Wirtschaft
US-Wahlen 2016

Warum Trump zu Blocher ins Medien-Training muss

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Donald Trump als nackte Statue in Los Angeles.Bild: EUGENE GARCIA/EPA/KEYSTONE

Warum Blocher dringend zu Trump ins Medien-Training müsste

The Donald setzt auf Twitter und Online-Portale, Blocher auf das Auslaufmodell Print. Kommt es zu einer «Trumpisierung» der SVP?
23.08.2016, 07:5124.08.2016, 13:17
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In der Vergangenheit hat sich die SVP immer wieder von den US-Republikanern inspirieren lassen. Deshalb wird der nach wie vor unbestrittene Vordenker Christoph Blocher die jüngsten Ereignisse im Lager von Donald Trump genau analysieren, zumal sie seine heimliche Liebe betreffen – die Medien.

«Während Hillary Clinton sich für ein mageres Gehalt von 400'000 Dollar vier Jahre lang abmühen muss, erhält Trump alle Aufmerksamkeit und verdient als neuer Medienmogul Milliarden.»
Neal Gabler, New York Times

Beim dritten Shake-up seines Wahlkampfteams hat Trump Stephan K. Bannon an Bord geholt. Auf den ersten Blick ist das kaum verständlich. Der ehemalige Banker bei Goldman Sachs verfügt über keinerlei Erfahrung als Wahlkampf-Manager. Hingegen ist er eine der interessantesten Figuren der US-Medienszene.

Campaign CEO Stephen Bannon listens during Republican presidential nominee Donald Trump's round table discussion on security at Trump Tower in the Manhattan borough of New York, U.S., August 17,  ...
Der Neue bei Trump: Stephen K. Bannon.Bild: CARLO ALLEGRI/REUTERS

Bannon hat Breitbart zu einer kraftvollen Stimme der neuen rechten Hardliner gemacht. Täglich besuchen rund 12 Millionen User das Online-Portal. Gleichzeitig hat Trump Roger Ailes, den wegen sexueller Belästigung geschassten Chef von FoxNews, als Berater angeheuert. Zudem hat der in der rechten Szene sehr einflussreiche Moderator Sean Hannity FoxNews mehr oder weniger in ein Sprachrohr von Trump verwandelt.

Diese Konstellation ist der Anlass für folgende Spekulation: Sollte Trump die Wahlen verlieren, wäre er gar nicht so traurig. Mit seiner Popularität – Trump hat rund elf Millionen Follower auf Twitter –, dem Knowhow von Bannon und Ailes und einer allfälligen Abwanderung von frustrierten FoxNews-Grössen wie Hannity, hätte The Donald die Grundlage für ein Medienimperium gelegt, das selbst Rupert Murdoch gefährden könnte.

FILE - In a Sept. 29, 2006 file photo, Fox News CEO Roger Ailes poses at Fox News in New York. Fox News Channel's parent company 21st Century Fox on Monday, July 18, 2016, says there has been no  ...
Roger Ailes wurde bei FoxNews gefeuert. Jetzt berät er Trump. Bild: Jim Cooper/AP/KEYSTONE

Murdoch ist nach wie vor sehr abhängig von den Steinzeit-Medien Print (Wall Street Journal) und TV (FoxNews) und wendet sich an ein in die Jahre gekommenes Publikum. Ein Trump-Imperium hingegen würde ähnlich wie der Streamingdienst Netflix funktionieren und seine Botschaften nicht mehr auf einen traditionellen TV-Kanal, sondern auf YouTube verbreiten. Damit  würde er auch die jungen Menschen erreichen.

Lacht am Ende Trump?

Der Medienkolumnist Neal Gabler glaubt deshalb, dass ein solches Projekt grosse Chancen haben könnte. Er schreibt in der «New York Times»: «Man kann sich gut vorstellen, dass Citizen Trump nach der Wahl das bessere Ende für sich behält. Während Hillary Clinton sich für ein mageres Gehalt von 400'000 Dollar vier Jahre lang abmühen muss, erhält er alle Aufmerksamkeit und verdient als neuer Medienmogul Milliarden.» Zudem hätte Trump als Medienmogul einen sehr grossen Einfluss auf den Kurs der Republikaner.

Eher peinlich: Das SVP-Wahl-Video 2015.YouTube/SVP Schweiz

Christoph Blocher war ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Seine Leistungen im Medienbereich sind jedoch überschaubar. Die neuen Medien sind für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Bei den Wahlen 2015 hat uns die SVP mit dem Hund Willy beglückt. Das Ergebnis war peinlich. Selbst der damalige Präsident der Zürcher SVP Alfred Heer sprach von einem «Gaga-Wahlkampf».  

