Im Wahlkampf hat Donald Trump gegen die Wall Street und Hedge Funds gewettert. Jetzt besetzt er die Schlüsselpositionen seiner Regierung mit Männern aus diesem Milieu.
Das jüngste Beispiel ist Steve Mnuchin. Er soll neuer Finanzminister werden. Mehr Wall-Street-Insider als Mnuchin geht nicht: Sein Vater war Partner bei Goldman Sachs. Er selbst hat als Trader zwölf Jahre lang bei der legendären Investmentbank gearbeitet – die Trump wohlgemerkt als Sinnbild des bösen Globalismus gebrandmarkt hat.
Mnuchin war nicht nur ein erfolgreicher Trader, er wurde danach ein so genannter «Vulture Capitalist», eine Spezies, die noch verhasster ist als Banker. Unter «Geier-Kapitalisten» versteht man nämlich Investoren, die in Not geratene Unternehmen zu einem Spottpreis aufkaufen, sie aufmotzen und dann mit einem satten Gewinn wieder verhökern. Mit anderen Worten: Sie bereichern sich am Leid der anderen.
Zum engsten Kreis um Trump gehört auch Wilbur Ross. Er soll Handelsminister werden. Als Geier-Kapitalist hat er Milliarden verdient, beispielsweise mit dem Kauf von United Steel für einen Spottpreis, kurz bevor George W. Bush einen Strafzoll für Stahlimporte in der Höhe von 30 Prozent erliess.
Ross vertritt abenteuerliche ökonomische Theorien. Er ist überzeugt, dass ein Handelsdefizit aus Prinzip ein Zeichen der Schwäche für eine Volkswirtschaft ist. Deshalb ist er ein Befürworter von protektionistischen Massnahmen. Selbst das erzkonservative «Wall Street Journal» geht auf Distanz und bezeichnet das Handelsministerium als «Sumpf des Crony Capitalism».
Was genau ist Crony Capitalism? Es ist eine Vetternwirtschaft der besonderen Art, in der nicht bloss Schmiergelder gegen illegale Geschäfte getauscht werden. Es ist ein System, in dem verschiedene Gruppen organisiert zusammenarbeiten.
In seinem Buch «China’s Crony Capitalism» schreibt Minxin Pei, dass diese Art von Korruption viel zerstörerischer sei als individuelle Korruption. «Denn dieses Verhalten zerstört das organisatorische und normative Netz des Staates, ist schwer zu entdecken und produziert grössere finanzielle Gewinne für seine Teilnehmer.»
Vor allem ehemalige kommunistische Staaten sind anfällig für Crony Capitalism, denn das Privatisieren des ehemaligen Volksvermögens bietet reiche Beute. Ruchlose Oligarchen arbeiten Hand in Hand mit der Mafia und den Männern, die an den Schalthebeln der staatlichen Macht sitzen. Nochmals Minxin Pei: «In der Welt des Crony Capitalism kann nur, wer über politische Macht verfügt, diese auch gegen Reichtum eintauschen.»
Die USA sind weder Russland noch China. Nach wie vor gibt es einen Rechtsstaat und eine intakte Zivilgesellschaft. Trotzdem mehren sich die Anzeichen, die auf einen Crony Capitalism hindeuten:
Donald Trump bewundert Wladimir Putin, den klassischen Vertreter dieser Wirtschaftsform. Er hat zwar nun erklärt, er wolle sich aus seinen geschäftlichen Aktivitäten zurückziehen, doch dieses Versprechen wirkt wenig glaubwürdig. Trump hat bisher bewiesen, dass er keinerlei Scham hat, private und staatliche Interessen miteinander zu vermischen.
Besorgnis erregend ist die Art und Weise, wie Trump seine Investitionen in die Infrastruktur – er hat eine Billion Dollar versprochen – finanzieren will. Anstatt dies wie üblich über Staatsanleihen zu tun, will er mit Steuervorteilen privates Kapital anlocken. Für seine Kumpels wird dies ein blendendes Geschäft werden. Sie müssen bloss 18 Cent pro Dollar einsetzen.
«Sich selbst zu bedienen wird zur Norm der neuen Regierung werden», warnt deshalb Paul Krugman in der «New York Times». «In Amerika hat soeben eine bisher einmalige Ära der Korruption an der Spitze begonnen.»