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Paul Ryan ist ein Mann, wie sich ihn jede Mutter als Schwiegersohn wünscht: Er sieht gut aus, hat sich aus bescheidenen Verhältnissen an die Spitze gearbeitet und ist ein begeisterter Ehemann und Vater.
Paul Ryan ist auch ein Mann, wie sich ihn die US-Oligarchen um die Koch-Brüder wünschen: Er will die Steuern senken, das Budget ausgleichen, die Sozialprogramme kürzen und Obamacare, das umstrittene Krankenkassen-Gesetz, wieder rückgängig machen.
Problem bloss: Die US-Wählerinnen und Wähler mögen Ryan nicht, auch nicht die Basis der Grand Old Party (GOP), wie die Republikaner auch genannt werden. Schon vor vier Jahren wurde Ryan Mitt Romney auf Wunsch der Koch-Brüder als Vize aufs Auge gedrückt: «Die Wahl wurde von Romneys Berater Stuart Stevens abgelehnt und vom Obama-Lager mit Verwunderung zur Kenntnis genommen», schreibt Jane Mayer in ihrem Buch «Dark Money». Und:
Für die Oligarchen wäre ein Präsident Paul Ryan ein Geschenk des Himmels. Er hat die gleichen Idole wie sie: Ayn Rand, die libertäre Schriftstellerin («Atlas Shrugged») und die österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises und Friedrich Hayek. Seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen stammen direkt aus den Zwanzigerjahren: Deregulieren, Sparen und den Sozialstaat abbauen.
Ryan ist derzeit Speaker im Repräsentantenhaus und damit der nach dem Präsidenten mächtigste Politiker der USA. Er kann die Agenda im amerikanischen Gegenstück zum Nationalrat festlegen, also bestimmen, welche Vorlagen überhaupt behandelt werden und welche nicht. Er hat erklärt, er werde den vom Parteikonvent bestimmten Kandidaten loyal unterstützen und hege selbst keinerlei Ambitionen auf das Präsidentenamt.
Solche Äusserungen hat Ryan allerdings schon im Vorfeld seiner Wahl zum Speaker gemacht. Er hat auf diesem Posten John Boehner abgelöst, der vom Tea-Party-Flügel der GOP aus diesem Amt vertrieben wurde.
An sich wäre Ryan noch jung genug, um auch später noch für das Präsidentenamt zu kandidieren. Doch die GOP befindet sich in grössten Nöten. Der Populist Donald Trump ist ihr völlig aus dem Ruder gelaufen, den Texaner und Evangelikalen Ted Cruz mögen sie nicht. Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, kurzfristig ebenfalls Kandidat, brachte das Dilemma der GOP einst wie folgt auf den Punkt: «Trump oder Cruz, das ist, als ob man die Wahl hätte, erschossen oder vergiftet zu werden.»
Tatsächlich kümmert sich Donald Trump keinen Deut um die libertären Ideale der Oligarchen. Freier Handel? Trump will China und Mexiko mit Strafzöllen belegen. Gemässigte Immigration? Trump will eine Mauer. Abbau des Sozialstaates? Trump legt sich in dieser Frage nicht fest und verspricht, keines der bestehenden Programme anzurühren.
Ted Cruz ist zwar wirtschaftspolitisch erzkonservativ – er will eine Flattax von 15 Prozent einführen und zum Goldstandard zurückkehren –, doch er ist auch ein Evangelikaler, der sich als Kämpfer gegen das GOP-Establishment profiliert hat. Das macht ihn unbeliebt und unberechenbar.
Die Oligarchen hoffen nun, dass Trump die notwendige Anzahl von Delegierten nicht erreichen wird, um am Parteikonvent in Cleveland direkt gewählt zu werden. Nach der Niederlage in Wisconsin ist dieses Szenario realistisch geworden.
Haben weder Trump noch Cruz die notwendigen Stimmen, dann kann Paul Ryan als Retter in höchster Not aufgebaut werden. Finanziell wäre dies kein Problem: Die Oligarchen sind bereit, rund eine Milliarde Dollar für die Eroberung des Weissen Hauses zur Verfügung zu stellen.
Problematisch wäre jedoch die Politik: The Donald ist nicht der Typ, der freiwillig ins zweite Glied zurückkehren würde. Bereits heute spricht er davon, dass versucht werde, ihm die Kandidatur zu «stehlen», und warnt gleichzeitig vor möglichen «Aufständen» als Reaktion darauf. Auch Ted Cruz wird sich nicht widerstandslos ausbooten lassen.
Derweil hat Paul Ryan begonnen, eine Art Schatten-Wahlkampf zu betreiben. Kürzlich hat er den israelischen Präsidenten Benjamin Netanyahu besucht, danach fuhr er weiter nach Deutschland. Via Twitter beginnt er zudem, seine Besorgnis über die aktuelle Politik zu äussern. Es ist offensichtlich, dass der Liebling der Oligarchen dabei ist, die Zehenspitze ins Wahlkampfwasser zu stecken und die Temperatur zu testen.