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Für die einen ist die geplante Fusion von Pfizer und Allergan ein Geschäft, das man nicht verpassen darf. Durch die Verlegung des gemeinsamen Headquarters nach Dublin generiert Pfizer einen Windfall-Profit (einen zufälligen, dem Glück zu verdankenden Gewinn) von rund 21 Milliarden Dollar. Gleichzeitig kann der Pharmamulti steuerfrei auf seine Offshore-Reserven von rund 74 Milliarden Dollar (Gewinne, die nicht in die USA zurücktransferiert wurden) zurückgreifen und schliesslich wird der Satz für seine Unternehmenssteuern von 25.5 Prozent auf 17 fallen.
Kein Wunder also, dass der CEO von Pfizer, Ian C. Read, sich unumwunden zum Prinzip des Shareholder Value bekennt: «Wir haben alle rechtlichen, regulatorischen und politischen Bedingungen geprüft und sind zum Schluss gekommen, dass unsere Strategie, die beiden grossartigen Unternehmen zu fusionieren, das Beste für die Patienten und unsere Aktionäre ist. Das ist unsere Pflicht.»
Für die anderen ist das alles ein riesiger Betrug am Steuerzahler. Die geplante Fusion hat keinerlei strategische Bedeutung, sondern ist einzig davon getrieben, auf zweifelhafte Art und Weise Steuern zu sparen. Es handelt sich um einen sogenannten Inversions-Deal. Will heissen: Ein in den USA domizilierter Konzern lässt sich von einem andern, in einem Steuerparadies wie Irland, Luxembourg oder der Schweiz beheimateten Unternehmen aufkaufen, um so von den viel tieferen Steuern zu profitieren.
Pfizer hat diesen Trick schon vor Jahresfrist mit AstraZeneca versucht. Damals scheiterte der Deal an der öffentlichen Empörung. US-Präsident Barack Obama bezeichnete ihn als «unpatriotisch» und ergriff Massnahmen, um ihn zu verhindern. Nun haben die Steueranwälte von Pfizer offenbar Mittel und Wege gefunden, die amerikanischen Steuerbehörden auszutricksen.
Die Empörung bleibt. Hillary Clinton, die demokratische Präsidentschaftsanwärterin, fordert bereits: «Wir können nicht mehr länger warten, um endlich energisch gegen die Inversionsdeals vorzugehen, die unsere Steuerbasis untergraben.»
Ihre Parteifreundin, die einflussreiche Senatorin Elizabeth Warren, ging noch einen Schritt weiter. «Wenn ich mir die Details anschaue, dann sehe ich das gleiche abgekartete Spiel – ein Spiel, beim dem der Kongress den gut vernetzten Multis Milliarden schenkt, während die Menschen, die etwas Unterstützung gebrauchen könnten, leer ausgehen.»
Die Politiker sind allerdings selbst schuld. Die dubiosen Inversions-Deals sind nämlich nur möglich, weil sich Demokraten und Republikaner zwar einig sind, dass sie unmoralisch sind. Sie können sich jedoch nicht darauf einigen, wie das komplizierte amerikanische Steuerrecht endlich überholt und so diese Deals unterbunden werden können. Solange die Politiker in Washington sich gegenseitig blockieren, tanzen ihnen die Unternehmen auf der Nase herum.
Das könnte sich allerdings ändern. In der Öffentlichkeit wächst die Empörung – vor allem über die Pharma-Multis. Die Amerikaner bezahlen die höchsten Medikamentenpreise, höhere noch als wir Schweizer. Verschiedene Skandale haben den ohnehin schon angeschlagenen Ruf der Branche noch weiter lädiert. So wurde der Hedge-Fund-Manager Martin Shkreli in diesem Sommer zum «meistgehassten Mann der USA», als er die Preise eines Medikamentes eines von ihm erworbenen Unternehmens schlagartig um 5000 Prozent erhöhte.
Dieser Vorfall war Anlass für eine breite Diskussion der überhöhten Medikamentenpreise. Auch damals versprach Hillary Clinton Abhilfe, sollte sie 2017 ins Weisse Haus einziehen. Die Aktionäre reagierten nervös, die Kurse der Pharmaunternehmen erlitten happige Verluste. Trotz der gewaltigen Gewinnaussichten fand auch der Pfizer/Allergan-Deal wenig Akzeptanz an der Börse. Die Pfizer-Aktie büsste nach der Ankündigung zwei Prozent ein.
Weltweit werden Anstrengungen unternommen, um die Steuervermeidungstaktiken der Multis in den Griff zu bekommen. Nachdem ein Whistleblower in Luxembourg offen gelegt hat, wie schamlos die Multis die Steuerschlupflöcher in Europa ausnützen, wurden sowohl die EU als auch die OECD aktiv. Politiker aller Parteien versprachen, Reformen einzuleiten, die dafür sorgen sollen, dass die Gewinne in dem Land versteuert werden, in dem sie erzielt werden.
Dieses Ansinnen wurde kürzlich am G-20-Gipfel der führenden Staatsoberhäupter bekräftigt. «Die Zeit des Spielens ist vorbei», erklärt Pascal Saint-Amas, der für Steuern zuständige Mann bei der OECD und verspricht, die «goldene ‹Wir-zahlen-keine Steuern›-Ära zu beenden.