Was
genau ist SenseFly?
Wir sind ein Spin-off der ETH Lausanne. Zusammen mit
ein paar Freunden habe ich mich mit fliegenden Robotern befasst. Dabei haben
wir uns gefragt: Wie lösen Tiere bestimmte Probleme? Wir haben also die Prinzipien
des Lebens erforscht, um so smartere Roboter zu konstruieren.
Was
haben Sie dabei gelernt?
Ich habe beispielsweise untersucht, wie eine Fliege
oder eine Biene sieht. So ist es mir gelungen, eine Drohne mit bloss 20
Zentimeter Flügelspannweite zu bauen. Sie hat das Gewicht eines halben
Zuckerwürfels, kann mit Kameras ausgestattet werden und fliegt in einem Raum,
ohne gegen die Wand zu prallen.
Mit
diesem Wissen haben Sie ein Start-up gegründet?
Das war 2009. Damals hatten wir erst eine vage Idee,
was unser Markt sein könnte. Wir haben uns mit einem anderen Start-up,
ehemalige Kollegen von der ETH Lausanne, zusammengetan und eine Drohne
entwickelt, die in der Lage ist, Landschaften zu rekonstruieren über die sie
fliegt. Das war mehr als eine fliegende Kamera. Die Daten konnten direkt in
Landkarten verwandelt werden. Das ist unser Geschäftsmodell geworden.
Was
ist speziell an Ihren Drohnen?
Sie sind bis zu zehn Mal leichter als diejenigen der
Konkurrenz. Wie in der Uhrenindustrie ist es uns gelungen, sehr viel
Intelligenz auf eine kleine Plattform zu packen.
Und
was bringt das?
Unsere Drohnen können viel einfacher transportiert und
gestartet werden. Wir brauchen keine Startbahnen oder Katapulte. Das ist auch
sicherer. Die Drohnen steigen etwa 100 Meter in die Höhe und beginnen dann,
systematisch Bilder zu schiessen. Nach der Landung werden diese Bilder mit
einer speziellen Software ausgewertet.
Für
welche Zwecke kann das eingesetzt werden?
Sie können etwa das Volumen eines Steinbruchs
berechnen. Oder wie viele Bäume es in einem Wald gibt. Oder Sie können eine
Strasse oder ein Bauwerk viel exakter planen.
Drohnen
werden immer noch mit militärischen Einsätzen in Verbindung gebracht. Gilt das
auch für Ihre Drohnen?
Unsere Drohnen werden nur für zivile Zwecke eingesetzt.
Es ist Vermessungsinstrument, allerdings ein sehr intelligentes. Unsere
Landkarten sind bis auf ein paar wenige Zentimeter genau, und das schaffen wir
mit einer Drohne, die in der Höhe von 100 Metern über eine Landschaft fliegt.
Zusammen mit selbstgelenkten Autos werden Drohnen als das Ding der Zukunft angepriesen. Ist dies mehr als Hype? Bei unseren Vermessungsdrohnen geht es darum, den Planeten zu digitalisieren, und zwar nicht einmal, sondern kontinuierlich. Alle Veränderungen werden sofort aufdatiert.
Was
heisst das konkret?
Stellen Sie sich vor, Sie sind Farmer. Sie können
unsere Drohnen mit einem autonomen Traktor kombinieren und so ihre Felder
jederzeit optimal behandeln. Oder Sie können eine Baustelle – eine Strasse,
Eisenbahnlinie oder Gebäude – optimal planen.
Sie
haben als Roboter-Spezialist angefangen. Was haben Drohnen mit Robotern zu tun?
Drohnen sind Roboter. Sie haben einen Körper, sie
agieren autonom – und sie sind smart. Sie treffen selbstständig Entscheidungen.
Sie besitzen damit künstliche Intelligenz. Wenn sie beispielsweise ihr GPS
verlieren, dann können sie sich selbstständig neu orientieren und Entscheidungen
fällen, was nun zu tun sei. Sie merken auch, wenn ihre Batterie bald keinen
Strom mehr hat und sie einen Landeplatz suchen müssen.
Und
sie werden immer intelligenter?
Als wir begonnen haben, brauchten die Drohnen noch
einen Piloten an einer Fernbedienung. Heute können sie von
Vermessungsfachleuten bedient werden, die keine Ahnung davon haben, wie man sie
steuert. Sie werfen die Drohne in die Luft, und dann findet sie ihren Weg
alleine.
Zurück
zur Landwirtschaft. Wie sieht die Zusammenarbeit ihrer Drohne und den Farmern
konkret aus?
Wir müssen immer mehr Menschen ernähren und haben
dabei immer weniger Agrarland zur Verfügung. Wenn der Bauer die Erträge
steigern will, muss er sehr genau wissen, was auf seinen Feldern vorgeht. Mit
unseren Drohnen kann er täglich überprüfen, wie der Zustand seiner Felder ist
und deshalb bessere Entscheidungen fällen.
