In Sachen CO2-Ausstoss sind China und die USA die grössten Sünder. Zusammen sind die beiden für 44 Prozent aller Emissionen dieses Treibhausgases verantwortlich. Bisher haben sie sich jedoch nach der Pausenplatz-Logik – «Ich nicht, Herr Lehrer, der andere auch» – , gegenseitig blockiert: China hat die Klimaerwärmung als Problem des Westens betrachtet und gefordert, dass der Westen auch dafür bezahlt. Umgekehrt hiess es in den USA: Solange China nichts gegen den CO2-Ausstoss unternimmt, machen wir auch nichts.
Jetzt ist diese kindische Blockade endlich durchbrochen. Am Apec-Gipfel in Peking haben sich die beiden Präsidenten Xi Jinping und Barack Obama erstmals auf ein Klimaabkommen geeinigt und dafür international viel Lob geerntet. «Xi und Obama haben Leadership gezeigt», schreibt die «Financial Times», die «New York Times» spricht gar von einem «big deal».
Tatsächlich ist das Klimaabkommen mehr als eine Null-acht-fünfzehn-Erklärung, wie sie nach Gipfeltreffen regelmässig veröffentlicht und ebenso regelmässig sogleich wieder vergessen wird. Die Vereinigten Staaten verpflichten sich darin, bis 2025 ihren CO2-Ausstoss gegenüber dem Stand von 2005 um 26 Prozent zu verringern. China will ab 2030 seine Kohlendioxyd-Emission kontinuierlich senken und mindestens 20 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Doch entscheidend ist nicht der materielle Inhalt des Abkommens, sondern seine symbolische Bedeutung: «Als Supermacht der Zukunft übernimmt China Verantwortung für den Klimawandel», schreibt Kevin Rudd, Ex-Premierminister von Australien, in der «Financial Times». Nobelpreisträger Paul Krugman betont in der «New York Times»: «Was wir hier erhalten, ist eine Grundsatzerklärung, welche die Umweltpolitik der Zukunft bestimmen wird.»
Das Abkommen passt bestens in die aktuelle Diskussion. Allmählich verlieren die Klimawandel-Leugner an Einfluss – auch in den USA. Noch nie demonstrierten so viele Menschen gegen die Klimaerwärmung wie kürzlich in New York im Vorfeld der UNO-Klimakonferenz. Wenn sich im nächsten Jahr die Staatschefs zum Klimagipfel in Paris einfinden, dann werden – anders als beim Debakel von Kopenhagen – konkrete Resultate erwartet.
Es sind auch nicht mehr allein Grüne und NGOs, die protestieren. Im Spätsommer ist in den USA eine Erklärung veröffentlicht worden, die dringend Massnahmen fordert. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderen Hank Paulson, Finanzminister unter George W. Bush und ehemaliger CEO von Goldman Sachs.
Auch der Milliardär und ehemalige Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, hat unterschrieben. «Der Kampf gegen Klimaerwärmung und für grüne Jobs ist kein Hype mehr», erklärte Thomas Vellacott, CEO des WWF Schweiz kürzlich am «Swiss Green Economy Symposium» in Winterthur.
Die Schweiz ist bezüglich Umweltschutz kein Musterschüler. Anteilsmässig verbrauchen wir fast dreimal mehr, als der Planet Erde jährlich mit natürlichem Wachstum ersetzen kann. Kommt dazu, dass wir einen guten Teil des Drecks exportieren, indem wir die Industrien, die viel Schadstoffe erzeugen – die Schwerindustrie beispielsweise – ausgelagert haben. «Wenn wir unsere Ökobilanz ziehen, stehen wir nur mit einem Fuss auf die Waage», erklärt Vellacott.
Auch bezüglich unserer Engagements in Sachen erneuerbarer Energie sind wird zurückhaltend geworden. Die Pioniertage der 1980er Jahre, als die Schweiz noch zu den Vorreitern gehörte und beispielsweise jährlich eine Tour de Sol durchgeführt wurde, sind längst vorbei. Heute ist die Schweiz Mittelmass geworden. In einem internationalen Ökoranking figuriert sie auf Platz 18, hinter den Deutschen, den Skandinaviern und selbst den Briten.
Auch Schweizer Manager erkennen allmählich, dass Umweltschutz mehr als billige Propaganda, so genanntes «Greenwashing», sein muss. Vier von fünf Unternehmen haben inzwischen Klimaschutzziele definiert, weil sie erkannt haben, dass dies nicht nur gut fürs Image ist, sondern auch gut für den Gewinn.
«Klimaschutz ist Eigeninteresse geworden», stellt Vellacott fest. Das gilt auch für die Arbeitsplätze. Heute schon arbeiten rund 500'000 Erwerbstätige in «grünen Jobs», an Arbeitsplätzen, die im Zusammenhang mit einem ökologischen Umbau der Wirtschaft stehen.
Beispiele sind etwa Arbeitsplätze im Bereich der nachhaltigen Energien. Das Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft. «Die Schweiz ist prädestiniert für eine Green Economy», erklärt Bruno Oberle vom Bundesamt für Umwelt fest.