Die Schätzung stand bisher bei rund 50 Millionen Franken. So viel Geld hätten die Partner Coop und Swisscom mit der Shopping-Plattform Siroop verbrannt, rechnete etwa die «Handelszeitung» vor. Ein Revisionsbericht der Wirtschaftsprüfer PWC zeigt nun das wahre Ausmass: Bereits im verkürzten ersten Betriebsjahr 2016 resultierte ein Verlust von 56 Millionen Franken. Das vergangene Jahr schloss die Plattform mit einem Minus von 55 Millionen Franken ab.
Und in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres verlor Siroop operativ weitere 14 Millionen Franken. Zusammen mit den Abschreibungen resultieren Kosten von rund 140 Millionen Franken.
Die Wirtschaftszahlen werden publik, weil Coop die Reissleine gezogen hat. Der Basler Detailhändler hat die Zürcher Siroop AG kurzerhand liquidiert beziehungsweise mit der Mutterfirma fusioniert.
Die Fusionsbilanz zeigt nicht nur die massive Überschuldung der Firma mit einem negativen Eigenkapital von 138 Millionen Franken. Sie belegt vor allem auch, dass rasches Handeln angesagt war: Anfang Jahr lagen noch 34 Millionen Franken an flüssigen Mitteln in der Kasse, per Ende April waren diese auf ein Zehntel geschrumpft. Ohne Kapitalspritze wäre Siroop innerhalb kürzester Zeit illiquid geworden. Dem ist Coop zuvorgekommen.
Siroop wurde von den nationalen Grössen Coop und Swisscom mit dem Anspruch gestartet, dem internationalen Giganten Amazon Paroli zu bieten. Das Schweizer Portal stand für alle Händler offen, die ihre Ware gegen eine Provision präsentieren wollten. 500 Anbieter mit einem Sortiment von einer Million Produkten waren zuletzt auf Siroop versammelt.
Doch trotz einer nicht zu übersehenden Dauerbewerbung wollte sich der Erfolg bei der Kundschaft nicht einstellen. Mitte April stieg die Swisscom aus und Coop übernahm alle Anteile. Ende April verkündete Coop, Siroop werde per Ende Jahr eingestellt und dafür die konzerneigene Online-Plattform Microspot gestärkt.
Coop-Chef Joos Sutter sprach kürzlich in einem Interview mit dieser Zeitung von «vernünftig, vertretbaren Investitionen», die Coop getätigt habe. Ein Blick in die Erfolgsrechnung 2017 zeigt, dass dabei rund 40 Prozent für Werbung ausgegeben worden ist. Damit wurde rund gleich viel Geld in grossformatige Kampagnen investiert wie in die 180-köpfige Belegschaft.
Dem eigenen Aufwand von 50 Millionen Franken im vergangenen Jahre steht ein Nettoertrag von weniger als zwei Millionen gegenüber. Bei einer Marge zwischen acht und zehn Prozent machte Siroop damit hochgerechnet einen Handelsumsatz von lediglich 20 bis 25 Millionen Franken. Dies ist noch weniger, als brancheninterne Berechnungen bisher vermuten liessen.
Die Zahlen für das erste Quartal lassen zwar erahnen, dass sich das Jahr 2018 besser angelassen hat. Bei einer Fortführung des Unterfangens wäre Coop jedoch nicht an einer teueren Bilanzsanierung vorbeigekommen. Mit dem harten Schlussstrich konnte Coop immerhin die Hälfte der Anlaufkosten an die Swisscom abtreten, wie Ramon Gander, Sprecher des Detailhändlers erklärt. Ins Gewicht fällt vor allem ein Darlehen des Mutterunternehmens in Höhe von 136 Millionen Franken.
Mit Siroop hat auch die eingekaufte Software ausgedient. Stand diese per Ende 2017 noch mit einem Wert von 11 Millionen Franken in der Bilanz, ist sie in der Fusionsbilanz auf Null Franken abgeschrieben. Die Strategie, mit der Online-Shop-Lösung des deutschen Anbieters Spryker zu starten und diese schrittweise durch eigene Module zu ersetzten, ist damit nicht aufgegangen. Zumindest buchhalterisch ist die Software wertlos geworden. Der deutsche Lieferant hat zudem nach Ansicht der Revisoren noch Anrecht auf Lizenzgebühren in Höhe von 120'000 Franken.
Mit dem hohen Abschreiber sowie Rückstellungen im Hinblick auf das Siroop-Ende erhöhte sich der Gesamtverlust im ersten Quartal auf 27 Millionen Franken. Joos sagte im Interview, für ein Start-up brauche es ein gewisses Risiko, «aber auch den Mut aufzuhören». Die blanken Siroop-Zahlen haben es Coop und Swisscom erleichtert, mutig zu sein. (aargauerzeitung.ch)