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Entsteht dank Trump auch in den USA ein Crony Capitalism?

epa05653583 Steven Mnuchin, a contender for the position of Secretary of Treasury of the USA under the administration of US President-elect Donald Trump, speaks to reporters as he arrives at the Trump ...
Vom Geier-Kapitalisten zum Finanzminister: Steve Mnuchin.Bild: EPA/ABACA USA POOL

Führt Trump die USA in einen Crony Capitalism, eine Vetterliwirtschaft?

In Russland und China sind bereits Oligarchen an der Macht. Auch Donald Trump umgibt sich mit superreichen Powerbrokern.
02.12.2016, 10:4502.12.2016, 19:15
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Trumps Regierungsmannschaft

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(22.12.16) Trumps Regierungsmannschaft
Donald Trump ernannte den Milliardär Carl Icahn, der als scharfer Kritiker staatlicher Reglementierung gilt, zu seinem Sonderberater. Der 80-jährige Icahn sei einer «der grossartigsten Geschäftsmänner der Welt», erklärte Trump. Er sei ein exzellenter Verhandlungsführer und habe die Fähigkeit, die Entwicklungen in der Finanz- und Wirtschaftswelt vorherzusagen. «Seine Hilfe dabei, die strangulierenden Regulierungen in unserem Land anzugehen, wird von unschätzbarem Wert sein», erklärte Trump. ... Mehr lesen
quelle: ap/ap / mark lennihan
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Im Wahlkampf hat Donald Trump gegen die Wall Street und Hedge Funds gewettert. Jetzt besetzt er die Schlüsselpositionen seiner Regierung mit Männern aus diesem Milieu.  

Steve Mnuchin war zwölf Jahre lang bei Goldman Sachs

Das jüngste Beispiel ist Steve Mnuchin. Er soll neuer Finanzminister werden. Mehr Wall-Street-Insider als Mnuchin geht nicht: Sein Vater war Partner bei Goldman Sachs. Er selbst hat als Trader zwölf Jahre lang bei der legendären Investmentbank gearbeitet – die Trump wohlgemerkt als Sinnbild des bösen Globalismus gebrandmarkt hat.  

«In Amerika hat soeben eine bisher einmalige Ära der Korruption an der Spitze begonnen.»
Paul Krugman

Mnuchin war nicht nur ein erfolgreicher Trader, er wurde danach ein so genannter «Vulture Capitalist», eine Spezies, die noch verhasster ist als Banker. Unter «Geier-Kapitalisten» versteht man nämlich Investoren, die in Not geratene Unternehmen zu einem Spottpreis aufkaufen, sie aufmotzen und dann mit einem satten Gewinn wieder verhökern. Mit anderen Worten: Sie bereichern sich am Leid der anderen.  

Wilbur Ross hat United Steel für ein Schnäppchen gekauft

Zum engsten Kreis um Trump gehört auch Wilbur Ross. Er soll Handelsminister werden. Als Geier-Kapitalist hat er Milliarden verdient, beispielsweise mit dem Kauf von United Steel für einen Spottpreis, kurz bevor George W. Bush einen Strafzoll für Stahlimporte in der Höhe von 30 Prozent erliess.  

«In der Welt des Crony Capitalism kann nur, wer über politische Macht verfügt, diese auch gegen Reichtum eintauschen.»
Minxin Pei

Ross vertritt abenteuerliche ökonomische Theorien. Er ist überzeugt, dass ein Handelsdefizit aus Prinzip ein Zeichen der Schwäche für eine Volkswirtschaft ist. Deshalb ist er ein Befürworter von protektionistischen Massnahmen. Selbst das erzkonservative «Wall Street Journal» geht auf Distanz und bezeichnet das Handelsministerium als «Sumpf des Crony Capitalism».  

Was genau ist Crony Capitalism? Es ist eine Vetternwirtschaft der besonderen Art, in der nicht bloss Schmiergelder gegen illegale Geschäfte getauscht werden. Es ist ein System, in dem verschiedene Gruppen organisiert zusammenarbeiten.