Derzeit wird heftig über einen möglichen Deal zwischen der Tamedia und Blocher spekuliert, wobei das Mutterhaus des «Tages Anzeiger» seine verschiedenen Landblätter an Blocher abtreten und im Gegenzug die «Basler Zeitung» erhalten würde. Dieser Deal dreht sich jedoch um Printmedien, deren Zukunft immer unsicherer wird.  

Köppel und Somm sind Printjournalisten

Für eine Offensive in den Medien der Zukunft hat Blocher das falsche Personal. Weder sein politischer Ziehsohn Roger Köppel noch sein Biograf Markus Somm verstehen etwas von sozialen Medien, Online-Portalen und Streamingdiensten. Diese werden jedoch künftig auf die Politik einen stärkeren Einfluss haben als die Leitartikel in den angestammten Printmedien.  

Faschoistoider Agitprop-Film: Clinton Cash.YouTube/Philly Blunt

Wie dies funktioniert, macht Bannon bei Breitbart vor. Er spielt voll auf den Mann, respektive bei Hillary auf die Frau. Ein Beispiel ist der Dokumentarfilm «Clinton Cash», bei dem Bannon das Drehbuch geschrieben hat und der vom erzkonservativen Milliardär Robert Mercer finanziert wurde. Die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Robert Schweizer ist ein faschistoider Agitprop-Film, bei dem unbewiesene Behauptungen illustriert werden mit brutalen Bildern aus dem afrikanischen Tierreich.

Bruch mit dem Partei-Establishment

Mit der Ernennung von Bannon hat Trump definitiv mit dem Partei-Establishment gebrochen. Bannon ist ein schamloser Nationalist, dem immer wieder rassistische Verfehlungen nachgesagt werden. Er plädiert für Protektionismus und lehnt Freihandelsabkommen wie TPP oder TTIP strikt ab.  

Nationalrat, Unternehmer und Verwaltungsrat der "Tagblatt AG" Christoph Blocher spricht ueber das Dreititelsystem des Medienkonzerns, aufgenommen am 21. November 1996 in Chur. Die "Tagb ...
Blochers Erfolge als Verleger sind überschaubar.Bild: KEYSTONE

Bannon hat gar die Wiederwahl von Paul Ryan in den Senat auf Breitbart bekämpft. Ryan ist Fraktionschef der Republikaner im Abgeordnetenhaus und der erklärte Liebling der Koch-Brothers, den wichtigsten Geldgebern der Grand Old Party (GOP). Die Koch-Brothers sind denn auch bereits auf Distanz zu Trump gegangen und werden seinen Wahlkampf nicht unterstützen.   Der Richtungsstreit innerhalb der GOP wird auch nach der Wahl im November weiter toben. Sollte Trump tatsächlich zum Medienmogul der ganz harten Rechten mutieren, dann wird dieser Streit möglicherweise die Partei zerreissen.  

Früher oder später wird dieser Streit auch die SVP erreichen. Geht es um Ausländer und Asylanten, sind sich alle einig. Bei bilateralen Abkommen und Freihandelsverträgen nicht. Bisher ist es Blocher & Co. gelungen, Nationalismus und Neoliberalismus unter einen Hut zu bekommen. Es ist jedoch denkbar geworden, dass es auch zu einer «Trumpisierung» der SVP kommen wird.

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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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LeChef
23.08.2016 09:09registriert Januar 2016
So falsch ist die Fixierung auf Print glaube ich nicht. Schliesslich stellen 50+ in der CH die wichtigste Wählergruppe dar; und diese konsumieren auch relativ viel Print. Reine Social Media Kampagnen sind in der CH wohl kaum erfolgreich.
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saukaibli
23.08.2016 08:05registriert Februar 2014
Spätestens wenn auch der dümmste SVP-Unternehmer merkt, dass die "Initiative gegen fremde Richter" auch Freihandelsabkommen verunmöglichen würde, wird es wohl in der SVP ein paar Uneinigkeiten geben. Bis jetzt scheinen diese Leute das aber noch nicht wirklich mitbekommen haben. Man braucht halt auch fette Scheuklappen um der SVP beizutreten.
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Herbert Anneler
23.08.2016 08:35registriert August 2015
@ Löpfe: Wäre da nicht so sicher, dass Blocher & Co. nur im Print verhaftet sind. Ich habe eher den Eindruck, dass nach der DI-Ablehnung ihre Trolle vermehrt auf watson herumgeistern bzw. posten und nicht rechtsgerichtete Posts mit Blitzli eindecken. Vielleicht einmal ein Thema für eine Inhaltsanalyse für eine Bachelor- oder Masterarbeit?
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