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«Als Trashy wird man nicht angesehen, man bekommt seinen Mitarbeiterpass, ein Festivalticket sowie ein T-Shirt. Ausbeutung pur!»

Ein Fan wird auf dem Paléo-Festival von der Menge getragen.
Ein Fan wird auf dem Paléo-Festival von der Menge getragen.Bild: EPA/KEYSTONE

«Als Trashy wird man nicht angesehen, man bekommt seinen Mitarbeiterpass, ein Festivalticket sowie ein T-Shirt. Ausbeutung pur!»

Ihr musstet Müll sammeln oder beim Auf- und Abbau helfen. Als Belohnung gab es kaum Geld, dafür T-Shirts, Gratiskarten und eine Menge Bier. Eure Erfahrungen als Freiwillige bei Festivals.
18.03.2015, 16:2419.03.2015, 13:42
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Die Aufregung um die mickrige Bezahlung von Helfern auf dem «Gästival» in Luzern hat die Rolle der freiwilligen Helfer bei solchen Veranstaltungen in den Fokus gerückt. Ohne sie geht es nicht, sagen die einen. Das ist Ausbeutung, sagen andere. Wir haben um eure Erfahrungen als Freiwillige bei Festivals gebeten. Und viele Antworten bekommen.

«Ich habe Erfahrungen gesammelt als ‹Trash-Hero› sowie im Verkehrsdienst. Als Trashy wird man nicht angesehen, man bekommt seinen Mitarbeiterpass, ein Festivalticket sowie ein T-Shirt. Ausbeutung pur, da jeder diese Arbeit vollbringen kann. Wenn es eine Bezahlung gibt, dann fällt die mickrig aus.» 
Anonymer User quelle: Watson

Fast alle grossen Veranstaltungen, etwa das Paléo-Festival in Nyon, das Open Air St.Gallen oder das Montreux Jazz Festival, setzen auf unbezahlte Helfer, die beim Aufbau, Betrieb und Abbau helfen. Beim Paléo-Festival etwa ist die Freiwilligenarbeit Grundsatz – auch für die Verantwortlichen. Viele kleinere Gratis-Festivals könnten ohne Freiwillige überhaupt nicht stattfinden. Das sehen auch einige User so:

«An einem Festival arbeitet man doch nicht wegen des Geldes!»
Anonymer Userquelle: Watson
Festival-Besucher beim Open Air St.Gallen.
Festival-Besucher beim Open Air St.Gallen.Bild: KEYSTONE
«Ich arbeite gerne freiwillig an kleinen Open Airs mit und erwarte nichts als etwas Dankbarkeit der Veranstalter. Ich bin selbst im OK eines kleinen Non-Profit-Festivals und weiss, dass es ohne Freiwillige einfach NICHT funktionieren würde. Dafür erwarte ich im Gegenzug aber auch, dass die Veranstalter nicht in die eigene Tasche wirtschaften! An einem Open Air St.Gallen würde ich z.B. nie unentgeltlich arbeiten.»
User SanchoPanzaquelle: watson

Ein wichtiger Punkt: Was ist, wenn die Festivals gewinnorientiert sind? Einige Veranstalter hantieren mit Millionenbudgets – und fahren trotz des Einsatzes von unbezahlten Kräften Gewinne ein. Das Tattoo-Festival in Basel etwa stand schon öfter in der Kritik: 2012 verfügte der Event laut Tageswoche über ein Gesamtbudget von 12,5 Millionen Franken – und beschäftigte dennoch 500 ehrenamtliche Helfer. Der Gewinn ging komplett an den Veranstalter, die Basel Tattoo Productions.  

Erik Julliard (Mitte) ist Chef des Tattoo-Festivals in Basel, das 2012 in die Kritik geriet, da es trotz Gewinnen 500 freiwillige Helfer beschäftigte.
Erik Julliard (Mitte) ist Chef des Tattoo-Festivals in Basel, das 2012 in die Kritik geriet, da es trotz Gewinnen 500 freiwillige Helfer beschäftigte.Bild: EPA/KEYSTONE
«Schämt Euch! Wer arbeitet, soll bezahlt werden! Leute lasst euch nicht verarschen! Das sind Schmarotzer!!»
User Hugoquelle: Watson

Viele User berichten von geringen Aufwandsentschädigungen. Weit verbreitet ist hingegen die Bezahlung in Naturalien und Festival-Tickets.

«Ich arbeitete im Auf- und Abbau sowie während des Festival. Lohn waren: 1–2 T-Shirts, sehr gutes Essen (morgens – abends mit Zwischenverpflegung), 1 Backstage-Pass sowie ein vollwertiges Ticket zum Verschenken (oder Verkaufen) und 100 Franken pro Tag zu 8 Stunden und eine Menge, Menge Freibier (im Abbau). Überstunden wurden immer gemacht, aber nicht bezahlt. Die Truppe war super, die Chefs sehr freundlich.»
Anonymer UserQuelle: watson
Gäste verlassen das Frauenfeld Open Air – für die Helfer beginnen die Aufräumarbeiten.
Gäste verlassen das Frauenfeld Open Air – für die Helfer beginnen die Aufräumarbeiten.Bild: KEYSTONE
«Es gab einen 2-Tagespass, Unterkunft in einem Massenschlag sowie 120 ‹Gurtendollar› für 4 Tage Festivaleinsatz.»
Anonymer UserQuelle: watson
Helfer räumen beim Gurtenfestival auf.
Helfer räumen beim Gurtenfestival auf.Bild: KEYSTONE
«Ich bekam ein Festival-Ticket plus 150 Franken für das Aufräumen an zwei Tagen nach dem Openair ... Das war während der Kantizeit, im vierten Kantijahr, wenn alle Schüler dieser Stufe schon frei haben. Ein relativ lukratives Angebot für diese zwei Tage Arbeit, wenn man noch Kantonsschüler/-in ist.»
User Angela Schmitz quelle: watson
«100 Franken am Tag, gutes Essen, Freibier, ein T-Shirt, ein zusätzliches Ticket zum Verschenken und ein Backstagepass. Die Arbeit war für jemanden, der das Gymi gewohnt ist, schon anstrengend. Aber dafür hat sich sogar meine extrem weisse Haut gebräunt.»
User Leandraquelle: watson
«Habe mal als Eventhelfer für eine Firma am Greenfield gearbeitet. Weil wir ein Ticket bekamen, haben sie den Lohn auf 16 Franken pro Stunde gekürzt, Verpflegung gab es noch dazu (wenn man gearbeitet hat). Keine Zuschläge bei Nachtarbeit oder Sonntag. Manche haben jede Nacht gearbeitet und konnten dann tagsüber nicht schlafen. Ihre Nase hat es ihnen gedankt.»
User Pun.quelle: watson

Freiwillige, Helfer und Volunteers – habt ihr noch weitere Inputs? 

Was sind eure Erfahrungen bei Festivals? 
Wurdet ihr ausgenutzt? Oder immer fair behandelt? 
Musstet ihr schuften, oder konntet ihr das Festival geniessen?
Wie war die Wertschätzung für eure Arbeit?
Was hat euch motiviert, unbezahlt zu helfen? 

Schreibt uns!  

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