Trump superreiche Freunde

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Trumps superreiche Freunde
Betsy DeVos ist als Erziehungsministerin vorgesehen. Das Vermögen ihrer Familie wird auf 5,1 Milliarden Dollar geschätzt.
quelle: ap/ap / carolyn kaster
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In seinem Buch «China’s Crony Capitalism» schreibt Minxin Pei, dass diese Art von Korruption viel zerstörerischer sei als individuelle Korruption. «Denn dieses Verhalten zerstört das organisatorische und normative Netz des Staates, ist schwer zu entdecken und produziert grössere finanzielle Gewinne für seine Teilnehmer.»  

Crony Capitalism ist in ehemals kommunistischen Staaten weit verbreitet

Vor allem ehemalige kommunistische Staaten sind anfällig für Crony Capitalism, denn das Privatisieren des ehemaligen Volksvermögens bietet reiche Beute. Ruchlose Oligarchen arbeiten Hand in Hand mit der Mafia und den Männern, die an den Schalthebeln der staatlichen Macht sitzen. Nochmals Minxin Pei: «In der Welt des Crony Capitalism kann nur, wer über politische Macht verfügt, diese auch gegen Reichtum eintauschen.»  

Die USA sind weder Russland noch China. Nach wie vor gibt es einen Rechtsstaat und eine intakte Zivilgesellschaft. Trotzdem mehren sich die Anzeichen, die auf einen Crony Capitalism hindeuten:

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Serbische Nationalisten in Montenegro feiern das Duo Trump/Putin.Bild: BORIS PEJOVIC/EPA/KEYSTONE

Donald Trump bewundert Wladimir Putin, den klassischen Vertreter dieser Wirtschaftsform. Er hat zwar nun erklärt, er wolle sich aus seinen geschäftlichen Aktivitäten zurückziehen, doch dieses Versprechen wirkt wenig glaubwürdig. Trump hat bisher bewiesen, dass er keinerlei Scham hat, private und staatliche Interessen miteinander zu vermischen.  

Lässt Trump jetzt seine Kumpels an die Honigtöpfe?

Besorgnis erregend ist die Art und Weise, wie Trump seine Investitionen in die Infrastruktur – er hat eine Billion Dollar versprochen – finanzieren will. Anstatt dies wie üblich über Staatsanleihen zu tun, will er mit Steuervorteilen privates Kapital anlocken. Für seine Kumpels wird dies ein blendendes Geschäft werden. Sie müssen bloss 18 Cent pro Dollar einsetzen.  

«Sich selbst zu bedienen wird zur Norm der neuen Regierung werden», warnt deshalb Paul Krugman in der «New York Times». «In Amerika hat soeben eine bisher einmalige Ära der Korruption an der Spitze begonnen.»

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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piedone lo sbirro
02.12.2016 11:43registriert November 2016
putin sowie trump sind hauptsächlich dank korruption und steuerhinterziehung reich, bzw. zu dem geworden was sie heute sind.
wie die svp über korruption und steuerhinterziehung denkt, zeigt die tatsache das die weltwoche trump und putin praktisch wöchentlich lobpreist.
vetterliwirtschaft ist generell bei unseren bürgerlichen parteien nichts unbekanntes, schliesslich wehren sie sich seit jahren erfolgreich gegen eine offenlegung der parteienfinanzierung.
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Linus Luchs
02.12.2016 14:10registriert Juli 2014
In den USA und der Schweiz läuft es im Grunde genau gleich. Ein Milliardär und seine Kettenhunde geifern gegen Fremde, die Globalisierung, das Establishment, internationales Recht und so weiter, um die Stimmen der Abgehängten und Verängstigten einzufangen. Sind sie dann an Macht, geht es vor allem darum, die Reichen auf Kosten der breiten Bevölkerung noch reicher zu machen, im Bündnis mit dem Establishment.
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N. Y. P. D.
02.12.2016 11:49registriert Oktober 2015
Sehr guter Beitrag, Herr Löpfe.
Statt sich darüber aufzuregen, was für einen Kommunikationsstil Trump pflegt, sollte der Focus langsam dort sein, wohin die Reise mit Trump gehen könnte.
Will Trump mit den Raubtierkapitalisten von Goldmann Sachs in der Regierung tatsächlich eine Deregulierung der Bankenwelt vorantreiben ?
Also, die Fesseln, die nach der letzten Finanzkrise angelegt wurden, wieder lösen.
Der fletschenden Pittbull (Investmentbanker etc.) wartet nur darauf, auf den globalen Finanzmärkten wüten zu dürfen.
Fasten your seatbelts !!
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