Von einem Grand Slam spricht man im Baseball, wenn man vier Punkte mit einem Schlag gewinnt. Die amerikanischen Börsianer bezeichnen damit auch das Phänomen, wenn alle vier Indices – Dow Jones, S&P 500, Nasdaq Composite und Russell 2000 – gleichzeitig auf einem Höchststand sind. Dieses Ereignis ist diese Woche eingetroffen.
Donald Trump hat kein «Puff» angetroffen, wie er sich beklagte, sondern eine sehr gesunde Wirtschaft. Für amerikanische Verhältnisse herrscht de facto Vollbeschäftigung. Sowohl die US-Konsumenten wie auch die Unternehmer haben ihre «animalischen Geister» wieder entdeckt. Sie shoppen und investieren wie in besten Zeiten. Auch ohne staatliches Investitionsprogramm sollte das amerikanische Bruttoinlandprodukt (BIP) einen stattlichen Zuwachs verzeichnen.
Bereits droht die Gefahr einer Überhitzung. Die US-Notenbank Fed wird deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch im laufenden Monat die Leitzinsen erhöhen. Weitere Zinserhöhungen werden folgen.
Nicht nur in den USA herrscht Wirtschafts-Tauwetter. Die Europäische Zentralbank (EZB) konnte erstmals mit Genugtuung feststellen, dass im Februar ihr Inflationsziel von zwei Prozent erreicht worden ist. Selbst wenn die so genannte Kerninflation – Teuerung ohne Lebensmittel- und Erdölkosten – nur auf 0,9 Prozent gestiegen ist, kann man davon ausgehen, dass die Deflationsgefahr gebannt ist.
Die EZB wird daher zunehmend unter Druck geraten, von ihrer Politik des billigen Geldes abzukommen. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass EZB-Präsident Mario Draghi die Ziele seines Quantitativen Easings verändern wird, doch seine Sprache dürfte gemässigter werden. «Vieles spricht dafür, dass die EZB milder und mehr Vertrauen an den Tag legen wird», sagt Frederik Ducrozet, Ökonom bei der Bank Pictet in der «Financial Times».
Auch die Schwellenländer rappeln sich auf. Das lässt sich etwa an den gestiegenen Frachtkosten ablesen. «Vor einem Jahr lag der durchschnittliche Preis für den Transport eines 12-Meter-Containers von China nach Nordeuropa unter 500 Dollar. Jetzt ist er auf 3'285 Dollar geklettert», meldet die «Financial Times».
Matchentscheidend ist dabei die Entwicklung im Land der Mitte. Noch vor einem Jahr wurde ein Absturz der chinesischen Wirtschaft befürchtet, oder zumindest ein «hard landing». Jetzt scheint diese Gefahr gebannt zu sein, speziell der alles entscheidende Immobiliensektor ist wieder unter Kontrolle.
In der Schweiz ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2016 um 1,3 Prozent gewachsen, kein Glanzresultat, aber angesichts der geopolitischen Wirren ganz ordentlich. Für das laufende Jahr gibt sich die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (Kof) sehr optimistisch. Das Kof-Konjunkturbarometer hat einen grossen Sprung nach vor gemacht und verspricht jetzt «überdurchschnittliche Wachstumsraten».
Und was ist mit Brexit und Trump? Was mit den Gefahren von Protektionismus und Handelskriegen? Nun, der Brexit ist vorläufig noch virtuell. Niemand weiss, wann es so weit sein wird. Immer noch gibt es Optimisten, die hoffen, dass sich die Engländer eines Besseren besinnen werden.
Bei Trump ist unklar, was er im Schilde führt. Offenbar will er eine Steuerreform, welche die Importe belastet und die Exporte fördert. Doch die Details sind selbst in seiner Partei umstritten. Wie der US-Präsident sich gegenüber den wichtigsten Exportnationen – Mexiko, China und Deutschland – verhalten wird, das wissen nicht einmal die Wirtschaftsgötter.
Dazu kommt, dass Protektionismus zwar eine Gefahr für Wohlstand und Wirtschaftswachstum darstellt, aber nur langfristig. Kurzfristig kann der «ökonomische Nationalismus», dem Trump anhängt, sogar die Wirtschaft befeuern. Ungarn beispielsweise betreibt eine Spielart dieser Wirtschaftspolitik und hat damit Erfolg. Das ungarische BIP ist seit 2010 durchschnittlich um 1,6 Prozent gewachsen, leicht über dem EU-Durchschnitt.
Wie stark kann man dem neuen Optimismus der Wirtschaftsgötter trauen? Die Frage ist berechtigt, denn es gibt auch abweichende Stimmen. Vor allem die Investoren auf den Obligationenmärkten bleiben pessimistisch und gehen von eine langen Tiefpreisperiode aus. Das widerspricht diametral der Euphorie der Aktienmärkte. Und vergessen wir nicht: Auf den Obligationenmärkten drehen die abgezocktesten Finanzprofis ihre ganz grossen Räder.