Die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, bis 2030 die Treibhausemissionen zu halbieren. Bisher sieht es nicht gut aus: Trotz steigender CO2-Abgaben blasen wir nach wie vor jedes Jahr mehr von diesem Gas in die Luft.
Autos, Flugzeuge und Heizungen gelten als wichtigste CO2-Emittenten. Es gibt jedoch auch kleinere Sünder, die eine grosse Wirkung haben. «Ein Rasenmäher produziert etwa gleich viel Schadstoffe wie zwölf Mittelklasse-Autos», sagt Urs Weidmann. «Kettensägen und Laubbläser sind nicht viel besser.» Er ist Chairman der Firma Silent Power (Projects) – und er hat eine Idee, wie man das ändern könnte.
Weidmann ist Elektroingenieur ETH und hat danach als Investmentbanker auf dem Energiesektor für die Credit Suisse First Boston gearbeitet. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich intensiv mit Methanol. «Dieser Treibstoff könnte entscheidend dazu beitragen, unsere Klimaziele zu erreichen», sagt er.
Methanol ist eine Art synthetisches Benzin, allerdings ohne schädliche Nebenwirkungen. Es ist biologisch abbaubar und beim Verbrennen entsteht weder Russ noch Feinstaub. Stattdessen zerfällt es ganz einfach wieder in seine Ausgangsstoffe CO2 und Wasser.
Unternehmen wie BASF arbeiten seit langem mit Methanol. Sie beziehen es in der Regel von Katar, dem grössten Erdgas-Produzenten der Welt. Auf Chinas Strassen sind derweil rund 3,6 Millionen Autos unterwegs, die Methanol als Treibstoff verwenden, das aus Kohle hergestellt wird. Grosschemie und die Chinesen begehen die gleiche Sünde: Ihr Methanol ist nicht CO2-neutral.
Das muss nicht so sein. Methanol lässt sich auch mit CO2 herstellen, das aus der Luft gefiltert wird, und mit Strom, der aus Solarzellen, Wasserkraft und Windturbinen stammt. Dieses «grüne Methanol» ist klimaneutral, will heissen, es erhöht die CO2-Menge in der Atmosphäre nicht.
Weidmann will eine solche Methanolsyntheseanlage bauen. Idealerweise stünde sie in der Nähe einer Müllverbrennungsanlage, weil dort viel CO2 anfällt, vor allem beim Verbrennen von Plastik. «Plastik in Methanol zu verwandeln ist wirtschaftlich», sagt Weidmann.
Die Motoren von Rasenmähern könnten – wie die meisten Motoren – mit grünem Methanol betrieben werden, genauso wie diejenigen von Kettensägen und Laubbläsern. Um gesundheitliche Schäden zu vermeiden, verwenden Profis heute in der Regel ein spezielles Benzin. Dieses kostet derzeit etwas mehr als fünf Franken pro Liter.
Methanol ist deutlich billiger. Die landwirtschaftliche Genossenschaft Fenaco (Landi, Volg, Agrola) – übrigens einer der grösste Heizölhändler in der Schweiz und zudem einer der führenden Rasenmäherverkäufer – zeigt daher grosses Interesse an Weidmanns Plänen. Seine Methanol-Fabrik würde zwei Fliegen auf einen Schlag treffen: Billiger Treibstoff für Rasenmäher und andere Maschinen und das Ausschalten der kleinen Dreckschleudern.
Bereits in drei Jahren will Weidmann seine erste Anlage in Betrieb nehmen. Dafür braucht er Wagniskapital, konkret sind das rund 28 Millionen Franken. Als ehemaliger Investmentbanker kennt er die neuesten Trends auf den Finanzmärkten. Deshalb will er das Geld mit einem sogenannten ICO (Initial Coin Offering) beschaffen.
ICOs sind im Zusammenhang mit Kryptowährungen bekannt geworden. Basierend auf der Blockchaintechnologie werden sogenannte Tokens emittiert. Diese Tokens sind mit bestimmten Versprechungen verknüpft. Im Fall von Silent-Power (Projects) AG heisst dies: 82 Prozent des Gewinns der Firma werden an die Silent-Token-Inhaber ausgeschüttet.
Silent-Power (Projects) AG ist in Cham stationiert. Der Firmensitz befindet sich somit im Herz des Schweizer Krypto-Valleys, wie der Kanton Zug neuerdings genannt wird. Dass die Kryptowährungen wie Ether derzeit einen Minicrash verdauen müssen, bereitet Weidmann keine Sorgen. «Wer heute zugreift, kann auch von bald wieder steigenden Kursen profitieren», sagt er.
Die Finanzierungsrunde läuft bis Ende Jahr. Wer mitmachen will, muss mindestens 5000 Franken aufwenden.
Rasenmäher und Laubbläser sind bloss kleine Methanol-Fische. Weltweit herrscht ein Boom. «China hat soeben 200 Anlagen bestellt, die Plastik in Methanol verwandeln», weiss Weidmann. Auch der Plastikmüll in den Weltmeeren könnte nach dem Einsammeln auf diese Weise entsorgt werden.
Über die Nachfrage muss man sich keine Sorge machen. Nicht nur in der Grosschemie, auch in den Bereichen Mobilität, Energie und Heizen ist Methanol ein Thema geworden. «Katar kann diese Nachfrage gar nicht mehr befriedigen», sagt Weidmann.