Daniel Seth Loeb entspricht auf den ersten Blick dem Klischee eines klassischen Raiders. Er greift Unternehmen an, die in Schwierigkeiten geraten oder träge geworden sind, deckt das Management mit rüden Vorwürfen ein, verlangt eine Änderung der Strategie und im Management, spekuliert auf rasche und massive Aktienkursgewinne – und verabschiedet sich dann wieder. Als Vehikel für seine Tätigkeit dient ihm dabei der Hedge-Fund Third Point.
Auf den zweiten Blick allerdings stimmt das Bild des raffgierigen Erzkapitalisten nur bedingt. Loeb spendet für die Demokraten, er engagiert sich für die Homo-Ehe und die Anliegen der LGBT-Gemeinde, er diskutiert mit dem Dalai Lama über Ethik und Moral, unterstützt die Alzheimer-Forschung, nimmt an Triathlon-Wettbewerben teil und ist selbstverständlich auch ein Sammler von Kunst. Loeb ist verheiratet und hat drei Kinder. Das «Forbes Magazin» schätzte im Februar 2017 sein Vermögen auf 2,9 Milliarden Dollar.
Loeb hat keine Angst vor grossen Namen. So hat er sich mit Yahoo angelegt, als dieses Unternehmen noch eine ernst zu nehmende Grösse war. Auch das Auktionshaus Sotheby’s gehörte zu seinen bekannten Opfern.
International Schlagzeilen hat Loeb mit seinen Aktivitäten in Japan erzielt. Im Lande Nippons ist man gerne unter sich. Heuschrecken, vor allem wenn sie aus den USA stammen, sind gar nicht gerne gesehen. Das hat Loeb nicht daran gehindert, zuerst Sony anzugreifen und später auch den führenden Roboter-Hersteller Fanuc. Der Erfolg allerdings hielt sich in Grenzen. Im Oktober 2014 verkaufte Loeb seine Sony-Aktien wieder, ohne dabei allzu viel bewegt zu haben.
Eigentlich gar nicht. Das Mitte des 19. Jahrhunderts in Vevey von Henri Nestlé gegründete Unternehmen hat alles, was es für den Erfolg braucht: Es verfügt über sehr starke Marken, es ist auf allen Kontinenten vertreten, es hat eine renommierte Forschungsabteilung, sehr viel Erfahrung und noch mehr Geld. Nestlé-Aktien gelten deshalb als Witwen-und-Waisen-Papiere, Wertschriften, die man auch völligen Laien getrost ins Depot legen kann, weil eigentlich nichts passieren sollte.
Loeb hat im Fall von Nestlé daher auch seine Taktik geändert. Er greift das Management nicht an, sondern lobt es ausdrücklich. Third Point hat bekanntgegeben, der Fond habe 40 Millionen Nestlé-Aktien erworben, die aktuell einen Wert von 3,5 Milliarden Dollar besitzen. Das tönt nach viel, entspricht jedoch lediglich 1,25 Prozent der gesamten Börsenkapitalisierung von Nestlé und macht Third Point zum sechstgrössten Aktionär des Nahrungsmittelkonzerns.
Nestlé befindet sich im Umbruch. Die Ära Brabeck ist zu Ende. Mit Ulf Mark Schneider ist jetzt ein Aussenseiter an die Macht gekommen, der versuchen wird, Nestlé auf die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts zu trimmen. Vor allem geht es darum, gesündere und weniger salzige und fette Produkte anzubieten. Nestlé hat bereits erste Schritte in diese Richtung angekündigt und schreckt auch vor heiligen Kühen nicht zurück. So wird etwa das Maggi-Sortiment geschmacklich umgemodelt.
Andererseits könnte Loeb davon profitieren, dass die Nahrungsmittelbranche generell in Bewegung geraten ist. Vor Kurzem hat eine geplante Übernahme von Unilever durch Kraft Heinz Co. weltweit für Aufregung gesorgt. Sie scheiterte allerdings. Unilever hat jedoch in der Folge ein grosses Sparprogramm angekündigt. Das gleiche hat auch der französische Konzern Danone getan. Nestlé hat sich bei der geplanten Übernahme von Unilever ausdrücklich distanziert. «Wir glauben nicht an ein solches Modell», erklärte damals CEO Schneider.
Trotzdem sieht Loeb offenbar bei Nestlé ebenfalls grosses Potenzial, die Rendite zu verbessern. Das Unternehmen sei «im letzten Jahrzehnt zurückgeblieben», heisst es in einer Mitteilung von Third Point, und das Unternehmen «verharre in alten Denkmustern». Loebs Forderung, Nestlé solle endlich seine Anteile an L’Oreal verkaufen, sind allerdings ebenfalls nicht gerade taufrisch. Shareholder-Aktivisten plären diese Leier seit Jahrzehnten.