreibt er nach Kasachstan. Und: «Ich schlage vor, wir belassen das so».

Was macht Arcanum wirklich?

Was für streng vertrauliche Aktivitäten Arcanum durchführte, ist im Detail nicht bekannt. In Wirtschaftskreisen ist es aber ein offenes Geheimnis, dass solche Firmen neben offenen Quellen auch andere Methoden anwenden, um an vertrauliche Informationen zu gelangen. 

Die Mails zeigen zudem, dass bei der Bezahlung nicht mit offenen Karten gespielt wird. Arcanum ist in diversen Ländern für Kasachstan tätig. Aber die Firma stellt nie direkt Rechnung an die dortige Regierung. Sie schickt die Rechnungen an Anwaltskanzleien wie Homburger, die die Summe dann in ihre eigene Rechnung an die Kasachen einbauen. Im Juni 2013 etwa stellte die weltweit tätige US-Anwaltskanzlei Reed Smith dem kasachischen Justizministerium Rechnung über 432'174 Dollar für die Dienste von «Arcanum Global Intelligence». Die Begründung war knapp: «media assets». 

Homburger und Arcanum verdienen weiter

Homburger sagte der NZZ, Arcanum sei vor allem 2012 bis Anfang 2013 im Fall tätig gewesen. Derzeit bestehe kein Auftragsverhältnis mehr mit der Firma. Nur: Der Mail-Wechsel von 2014, wo über Arcanum-Rechnungen gestritten wird, zeichnet ein anderes Bild. Homburger und Arcanum verdienen fürstlich an ihren Diensten. Aus Mails geht hervor, dass Arcanum via Homburger monatlich 250'000 US-Dollar bezog und Homburger einmal einen 3,3-Millionen-Vertrag unterschrieb. 

Die Aussage, Arcanum sei im Fall Khrapunov im Ausland tätig gewesen, stimmt nicht mit Mail-Inhalten überein. 2013 schreibt Arcanum-Mann Garske an einen kasachischen Regierungsvertreter, es brauche kein Bildmaterial. Denn: «Sie werden Eigentum in der Schweiz filmen.» Wer «sie» sind, führt er nicht aus. Im Zug der Kasachstan-Affäre kam es zu einem Hacking-Angriff auf Marc Comina, den PR-Mann von Khrapunov. 

Arcanum verneint, gesetzwidrige Operationen durchgeführt zu haben. «Wir legen nicht offen, welche Arbeit wir für unsere Kunden durchführen. Das ist vertraulich. Aber wir haben uns immer an die Schweizer und alle anderen Gesetze gehalten», sagt Arcanum-Sprecher Yael Hartmann. 

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