Wirtschaft
Kommentar

Danke VW! Skandal killt den Diesel und fördert Elektroautos

Haben gut lachen: Toyota-Chef Akio Toyoda (ganz links), Tesla-Chef Elon Musk (mitte) und der ehemalige Gouverneur von Kalifornien Arnold Schwarzenegger (rechts.
Haben gut lachen: Toyota-Chef Akio Toyoda (ganz links), Tesla-Chef Elon Musk (mitte) und der ehemalige Gouverneur von Kalifornien Arnold Schwarzenegger (rechts.
Bild: AP
Kommentar

Danke VW! Dein Skandal hat (vielleicht) die Welt gerettet

Der Volkswagenkonzern hat wahrscheinlich Dieselautos gekillt – und damit einen wichtigen Schritt zur Rettung des Planeten getan.
28.09.2015, 12:1709.11.2015, 13:54
Mehr «Wirtschaft»

Ja, der VW-Skandal hat gezeigt, dass Industriemanager keinen Deut besser sind als Bankster und an Niedertracht dem James Bond-Bösenwichten Blofeld in nichts nachstehen. Ja, dieser Skandal wird Milliarden Euro vernichten und Arbeitsplätze in unbekannter Höhe gefährden. Ja, Konsumenten sind betrogen und Aktionäre um viel Geld gebracht worden.

Und trotzdem: Danke VW!

Du hast wahrscheinlich das Dieselauto gekillt und damit endgültig den Weg freigeräumt für die viel bessere Alternative, das Elektroauto.  

Das Elektroauto ist längst überfällig. Schon vor mehr als 30 Jahren wurden Journalisten in regelmässigen Abständen zu Pressekonferenzen eingeladen, in denen vollmundig verkündigt wurde, der Durchbruch zu einer revolutionären Batterie stehe unmittelbar bevor und damit auch das Elektroauto.

In den 1990er Jahren versprach Nicolas Hayek selig einen elektrischen Smart, derweil sich GM mit dem inzwischen sang- und klanglos untergegangenen EV1 versuchte. Dem Elektroauto ging es jedoch wie Brasilien: Es war und blieb das Auto der Zukunft.   

«Sauberer Diesel» gibt es nicht

Damit ist jetzt Schluss. «Sauberer Diesel», die vermeintliche Alternative zum Elektroauto, ist endgültig als Illusion entlarvt worden. Ein Auto, das sportlich zu fahren, kaum mehr als einen Liter Treibstoff pro hundert Kilometer verbraucht und praktisch keine Schadstoffe in die Luft bläst, wird es nie geben. Wenn selbst die geballte deutsche Ingenieurskunst bei VW bei diesem Unterfangen gescheitert ist, wer sollte es dann schaffen?

Anders als die Europäer haben die Amerikaner Diesel nie gemocht. «Clean Diesel» hat trotz aufwändigen Werbekampagnen nur wenig Fans in den USA gefunden. Die wenigen Ökofreaks, die darauf abgefahren sind, haben im Jetta eine attraktive Alternative zum politisch korrekten Prius gesehen. Sie kochen nun vor Wut und bereiten Sammelklagen gegen VW vor.

Paris im Smog.
Paris im Smog.
Bild: Jacques Brinon/AP/KEYSTONE

In Europa fahren rund die Hälfte aller Autos mit Diesel, mit bedenklichen Folgen. In Paris beispielsweise ist die Luft inzwischen so dreckig, dass die neue Bürgermeisterin einen autofreien Sonntag einführen will. Die Franzosen ahnen zumindest, dass ihre Peugeots und Renault kaum sauberer sind als die deutsche Konkurrenz. Eine weitere Erkenntnis aus dem VW-Skandal lautet nämlich: Wenn es um Umweltstandards geht, dann tricksen gerade die europäischen Hersteller besonders dreist – und das mit stilschweigender Unterstützung der Politik.

Mercedes, Porsche und BMW stehen in den Startlöchern

Das muss nicht sein. Tesla beweist inzwischen, dass man konkurrenzfähige Elektroautos bauen kann. Das ist eine schwere Blamage für die Autoindustrie, die es bisher nicht konnte, und wahrscheinlich auch nicht wollte. Nun dürfte sich das rasch ändern. Noch bevor der VW-Skandal öffentlich wurde, lieferten sich Mercedes, Porsche und BMW an der Frankfurter Autoausstellung ein Wettrennen in Sachen Elektroauto im oberen Segment.

