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Du willst nur das Beste? Voilà:
Drei
Hiobsbotschaften aus zwei Tagen: Die Ausfuhren der Schweizer
Wirtschaft sanken im dritten Quartal 2015 gegenüber der gleichen
Vorjahresperiode um 5,2 Prozent. Alle Branchen mit Ausnahmen der
Bijoutiers und Juweliere waren betroffen, am stärksten die
Maschinen- und Elektronikindustrie. Auch die lange scheinbar
resistente Uhrenindustrie musste leiden, mit einem Minus von 6,5
Prozent verzeichnete sie den grössten Exportrückgang seit 2009.
Am Montag verkündete
das Basler Unternehmen Doetsch Grether, das Marken wie Grether's
Pastillen und Körperpflegeartikel führt, den Abbau von 70 seiner
140 Stellen und die Schliessung des Produktionsstandorts in Muttenz.
Tags darauf kündigte der Winterthurer Maschinenhersteller Rieter an,
150 von 855 Stellen zu streichen. Ein Teil der Produktion werde
verlagert.
Als wesentlicher
Grund für die schlechten Nachrichten wird in allen drei Fällen die
Stärke des Franken nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch
die Nationalbank genannt. Derzeit bewegt sich der Kurs bei rund 1.08
Franken zum Euro. Für viele Unternehmen ist die heimische Währung
damit immer noch viel zu stark. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund
(SGB) hat berechnet, dass der Kurs gemessen an der Kaufkraft bei rund
1.30 Franken liegen müsste.
Die Abbaumeldungen
der letzten beiden Tage schüren einen Verdacht: Haben die
Unternehmen mit der Ankündigung von einschneidenden Massnahmen bis
zu den Wahlen vom Sonntag gewartet, um nicht der Linken keinen
Steilpass zu liefern? Die Gewerkschaft Unia hat in einer
Mitteilung eine entsprechende Andeutung gemacht: «Die Unia verfügt
über Indizien, dass nach dem Wahltag am 18. Oktober diverse
Massenentlassungen geplant sind.»
Die These scheint
gewagt. Ein Stellenabbau während des Wahlkampfs muss nicht den
Linken helfen. «Wähler könnten auch versucht
sein, eher bürgerliche Parteien wie die FDP zu wählen, weil diese
sich für den Werkplatz Schweiz einsetzen», sagte der Politologe
Andreas Ladner dem Tages-Anzeiger. SGB-Chefökonom Daniel
Lampart wollte die Unia-These auf Anfrage nicht kommentieren. Er
bestätigte jedoch, dass die nahe Zukunft ungemütlich werden dürfte: «Der Druck ist gross, wir rechnen damit, dass täglich mehr
schlechte Nachrichten folgen werden.»
Aus Gesprächen mit
Arbeitnehmervertretern spüre er, dass die Stimmung in vielen Firmen
schlecht sei, sagte Lampart, der auch dem Bankrat der Schweizerischen
Nationalbank angehört und die Aufhebung des Mindestkurses wiederholt
kritisiert hat: «Die Arbeitszeiten werden verlängert, gleichzeitig
bekommen die Angestellten keine Zahlen mehr zu sehen.» Daraus
entsteht ein weiterer Verdacht: Firmen könnten die Frankenstärke
als Vorwand für Rationalisierungen missbrauchen.
Am Grundproblem
ändert das nichts. Der starke Franken sei für die Industrie «ein
Klotz am Bein», betonte Lampart. Seine Prognose ist düster: Es
gebe Anzeichen, wonach bis Ende Jahr gegen 10'000 Arbeitsplätze
abgebaut werden, und das allein in der Industrie. Auch andere
Branchen leiden unter dem Wechselkurs, etwa Gastgewerbe und Detailhandel. «Selbst im Transportgewerbe gibt es zunehmend
Anzeichen für einen schlechten Geschäftsgang.»
Indizien für diese
düsteren Szenarien gibt es zur Genüge. Auf seinem Blog verweist
Lampart auf den jüngsten Quartalsbericht der Nationalbank vom
September 2015. Eine Umfrage unter 180 Firmen habe ergeben, dass mehr
als 20 Prozent Auslagerungen von Produktionsteilen gemeldet hätten.
Das entspreche einer Verdoppelung gegenüber der letzten Umfrage vom
Juni.
Es sind
unerfreuliche Aussichten, und sie werden nicht nur von den
Gewerkschaften verbreitet. Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt sagte
im Juni in der NZZ am Sonntag, er gehe für die nächsten sechs
bis neun Monate «von einem Verlust von 30'000 Stellen aus, wenn der
Kurs zum Euro bei 1.05 bleibt». Die Arbeitslosenquote bis Ende Jahr
schätzte er auf 3,6 bis 4 Prozent. Ohne eine deutliche Abschwächung
des Franken sind weitere Hiobsbotschaften programmiert.
Corrado Pardini, Sektorleiter Industrie bei der Gewerkschaft Unia und Berner SP-Nationalrat, forderte die Politik und die Nationalbank zum unverzüglichen Handeln auf. «Wenn jetzt nicht gehandelt wird, gibt es eine Deindustrialisierung, die die Schweiz noch jahrzehntelang bereuen wird», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.