Wir
werden also bald Bauern haben, die mit Hilfe von Drohnen und selbstgelenkten Traktoren die
Felder bestellen?
In diese Richtung geht es. Die Traktoren haben einen
Sprayer, der Düngemittel, Herbizide oder Pestizide genau und in den exakten
Dosen dorthin sprayt, wo sie benötigt werden. Auf diese Weise vermindern sie
den Einsatz von Düngemittel um bis zu 30 Prozent und steigern gleichzeitig die
Erträge.
Die
Menschen reagieren misstrauisch, wenn sich Landwirtschaft und Hi-Tech
verbinden. Denken Sie an die Kontroverse um Gentech. Sind Drohnen auch ein
Hilfsmittel für Bio-Bauern?
Auch jeden Fall. Etwa 20 Prozent unserer Drohnen
verkaufen wir an Bauern. Sie sind umweltfreundlich und brauchen wenig Energie.
Je organischer ein Bauer seine Felder bewirtschaftet will, desto mehr
Informationen braucht er. Drohnen helfen so dem Bauer, auf natürliche Art auf
unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren.
Gibt
es keinen Kultur-Clash? Bio-Bauern haben nicht den Ruf, sehr IT affin zu sein?
Das ist leider für uns oft noch eine
Eintrittsbarriere. Deshalb geben wir uns grosse Mühe, unsere Drohnen noch
bedienungsfreundlicher zu machen. Doch mit Drohnen wird wahrscheinlich das Gleiche
passieren wie mit den Smartphones: Zuerst stürzten sich nur die Tech-Freaks
darauf, heute benutzt sie jeder.
Amazon
testet bereits Drohnen, die Güter zu den Kunden bringen. Ist das ein Gag oder
mehr?
Drohnen sind zusammen mit selbstgelenkten Autos ein Game-Changer.
Ich bin fast sicher, dass in Zukunft Drohnen nicht nur Güter, sondern auch
Menschen transportieren werden. Ich weiss nicht genau wann, denn es braucht
nicht nur zuverlässige Drohnen, sondern auch die Akzeptanz der Menschen und die
rechtlichen Voraussetzungen. Aber das wird passieren.
Drohen
werden so selbstgelenkte Helikopter werden?
Ja, und die Vorteile sind offensichtlich: Wir könnten
unsere verstopften Städte vom Verkehr entlasten. Die elektrisch angetriebenen
Vehikel wären dann auch viel umweltfreundlicher und würden viel weniger CO2
ausstossen als herkömmliche Autos.
Gäbe
es da nicht massenhaft Zusammenstösse?
Nein, das ist technisch lösbar, es ist nicht einmal
besonders kompliziert.
Was
für weitere Probleme werde Drohnen künftig lösen?
Transportprobleme aller Art. Einsame Täler oder kleine
Inseln im Meer können dank Drohnen versorgt werden. Vor allem Entwicklungsländer
werden profitieren. Sie müssen nicht mehr teure Strassen oder Eisenbahnlinien
bauen, sondern können viel billigere Drohnen einsetzen. Das ist nicht nur viel
günstiger, sondern auch viel ökologischer.
Ähnlich
wie beim Telefon, wo dank dem Smartphone keine teure Kabelinfrastruktur mehr
nötig ist?
Ja, sie können eine Entwicklungsstufe überspringen. Es
gibt bereist konkrete Projekte – unter anderem an der ETH Lausanne – von
Drohnen-Häfen, die ihn den Entwicklungsländern gebaut werden und so Strassen
überflüssig machen. Die Drohnen werden sich langfristig auch mit der
traditionellen Aviatik verbinden. Es wird so denkbar, dass es Flugzeuge ohne
Piloten geben wird, die Güter und Menschen in alle Winkel der Welt
transportieren werden.
Drohnen
brauchen Daten, sehr viele Daten. Derzeit grassiert jedoch die Angst vor Big
Data. Wie löst sich dieses Problem lösen?
Diese Angst wird sich legen. Aber ja, wer keine Spuren
hinterlassen will, sollte keine Drohne nehmen. Aber vergessen wir nicht: Big
Data kann den Menschen sehr viel Nutzen bringen. Die Fragen der Privatsphäre
liegen jetzt auf dem Tisch, und ich gehe davon aus, dass wir Lösungen finden
werden.
Wenn
man Ihnen zuhört, gewinnt man den Eindruck: Dank Drohnen kann der Planet Erde
gerettet werden und wir müssen nicht auf den Mars auswandern.
Das wäre zu hoch gegriffen. Aber Drohnen werden
tatsächlich ein Teil der Lösung sein. Sie werden uns helfen, weniger dumme
Fehler zu machen und smarter mit unserer Umwelt umzugehen.