Sollte es Tesla gelingen, sein Versprechen wahr zu machen und bald ein erschwingliches Elektroauto auf den Markt zu bringen, dann werden alle Dämme brechen. Im Gegensatz zu den Dieselautos sind die «Smartphones auf Rädern» beides: Sportlich und sauber.

Die Tatsache, dass wahrscheinlich auch Apple und Google mit einem Elektroauto in Rennen einsteigen werden, wird den Druck auf die traditionellen Hersteller massiv verstärken, ebenso die Tatsache, dass Chinesen und Inder gar keine andere Chance als Elektroautos haben, wollen sie nicht an ihrer eigenen Dreckluft ersticken.  

Strom aus Kohle? Nein danke!

Das Elektroauto ist jedoch nicht bloss ein herkömmliches Auto mit einem anderen Antrieb. Es wird auch unser Energiesystem umkrempeln. Wenn der Strom aus Kohlekraftwerken stammt, dann wäre die ganze Übung ein Blödsinn. Um nochmals auf Tesla zurückzukommen: Elon Musk, der starke Mann, ist auch Vorstandsvorsitzender von Solar City, einem auf Sonnenenergie spezialisierten Unternehmen.

Für mehrere Milliarden Dollar lässt Musk derzeit in der Wüste von Nevada eine Batterie bauen, die nicht nur Autos sauber fahren lässt, sondern es ermöglichen wird, Sonnenenergie zu speichern. Auch die Deutschen sind inzwischen erwacht. Der wichtigste Autozulieferer Bosch hat kürzlich ein ähnliches Projekt vorgestellt.  

Es braucht intelligente Stromnetze

Das Elektroauto ist möglicherweise der Startschuss für eine neue Energieversorgung. Dezentrale Stromversorgung mit Sonnen- und Windenergie und ein intelligentes Stromnetz, ein «smart grid», dürfen nicht mehr länger schöne Zukunftsversprechen bleiben, sondern müssen jetzt tatkräftig umgesetzt werden. Sie sind, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zu sagen pflegt, «alternativlos» geworden.  

Der Skandal um die manipulierten Abgaswerte bei den Dieselautos könnte sich im Rückblick als ein entscheidender Wendepunkt auf dem von Klimaerwärmung und Schadstoff gebeutelten Planeten Erde erweisen. Deshalb nochmals und von ganzem Herzen: Danke VW!

Das musst du auch gesehen haben:

VW: Bilder aus der guten, alten Zeit (als Abgase noch Abgase waren)

1 / 41
VW: Bilder aus der guten alten Zeit (als Abgase noch Abgase waren)
VW und die gute alte Zeit. Nun ja, genau genommen gilt das für die Geburt des Unternehmens nicht. Es stammt aus dem Deutschland der späten 30er und bekanntermassen haben unsere Nachbarn schon bessere Zeiten gesehen. Der Punkt ist: VW hat seine Wurzeln ...
quelle: united archives / nolte
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
68 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
klugundweise
28.09.2015 13:08registriert Februar 2014
Mit der gleichen Logik müsste man sagen: Fulushima hat die AKW gekillt!
Leider nicht!
663
Melden
Zum Kommentar
avatar
Androider
28.09.2015 13:00registriert Februar 2014
+++ BREAKING +++
Die DB zeigt Interesse an den Diesel-Motoren von VW. Erste Tests laufen bereits.
Danke VW! Dein Skandal hat (vielleicht) die Welt gerettet
+++ BREAKING +++
Die DB zeigt Interesse an den Diesel-Motoren von VW. Erste Tests laufen bereits.
444
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zeit_Genosse
28.09.2015 12:33registriert Februar 2014
Ob es überhaupt genügend Ressourcen hat um Hochleistung-Stromspeicher in umweltfreundlicher und recyclierbarer Form im Massenmarkt abzusetzen und die "grüne" Energiezufuhr schnell genug bereitzustellen, bezweifle ich. Trotzdem sollte man es versuchen, damit die Innovation für noch etwas besseres getrieben wird. Über die Ökobilanz über den ganzen Lifecycle von E-Autos fehlen mir harte und transparente Fakten. Kann da Watson etwas bieten?
478
Melden
Zum Kommentar
68
Signa-Privatstiftung der Familie hat Insolvenzverfahren beantragt

Die Familie Benko Privatstiftung mit Sitz in Innsbruck ist pleite. Die Stiftung rund um den Gründer der Immobiliengruppe Signa, René Benko, hat am Donnerstag beim Landesgericht Innsbruck einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren eingebracht.

Zur Story