Ein Zürcher Stadtpolizist soll wiederholt gegen Bezahlung Informationen aus dem polizeiinternen Informationssystem Polis an einen Bekannten weitergeleitet haben. Wie die Zürcher Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift schreibt, habe der beschuldigte Polizist P. seinem Bekannten J. zwischen März und November 2010 bei mindestens fünf Gelegenheiten geheime Informationen zukommen lassen.
Im Gegenzug habe der Stadtpolizist von J. 10'000 Franken als Stammeinlage in eine gemeinsame GmbH erhalten. Gemäss Anklageschrift hat der gefallene Zürcher Financier und ehemalige Präsident des Zürcher Pferderennvereins, Martin Gloor, sein Einverständnis dazu geben, beziehungsweise das Geld zur Verfügung stellen müssen.
Wörtlich heisst es in der Anklageschrift: «Nachdem J. dies mit seinem früheren Arbeitgeber Martin Gloor (...) besprochen hatte, versprach J. dem Beschuldigten (Stadtpolizisten, Anm. d. Red) am 18. Juni 2010, dass er die 10'000 Franken in bar am folgenden Tag vorbeibringen werde». Danach habe er das Geld für den Polizisten P. bei der Zürcher Kantonalbank eingezahlt und die gemeinsame Firma ins Handelsregister eintragen lassen.
Beim «Geschäftspartner» des ehemaligen Polizisten, der mittlerweile aus der gemeinsamen Firma ausgeschieden ist, handelt es sich nach Informationen von watson um den ehemaligen Bodyguard und Fahrer von Martin Gloor. Dieser war Ende 2013 wegen mehrfacher Veruntreuung und gewerbsmässigen Betrugs zu viereinhalb Jahren verurteilt worden, weil er ihm anvertraute Anlagegelder für sich selbst statt Investitionen in Startups verwendet hatte.
Der beschuldigte Stadtpolizist soll Gloors Fahrer einer Gelegenheit auf Anfrage über die Verhaftung eines mutmasslichen Heroindealers Auskunft gegeben haben. Ein anderes Mal fragte der Chauffeur nach dem Grund für eine Vorladung zu einer polizeilichen Befragung. Der Stadtpolizist soll ihn auf die Befragung vorbereitet haben mit der Information, dass er beim Überfahren eines Rotlichts beobachtet worden sei.
In zwei Fällen habe der Stadtpolizist Gloors Chaffeur auf Anfrage mitgeteilt, ob bestimmte Personen in Polis verzeichnet seien. Zusätzlich habe er zu Handen J.s über Polis den Inhaber einer Telefonnummer ausfindig gemacht.
Dabei habe es sich um einen ausgeschriebenen Drogenhändler gehandelt. Obwohl J. dem Stadtpolizisten P. bestätigt habe, diesen zu kennen, habe P. nichts unternommen und den ausgeschriebenen Drogenhändler so vor Strafverfolgung geschützt.
Die beiden Anwälte, die Martin Gloor in seinem Strafverfahren und Prozess vertreten hatten, haben ihr Mandat beide nicht mehr inne und konnten sich nicht zu Gloors Rolle im vorliegenden Fall äussern.
Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. (thi)